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Kitzingen
Reichsbürger fordert 100 000 Euro Schadenersatz pro Gefängnistag
Aus dem Gericht: Weil er nicht ins Gefängnis will, droht ein 44-Jähriger einem Polizisten. Dafür kassiert der Angeklagte zum Aufenthalt hinter Gittern noch eine Geldstrafe.
Ein Reichsbürger kam mit dem Gesetz in Konflikt, das er nicht anerkennen will.
Foto: Oliver Berg , dpa | Ein Reichsbürger kam mit dem Gesetz in Konflikt, das er nicht anerkennen will.
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 10.02.2024 14:50 Uhr

Der Angeklagte lehnt die Rechtsordnung der Bundesrepublik ab, gehört also zur breit gefächerten Reichsbürger-Szene. Dass Gesetze dennoch gelten und durchgesetzt werden, hat der 44-Jährige jetzt in Kitzingen erlebt. Das Amtsgericht hat den Mann wegen versuchter Nötigung zu einer Geldstrafe in Höhe von 375 Euro (25 Tagessätze zu 15 Euro) verurteilt.

Der Mann, der als Beruf "Coach" angibt und derzeit von Hartz IV lebt, ist damit relativ gut weggekommen. In der Anklage war nämlich noch von versuchter Erpressung die Rede. In der Verhandlung, in der der Mann weitgehend schwieg und auf mehrmalige Intervention seines Verteidigers auch auf die vorbereitete Darstellung seiner Rechtsauffassung verzichtete, relativierte sich der Vorwurf. Am Ende blieb die versuchte Nötigung und ein Urteil, das der Angeklagte gleich annahm. Die Staatsanwältin hatte 120 Tagessätze wegen Nötigung gefordert. Ob sie das Urteil akzeptiert, ließ sie offen.

Vollstreckungshaftbefehl erlassen

Es ging um einen Vorfall kurz vor Weihnachten 2019. Der Mann war in Deggendorf per Strafbefehl zu einer Geldstrafe verurteilt wurden. Weil er die nicht zahlte, wurden Vollstreckungshaftbefehle erlassen. Als der Mann in Volkach aufgetaucht war, hatte ihn die Polizei festgenommen und nach Kitzingen gebracht. Auf der Polizeiinspektion bekam er die Möglichkeit, die offenen 3500 Euro zu besorgen. Damit wäre die Sache vom Tisch und er ein freier Mann gewesen. Er habe viel telefoniert, sagte ein Polizist als Zeuge: "Nach zwei Stunden zeigte sich, dass er das Geld nicht beibringt."

Nach dem Motto Geld oder Haft war klar, dass der Mann in die Justitzvollzugsanstalt muss. Das wollte er verhindern. Er übergab dem Beamten ein handschriftlich verfasstes Schreiben. In diesem wies er auf die seiner Ansicht nach "ungesetzliche Vorgehensweise" hin und drohte eine Schadenersatzforderung von 100 000 Euro an – pro Tag. Der Polizist schloss sich mit seinem Dienstgruppenleiter kurz. Danach wanderte der 44-Jährige ins Gefängnis. Weil sich der Beamte unter Druck gesetzt fühlte, gab es obendrein eine Anzeige und das Verfahren wegen versuchter Erpressung. Das allerdings hielt nicht nur der Verteidiger für überzogen: "Eine Schadenersatzforderung in der Höhe kann man ernst nehmen, muss es aber nicht", sagte er.

Schon 17 Tage in Haft

Er verwies die Aktion eher in den Bereich Comedy, bezeichnete sie als "groben Unfug". Sein Mandant sei jemand, der glaube, dass für ihn die Rechtsordnung nicht gelte und der zudem nicht sehe, dass die Polizei am längeren Hebel sitze. Für den Verteidiger blieb daher, wenn überhaupt, eine versuchte Nötigung. Und dafür sei sein Mandant schon bestraft genug. Er spielte damit auf die 17 Tage Haft an, die der Mann vor der Verhandlung abgesessen hatte. Allerdings hatte er sich die selbst zuzuschreiben.

Nachdem er Ladungen zurückgeschickt und den ersten Verhandlungstermin platzen gelassen hatte, ließ Richterin Patricia Finkenberger den Mann verhaften und vorführen. Nach der Verhandlung war der Mann seine Fesseln los. Er konnte gehen – ohne Polizeibegleitung und mit seiner schriftlich fixierten umfangreichen Rechtsauffassung untern Arm, die er in dem Verfahren nicht los geworden war.

 
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