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Landkreis Kitzingen
Saisonarbeiter: 1000 Helfer aus dem Ausland kommen auch in Corona-Zeiten
Um die 1000 Erntehelfer kommen jährlich in den Landkreis Kitzingen - durch die Pandemie hat sich hier für die Betriebe vor allem bei der Bürokratie einiges geändert.
Mit der Spargelsaison sind auch die Erntehelfer wieder da.
Foto: Timm Schamberger, dpa | Mit der Spargelsaison sind auch die Erntehelfer wieder da.
Andreas Stöckinger
 |  aktualisiert: 09.04.2021 02:17 Uhr

Ohne die Erntehelfer aus Osteuropa geht im Frühjahr und Sommer auch im Landkreis Kitzingen im Obst- und Gartenbau so gut wie nichts. Nimmt man den Bereich Weinbau und kleinere Sparten hinzu, dürften es wohl um die 1000 Arbeitskräfte sein, die jährlich hier im Einsatz sind, schätzt Andreas Becker vom Amt für Landwirtschaft und Ernährung (AELF) in Kitzingen.

Bis zum 25. März waren laut Landratsamt bereits 344 Saisonarbeitskräfte im Landkreis registriert; viele weitere reisen dieser Tage an. Das sei  auch nötig, sonst lasse sich Gemüse kaum in Deutschland produzieren, erklärt Becker. „Viele Betriebe würden ohne sie zusammenbrechen. Das Einkommen der Firmen hängt an ihnen."

Deswegen nehmen die Unternehmen die bürokratischen Hürden und den enormen Aufwand in Kauf, um die helfenden Hände aus dem Ausland auch in Corona-Zeiten in den Landkreis zu bringen. Denn für deren Einreise, wie auch für die ersten Wochen hier, gelten strikte Regeln. Nach dem Chaos im Vorjahr gehe es diesmal strukturierter zu. Die Organisation erfordere jedoch nicht nur viel Zeit, sagen die Betriebe. 

Anmeldung beim Gesundheitsamt

Vom Gesetz wird verlangt: „Die Betriebe müssen ihre Saisonarbeitskräfte, die länger als drei Wochen im Freistaat tätig sind, vor der Arbeitsaufnahme beim Landratsamt - in diesem Fall beim Gesundheitsamt - per Mail anmelden. Zudem müssen die getroffenen Maßnahmen dokumentiert werden“, teilt das Landratsamt mit.

Die Kurzform dieses Prozesses: Alle Arbeitskräfte müssen ihre Einreise elektronisch anmelden. Erntehelfer, die aus einem Risikogebiet, etwa Rumänien, einreisen, müssen binnen 48 Stunden einen Coronatest machen oder einen negativen Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Erlaubt sind ein Antigen-Schnelltest oder ein PCR-Test.

In vielen Teilen des Landreises - wie auf diesem Archivbild bei Bibergau - dominieren jetzt wieder die typischen Planen auf den Spargelfeldern. 
Foto: Frank Weichhan | In vielen Teilen des Landreises - wie auf diesem Archivbild bei Bibergau - dominieren jetzt wieder die typischen Planen auf den Spargelfeldern. 

Anders sieht es aus, wenn die Erntehelfer aus Hochinzidenzgebieten oder sogenannten Virusvarianten-Gebieten kommen. Dann müssen sie auf alle Fälle vor der Einreise einen negativen Test vorlegen. Sie müssen bei der Ankunft erneut getestet werden, so Andreas Becker vom AELF. Nach fünf Tagen erfolgt sogar ein dritter Test. Die Liste der Gebiete wird auf der Seite des RKI ständig aktualisiert.

Aktuell gilt für Erntehelfer aus Virusvarianten-Gebieten eine zehntägige, arbeitsfreie Quarantänepflicht. Erntehelfer aus Risikogebieten unterliegen dieser Auflage nicht. Sie können arbeiten, dürfen aber in den ersten zehn Tagen die Unterkunft nur nach dem Prinzip „Zusammen wohnen, zusammen arbeiten" in fest eingeteilten Teams zu Arbeitszwecken verlassen.

Höherer Aufwand

Mit all diesen Bestimmungen hat man sich am Spargelhof von Jürgen Heilmann in Albertshofen  beschäftigt. „Der Aufwand ist schon bedeutend höher; wir müssen viel mehr dokumentieren. Die Arbeiter wollen ja kommen und mit der Teststrategie funktioniert das alles ganz gut“, meint Heilmann. Auf seinem Hof sind osteuropäische Saisonkräfte fast das gesamte Jahr über beschäftigt. Jetzt, zum Frühjahr hin, benötigt er für die Erdbeeren oder den Spargel mehr Arbeitskräfte als sonst.

Heilmann akzeptiert die Vorschriften für seinen Berufszweig. Er wolle sich darüber nicht beschweren. Man müsse auf Mitarbeiter und Kunden achten; ein Corona-Ausbruch helfe schließlich niemandem.

Nach seiner Auskunft ist es für ihn nicht schwierig gewesen, in den Unterkünften die zusätzlich geforderten Räumlichkeiten einzurichten. Zwei neue Container, für WC und Waschräume, musste man anschaffen. „Wir trennen einen Stock ab, dass sich die jeweiligen Gruppen nicht vermischen“, erklärt Heilmann. Zweier-Zimmer gebe es dort schon seit Jahren.

Wie seine Arbeitskräfte mit den vielen Regeln und Tests klar kommen? „Die sagen alle: Wir sind doch gesund! Vom Testen sind sie nicht begeistert, aber sie akzeptieren es. Es nützt ja nichts. Wir müssen es tun, um sicher zu gehen.“

Logistik wird schwieriger

Zusätzliches Geld ausgeben wegen der Corona-Vorschriften musste auch Udo Hertlein, der in Haidt einen großen Spargelhof betreibt. Das mache keinen Spaß. Vor allem die „Riesen-Logistik“ fordere ihn enorm, etwa beim Einteilen der Arbeiter.  Dazu komme für ihn noch Etliches mehr, wie die Anschaffung weiterer Container zum Wohnen.

Etwas leichter hat es Andrea Kohles, die mit ihrer Familie in Prichsenstadt einen kleineren Betrieb mit Gästehaus, Spargel- und Weinanbau führt. Ihre vier rumänischen Helfer erwartet sie Mitte April. Die Unterbringung sei kein Problem. Für sie stehe ein extra Haus zur Verfügung. Auch Kohles musste diesmal erst ein Hygienekonzept erstellen und ans Amt schicken. Die Auflagen werde und müsse sie später an die Arbeiter weitergeben, was auch deshalb funktioniere, weil einer der vier gut Deutsch könne.

Werde es bei den Helfern eng, könne sich Andrea Kohles auf Bekannte verlassen. Mancher habe sich bereits angeboten. „Wenn es nicht anders geht, dann muss sich halt unsere Tochter mal an die Spargelmaschine stellen.“ Hoffen und improvisieren sei gefragt. Was ihr im Moment mehr Sorgen bereitet, ist der Absatz des Edelgemüses: Im Vorjahr ließ sich zumindest ein bisschen über die Gastronomie vermarkten; diesmal ist das fraglich. Und auch die Touristen, die üblicherweise Ware ab Hof mitnehmen, strömen seit einem Jahr nicht im gewohnten Maße.

Die Spargelsaison geht los. 
Foto: Hanna Bausewein | Die Spargelsaison geht los. 
 
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