Man ist sich manchmal nicht so ganz sicher, ob die Geschichte rund um den Kitzinger Bahnhof und das Bahnhofsumfeld nun eine Tragödie oder ein Lustspiel ist. Die jüngste Entwicklung des auf kleiner Flamme seit Jahren vor sich hinköchelnden Themas: Die Stadt Kitzingen kauft das Empfangsgebäude nun doch nicht. Der fertige Kaufvertrag wurde im Rathaus nicht unterschrieben; die Stadt ließ den Deal platzen.
Hin und her um den Verkauf
Wie es dazu kam? Endgültig klären lässt sich das im Moment nicht, weil beide Parteien keine Gründe angeben. Die Bahn spricht davon, dass die Stadt Kitzingen „zunächst ihr Interesse am Kauf des Bahnhofsgebäudes bekundet“ habe, dann aber „im Sommer einen Rückzieher gemacht“ hätte. Warum genau es zu diesem Rückzieher kam – darüber schweigen sich beide Seiten eisern aus.
Das Vertragswerk hatte zwar lange auf sich warten lassen, lag schließlich aber unterschriftsreif vor. Zunächst hatte alles gut ausgesehen: Im Herbst 2017 war im Stadtrat nichtöffentlich die Entscheidung „Unterbreitung eines Angebotes zum Kauf des Bahnhofs Kitzingen an die DB AG“ gefallen. Daraufhin schickte die Bahn einen ersten Kaufvertragsentwurf, der Mitte Dezember im Rathaus eintraf.
Damals sah alles nach einer durchaus rosigen Bahnhofs-Zukunft aus. Oberbürgermeister Siegfried Müller gab sich in der Jahresschlusssitzung des Kitzinger Stadtrats zuversichtlich, dass der Kauf über die Bühne gehen werde. Es deuteten sich aber auch Hinweise an, dass die Dinge etwas komplizierter liegen. Das zeigte sich allein schon beim Umfang des Vertragswerkes: „Die vertraglichen Rahmenvereinbarungen für den Kauf des Bahnhofsgebäudes mit Vorplatz“ waren ein 40-seitiges Werk, das seinerzeit eingehend von der städtischen Rechtsabteilung geprüft wurde.
2400 Quadratmeter großes Areal
Die Stadt wollte das 150 Jahre alte Gebäude schon deshalb kaufen, um bei der Gestaltung des Vorplatzes – alles in allem ein 2400 Quadratmeter großes Areal – und des ebenfalls vorgesehenen zentralen Omnibusbahnhofs das Heft des Handelns zu behalten. Zudem ist der Bahnhof immer noch von zentraler Bedeutung für die Stadt: Die Fahrgastzahlen waren zuletzt geradezu explodiert. Laut Matthias Volkamer vom Kitzinger Tiefbauamt ging man zuletzt von 5000 Bahnkunden pro Tag in Kitzingen aus.
Der endgültige Kaufvertrag lag Mitte Februar 2018 auf dem Tisch – alles schien weiterhin auf einem guten Weg. Mitte Mai landete das endgültige Angebot der Bahn schließlich – wie gehabt im nichtöffentlichen Teil – im Stadtrat. Dort schüttelten dann jedoch alle Ratsmitglieder den Kopf. Was genau zu der Ablehnung, die einstimmig erfolgte, geführt hat – darüber herrscht Rätselraten. Die Stadt ist an dieser Stelle äußerst einsilbig, wohl um weitere Verhandlungen mit neuen Interessenten nicht zu erschweren. Weshalb man sich durch Pressesprecherin Claudia Biebl auf die Formulierung zurückzog, dass man „die Vertragsbedingungen nicht akzeptieren“ könne.
Neuer Käufer in Sicht
Nach diesem Salto rückwärts durch die Stadt heißt es nun: alles wieder auf Anfang. Das bedeutet: Das Bahnhofsgebäude wird nun in private Hände abgegeben. Entsprechende Verkaufsaktivitäten begannen laut Auskunft der Bahn im vergangenen Sommer. Auf Anfrage betont ein Sprecher, dass man mittlerweile auch „einen neuen Kaufinteressenten gefunden“ habe. Mit dem wolle man „in Kürze einen Kaufvertrag für das Gebäude abschließen“.
Nach wie vor gebe es auch einen Interessenten, der die Ende 2017 geschlossene Verkaufsagentur für Fahrkarten wieder betreiben möchte. Hierbei möchte sich die Bahn jedoch aus den Verhandlungen heraushalten. Es sei sinnvoll, so die Bahn, dass „der Mietvertrag direkt zwischen dem neuen Gebäudebesitzer und der Agenturistin abgeschlossen wird“. Die Bahn zeigt sich zuversichtlich, dass bald wieder „ein Fahrkartenverkauf im Kitzinger Bahnhof stattfinden kann“. Es sei „nur noch eine Frage der Zeit, wann es so weit ist“.
Unendliche Geschichte
Eine Frage der Zeit – das gilt auch für das Umfeld des Bahnhofes. Auch dort geht die unendliche Geschichte in eine neue Runde. Sobald ein Käufer gefunden ist, so die Ankündigung der Stadt, wolle man sich „über alle weiteren Schritte, insbesondere zum Bahnhofsvorplatz und den Stellflächen, mit ihm verständigen“.
Die Angelegenheit bleibt zäh, auch das Thema Bahnhofsplatz bleibt in der Endlosschleife. Da es die Stadt nun nicht mehr in der Hand hat, was aus der „Visitenkarte Bahnhof“ wird, heißt es abzuwarten, was der künftige Eigentümer vorhat. Der Stadt bleibt nur die Warteposition; sie darf rätseln, ob der neue Käufer „willens ist, mit uns gemeinsam diesen Standort und den Bahnhofsvorplatz zu entwickeln – inklusive der Schaffung der Barrierefreiheit des Bahnhofsgeländes“, wie Claudia Biebl betont.
Begonnen hatte das Projekt Bahnhof im Jahr 2007, als Pläne vorgestellt wurden, das Bahnhofsumfeld für 4,1 Millionen Euro bis 2010 komplett umzukrempeln. Der Vorplatz sollte optisch verschönert, ein Busbahnhof und eine Pendler-Parkfläche gebaut sowie die drei Zufahrtsstraßen Friedrich-Ebert-Straße, Friedenstraße und Amalienweg von Grund auf erneuert werden.
Weil jedoch mit dem Bahnhofsgelände lange nichts lief, lag das Projekt auf Eis. Die Stadt sanierte vor der Kleinen Gartenschau 2011 die Friedrich-Ebert-Straße für 1,5 Millionen Euro. Dann war Schluss. Immerhin schotterte das Bauamt die provisorischen etwa 260 Parkplätze für Pendler und Anwohner. Für die ist die Situation eher Tragödie denn Lustspiel: Bei Regen ist auf dem Parkplatz für die Pendler inzwischen wieder Pfützenspringen angesagt.
Schöne Aussichten für die vielen Leute, die dann von Würzburg aus in das Staatsarchiv nach Kitzingen möchten. Der nächste Witz.