Der Auktionator gibt alles. 2400 Euro für einen Prachtkerl von Schafbock. Wer bietet mehr? 2500 Euro – und eine Flasche Bier gratis dazu! Wunderbar, der Herr da hinten. Geht noch was? Sieht fast so aus, als wäre das letzte Wort noch nicht gesprochen.
Es läuft gut in der Frankenhalle Dettelbach (Lkr. Kitzingen) bei der 100. Frühjahrs-Schafbockversteigerung am Donnerstagmorgen. Am Ende haben 220 Tiere – überwiegend Merinolandböcke – und einige Flaschen Freibier vor den Augen der rund 1000 Zuschauer den Besitzer gewechselt. Der Umsatz wird bei um die 160 000 Euro liegen. In Deutschland sucht das seinesgleichen.
Dass der größte deutsche Schafbock-Markt in südlichen Gefilden stattfindet, ist kein Zufall: Bayern ist Schafland. 20 Prozent des Bestandes grast im Freistaat, aktuell um die 220 000 Muttertiere. In Unterfranken haben noch 59 Wanderschäfer ihr Auskommen – und genau da zeigt sich ein Problem: 35 Jahre zurück, 1980, gab es noch 135 Berufsschäfer.
Wolfgang Thomann vom Amt für Landwirtschaft in Kitzingen ist Unterfrankens Schafzuchtberater und sieht die Dinge realistisch: „Die Zeit läuft gegen uns!“ In der Rhön beispielsweise könnte noch in diesem Jahr der letzte Wanderschäfer von der Bildfläche verschwinden. Die Schäferei, so viel steht für den Fachmann fest, befindet sich „am Rande des Aussterbens“.
Die Gründe sind vielfältig: Weideflächen verschwinden. Sommerwiesen sind abhandengekommen. Alles wird bis zum letzten Grashalm genutzt. Dazu niedrige Preise für Wolle und Lammfleisch – die Zeiten waren schon mal einfacher.
Entsprechend die Warnung des Schafzuchtberaters: Wenn sich für den Schäferberuf nicht bald die Rahmenbedingungen ändern, „wird mit dem letzten Schäfer ein jahrhundertealtes Wissen zu Grabe getragen“.
Sein ehemaliger Kollege Hans Chifflard sieht das ähnlich. Der 70-Jährige aus Hagelstadt war sein ganzes Berufsleben Schafzuchtberater in der Oberpfalz. Jetzt im Ruhestand hat er sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte der Schäferei im Allgemeinen und die 100 Schafbockversteigerungen im Besonderen aufzuarbeiten. Der Auftrieb fand zunächst von 1918 bis 1999 in Würzburg statt, im Jahr 2000 gab es dann die Verlagerung nach Dettelbach.
Im Laufe der Zeit kamen einige stolze Zahlen zusammen. So wurden bisher 10 600 Böcke versteigert. Spitzenpreis bisher: 7300 Euro, erzielt vor zwei Jahren. Bei der ersten Versteigerung 1918 lag der Höchstpreis bei 2500 Mark. Rekordjahr war 1989 mit 277 Böcken.
Der 70-Jährige könnte sicher alle 34 in Bayern vorkommenden Schafrassen aufzählen, wobei in Dettelbach die Artenvielfalt eher überschaubar ist: Neben dem Merinolandschaf haben sich vor allem das schwarzköpfige Fleischschaf, Rhönschaf und Coburger Fuchsschaf zum fröhlichen Schaulaufen eingefunden. In den Gattern tragen die tags zuvor bewerteten und katalogisierten Jungböcke kleine Machtkämpfe aus, ehe es auf den Laufsteg und zu einem Auktionator geht, der vor keinem Lockmittel haltmacht.
2600 Euro sind aufgerufen. Diesmal kein Freibier, dafür als Zugabe eine Tasse Kaffee. Zusammen mit der schönen Schäferin, die noch gar nichts von ihrem Glück weiß und gerade dabei ist, den zickigen 176-Kilo-Bock durch die Manege zu führen. Es funktioniert: 2600, zum Dritten!