Wie bunte Farbtupfer überziehen die Schlösser und Schlösschen des fränkischen Landadels unsere Heimat. In einem dieser Anwesen, im unterfränkischen Rentweinsdorf, ist Hans Freiherr von Rotenhan (72) aufgewachsen. Der Anwalt und Autor hat schon öfters aus dem Nähkästchen geplaudert und Einblick in seine Lebenswelt gegeben. Doch jetzt hat er ein umfassendes Werk abgeliefert: einen Adelsroman.
"Eigentlich waren nur zwei Ausgaben geplant", erzählt der Autor, doch schließlich sei eine Trilogie entstanden. Der erste Band "Allsberg 1871 – Der Glanz der alten Zeit" ist jetzt erschienen. Die Geschichte spielt auf dem fiktiven Schloss "Allsberg", zwischen Volkach und der Vogelsburg gelegen. Der Grund: "Immer wieder gern besuche ich die Wallfahrtskirche Maria im Weingarten", sagt von Rotenhan. "Die Mainschleife ist wahrlich eine herrliche Gegend, die ich seit meiner frühesten Jugend zu schätzen weiß", schwärmt der Autor. Die Personen sind frei erfunden, aber Ähnlichkeiten mit Lebenden sind nicht auszuschließen.
Ein Adelsroman über ein Schloss bei Volkach
Von Rotenhan hat seine Geschichte ins Deutsche Reich des 19. Jahrhunderts verlegt, als es hierzulande noch offiziell einen Adel gab: Die junge Baroness Dorothee von Tröger (26), kurz Thea, muss nach dem überraschenden Tod ihres Vaters den Betrieb des in die Jahre gekommen Schlosses Allsberg übernehmen. Eine erfolgreiche Pferdezucht für die Rüstungsindustrie soll etabliert werden, um Geld in die leere Schlosskasse zu spülen. Obwohl der verstorbene Baron vom neuen Kaiserreich nichts hält, will er doch daran verdienen.
Der Hoffnungsträger heißt "Epaminondas", ein erstklassiger Deckhengst. Ihn und einen fähigen Stallknecht brachte der Vater noch vor seinem Tod aus Ostpreußen mit. Daraus ein erfolgreiches Gestüt für Militärzwecke aufzubauen ist keine leichte Aufgabe – und im Jahr 1871 für eine Frau schon gleich gar nicht.
Schnell bemerkt Thea, dass es einen großen Unterschied macht, als Frau Anweisungen zu geben oder im Auftrag des Vaters zu handeln. Zudem soll sie selbst auch noch die Nachkommenschaft der Trögers sichern, was als Beitrag zur "Erhaltung der gegebenen Ordnung" gesehen wird. Damit kommt die zweite starke Frauenpersönlichkeit ins Spiel, die blutjunge ungarische Victoria Gräfin von Grosser, kurz Vicky, deren tragisches Schicksal an Lady Di erinnert.
Beim Lesen erfrischt ein nicht alltäglicher Wortschatz
Nach Wien, Budapest, Zürich und in die Rhön, in der man völlig neue, nicht jagdliche Aspekte der Hirschbrunft erfährt, wird der Leser entführt. Geschichtliches und Gesellschaftskritik kommen nicht zu kurz. Szenen wie die Demonstration von Kondomen an einer Mistgabel, die für Vicky mit einer Strafanzeige enden, sorgen für amüsanten Lesefluss. Und diskutiert die "Baness Dea" mal wieder mit ihren Angestellten, muss sie sich anhören, dass "Sdadig" nicht leicht zu verstehen sei. Abgesehen von fränkischer und weiteren Mundarten, erfrischt auch ein nicht alltäglicher Wortschatz beim Lesen.
Wer Adelsgeschichten nur aus "Bunte", "Gala" oder Fernsehen kennt, hat mit diesem ersten Teil der Trilogie die Chance, Einblicke in die Denkweise und Haltung der damaligen Aristokratie aus erster Hand zu bekommen. Rasch wird deutlich, dass ungeborenes Leben und eine glückliche Ehe nichts bedeuten, wenn es darum geht, ein Adelsgeschlecht fortzuführen. Ein Schloss mit Gestüt, Weingut und eigenem Forst ist eine Firma, die funktionieren muss, und daran hat sich laut Autor bis heute nicht viel verändert.
Über all das lässt sich trefflich diskutieren bei der nächsten Lesung am Pfingstwochenende, 26. bis 29. Mai, auf dem Gartenfest Schloss Eyrichshof (täglich ab 16 Uhr), oder am Samstag, 10. Juni, um 19 Uhr auf der Ruine Altenstein. Eine weitere Lesung findet statt am Dienstag, 13. Juni, um 19 Uhr in Zeil (Karten online über www.vhs-hassberge.de).