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Kitzingen
Schwunghafter Drogenhandel, aber für den Porsche war's zu wenig: Was den Jugendrichter milde stimmte
Zwei Dealer versorgten Freunde und Bekannte monatelang mit Drogen. Ein 22-Jähriger stand deshalb vor Gericht und kassierte seine Strafe. Jetzt will er das Abitur nachmachen.
Haschisch und Marihuana kaufte und verkaufte ein junger Mann über Monate zusammen mit einem Freund (Symbolbild). Jetzt stand er vor deshalb Gericht.
Foto: Annette Riedl, dpa | Haschisch und Marihuana kaufte und verkaufte ein junger Mann über Monate zusammen mit einem Freund (Symbolbild). Jetzt stand er vor deshalb Gericht.
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:23 Uhr

Über neun Monate hinweg haben Ende 2021 bis August 2022 zwei Dealer Abnehmer aus dem Raum Wiesentheid mit Haschisch und Marihuana versorgt. Mengen zwischen 30 und 200 Gramm gingen dabei über den Tisch. Dann flog der "schwunghafte und gewinnbringende" Handel auf. Eineinhalb Jahre später saß einer der beiden jungen Männer nun vor dem Jugendschöffengericht und legte ein Geständnis ab.

Das war einer der Gründe, warum der heute 22-Jährige mit einer Jugendstrafe von zehn Monaten und Bewährung davonkam. Zudem ordnete das Gericht den Einzug von Wertersatz an. Das heißt, der Mann muss 1960 Euro und damit den mutmaßlichen Gewinn aus den Drogengeschäften zahlen.

Zusammengekommen ist das Geld ist beim "unerlaubten gewerbsmäßigen Handel mit Betäubungsmitteln", so die Anklage. Der Ablauf der Geschäfte war geregelt. "Ich habe nur als Bunker fungiert", sagte der Mann. Sein damaliger Freund habe die Buchhaltung erledigt und das "Zeug" besorgt. Bei ihm sei es deponiert worden, ehe man es gemeinsam an Freunde und Bekannte weiterverkaufte.

Die Menge der Drogen machte aus der Tat ein Verbrechen

13 Mal hatten die beiden Dealer so Marihuana und Haschisch in Mengen zwischen 16 und 80 Gramm gekauft und dann wieder verkauft. Hinzu kamen zwei Fälle, bei denen es um 200 und 176 Gramm ging. Das Problem: Mit den Mengen wurde die sogenannte "nicht geringe Menge" überschritten. Das Überschreiten macht aus der Straftat ein Verbrechen. Die Mindeststrafe bei Erwachsenen beträgt dann ein Jahr.

Das spielte aber weniger eine Rolle, weil der zum Tatzeitpunkt Heranwachsende nach dem Jugendstrafrecht verurteilt wurde. Das hatte seine Gründe. "Er ist kein Schwerverbrecher, der sich seinen Porsche mit Drogenhandel finanziert", sagte seine Pflichtverteidigerin. Ihr Mandant sei nicht die "treibende Kraft" gewesen, sondern habe mitgemacht, um den Eigenbedarf zu decken. Vor eineinhalb Jahren hatte der junge Mann geglaubt, mit Drogen seine Probleme in den Griff zu bekommen. Und die gab und gibt es reichlich.

Der junge Mann kämpft mit psychischen und körperlichen Problemen. Von "Depressionen mit selbstverletzendem Verhalten" sprach die Jugendgerichtshilfe. Vier Suizidversuche hat der junge Mann hinter sich. Dazu kamen massive Magen- und Darmprobleme, gegen die nichts half. Um die Schmerzen zu lindern, machte er bei den Geschäften mit und deckte so seinen Eigenbedarf. Dann war plötzlich alles vorbei. "Mein Freund hat mir die Freundin ausgespannt", sagte er vor Gericht. Als er gemerkt habe, dass auch "chemisches Zeug" an Jugendliche verkauft werden sollte, sei er ausgestiegen.

Der Mann will künftig auf sich und seine Gesundheit achten

Und er hat Maßnahmen eingeleitet, die ihm jetzt Pluspunkte brachten. Er suchte sich professionelle Hilfe, war stationär in der Psychiatrie und macht seither ambulant mit der Behandlung weiter. Zudem habe er keine Drogen mehr genommen. "Er will einen Schnitt machen, sein Leben neu auf die Beine stellen", sagte die Verteidigerin. Er wolle seine Gesundheitsprobleme angehen und das Abitur nachmachen. Deshalb das umfassende Geständnis.

Das stimmte das Gericht milde. Auch wenn es viele Straftaten waren, kam der 22-Jährige mit einer Bewährungsstrafe davon. Mit Auflagen tat sich Richter Wolfgang Hülle schwer. Der derzeit als berufsunfähig geltende Mann verdient kein Geld und kann nicht arbeiten, also fallen die sonst übliche Geldauflage oder Sozialstunden weg. Hülle will dennoch ein Auge auf ihn haben. Dafür setzte er einen Bewährungshelfer ein. Der Mann muss wie geplant die Schule wieder aufnehmen und durchziehen und zudem das Gericht über seine Arztbesuche auf dem Laufenden halten. Damit konnten alle leben. Das Urteil ist rechtskräftig.

 
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