Herbert Sattler hat den Luftsportclub Kitzingen durch nervenaufreibende Turbulenzen geflogen – und letztlich sicher auf dem zivilen Flugplatz gelandet. An diesem Samstag, 11. November, wird der 64-jährige Volkacher in der LSC-Jahresversammlung sein Amt als Vorsitzender nach fast 20 Jahren Dienst niederlegen. Im Interview mit dieser Redaktion spricht Herbert Sattler über umweltfreundliches Fliegen, Pessimismus und eine Jugend, die besser ist als ihr Ruf.
Herr Sattler, was waren die dunkelsten Momente in fast zwei Jahrzehnten im Vorstand des Luftsportclubs?
Herbert Sattler: Was mich, gelinde gesagt, irritiert hat, war, dass aus Fliegerkreisen manchmal mehr Pessimismus und Untergangsstimmung hinsichtlich der Zukunft des Flugplatzes geäußert wurde als in der Bevölkerung. Aber: Es gibt im LSC einen kraftvollen Stamm an Mitgliedern, die mir immer in allen Belangen den Rücken gestärkt und an mich geglaubt haben. Ohne diese Menschen, die den LSC in allem, auch finanziell, unterstützen und gestützt haben, hätten wir und hätte ich es nicht geschafft.
Nach dem Abzug der Amerikaner 2004 stand der Weiterbetrieb des Flugplatzes über zehn Jahre auf der Kippe. Wie haben Sie es geschafft, den Verein in der Ungewissheit zusammenzuhalten?
Sattler: Kitzingen braucht außer den Verkehrsmöglichkeiten Straße, Schiene und Wasser auch einen Flugplatz – diese Überzeugung ist bei mir nie gewichen. Ein Scheitern habe ich nicht einkalkuliert. Seit der Diskussion und dann der Gewissheit, dass die Amerikaner Kitzingen verlassen, gab es viele Gerüchte. In dieser Zeit habe ich mich intensiv mit der Kommune und der Landkreispolitik auseinandergesetzt, in Gesprächen, Stadtratssitzungen, bei Vor-Ort-Terminen. Ich komme auf über 200 externe Gesprächspartner, die direkt und oder indirekt mit der Flugplatzgenehmigung zu tun hatten.
2010 gab es wegen der Altlasten ein Flugverbot in Kitzingen. Viele gaben zu der Zeit keinen Pfifferling mehr auf den Flugplatz.
Sattler: Vorerst hatten die Pessimisten recht, aber das hat mich nicht von meinem Vorhaben abgehalten. Dass uns damals der FSC Giebelstadt aufgenommen hat, war überlebenswichtig für den Verein.
Die Wende im Flugplatz-Ringen brachte Markus Blum, der Investor des ConneKT, oder?
Sattler: Als nach Jahren der Ungewissheit, wer den Flugplatz kaufen wird, Markus Blum und Christoph Schlötterer von „blumquadrat“ auf den Plan traten, wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen. An die erste Begegnung kann ich mich noch gut erinnern. Ich konnte nicht gleich erwarten, dass der Investor mit wehenden Fahnen einen Flugplatz betreiben will. Aber das Verhältnis hat sich sehr schnell positiv entwickelt. Bereits 2013 haben wir – noch ohne luftrechtliche Genehmigung des Flugplatzes – einen Pachtvertrag mit „blumquadrat“ geschlossen, für mich ein kleiner Meilenstein.
Bis zum großen Meilenstein dauerte es dann trotzdem noch über drei Jahre. Was ging Ihnen durch den Kopf?
Sattler: Den 14. Oktober 2016 vergesse ich nie: Ich bekam den langersehnten Anruf vom Luftamt aus Nürnberg, dass der Flugplatz genehmigt sei. Den Postweg der Unterlagen wollte ich nicht abwarten. Ich bin ins Auto gestiegen und habe die Unterlagen abgeholt. Trotzdem dauerte es noch bis zum 27. Mai 2017, und es waren weitere Vor-Ort-Termine nötig, bis Bruno Malcher, das langjährigste und älteste Mitglied des LSC, als Erster auf dem zivilen Kitzinger Flugplatz landen durfte. Das war eine doppelte Premiere, denn zuvor war der Flugplatz in seiner hundertjährigen Geschichte immer ein Militärflugplatz gewesen.
Umweltschützer sehen das Fliegen kritisch. Der LSC will den jetzt zivilen Flugplatz Kitzingen so umweltfreundlich wie möglich betreiben. Was heißt das?
Sattler: Wir haben ein sehr modernes Motorflugzeug mit umweltfreundlichem Motor, dessen Verbrauch sehr gering ist. Alle Segelflugzeuge bringen wir mit einer Elektrowinde in die Luft, gespeist durch am Flugplatz erzeugten Solarstrom. So soll die Entwicklung weitergehen. Es kann sein, dass nächstes Jahr das erste elektrisch startfähige Flugzeug durch einen Privathalter in Kitzingen stationiert und geflogen wird – für mich ein Riesen-Ereignis!
Der Flugplatz soll Menschen aus aller Welt zusammenbringen – dieses Ziel haben Sie unermüdlich formuliert. Ist es erreicht?
Sattler: Jugendarbeit und internationaler Austausch sind und bleiben meine Herzensangelegenheiten. Mit Hilfe von Leader-Förderung konnten wir ein neues Ausbildungsflugzeug beschaffen. Auch das hat dazu beigetragen, dass in den letzten Jahren eine echte Freundschaft zwischen unseren Nachwuchsfliegern und denen aus dem französischen Challes les Eaux entstanden ist – auch mit gegenseitigen Besuchen.
Was bringt der Flugplatz Kitzingen als Wirtschaftsfaktor? Wer startet und landet hier – und wie oft?
Sattler: Es sind große Firmen aus dem Landkreis dabei. Die Geschäftsflieger sorgen für eine dreistellige Zahl von Starts und Landungen pro Jahr, die Anfragen steigen. Insgesamt verzeichnen wir aktuell etwa 2300 Starts und ebenso viele Landungen jährlich.
Ist Ihre Nachfolge geregelt?
Sattler: Wir haben im Vorfeld geschaut, dass sich bei der Hauptversammlung ein neues Vorstandsteam findet. Ich denke, es ist alles gut in die Wege geleitet.
Wie werden Sie die Zeit, die Sie künftig nicht mehr als Vereinsverantwortlicher aufbringen müssen, verwenden?
Sattler: Ich will jetzt in meinem Ruhestand das Segelfliegen genießen. Und ich habe mir ein neues Projekt zugelegt. Der LSC hatte entschieden, sein ältestes Segelflugzeug – Baujahr 1957 –, das seit 20 Jahren nicht mehr geflogen ist, zu verkaufen. Ich hab es für einen symbolischen Betrag erworben. Ich will und werde das Flugzeug restaurieren und wieder in die Luft bringen – als fliegendes Denkmal.
Abheben in Kitzingen
LSC Kitzingen: Von den 120 Mitgliedern des Luftsportclubs Kitzingen (LSC) sind etwa die Hälfte aktive Pilotinnen und Piloten. Sie übernehmen die Flugleitung am Flugplatz, die Instandhaltung der Infrastruktur und der Flugzeuge – der LSC verfügt unter anderem über ein modernes doppelsitziges Segel- und ein ebensolches Motorflugzeug – sowie die Ausbildung des Nachwuchses.
Herbert Sattler ist seit Juli 1973 aktiver Flieger. Er kam als 14-Jähriger durchs Modellfliegen zur Segelfliegerei. Im Mai 2003 wurde der bisherige Schriftführer zum Vize-Vorsitzenden des Luftsportclubs Kitzingen gewählt, im Februar 2004 zum Vorsitzenden. Seitdem hat er das Amt inne. Der LSC ernannte ihn 2017 zum Ehrenmitglied. Für seinen Einsatz am und um den Flugplatz Kitzingen erhielt er 2020 die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Der Segel- und Motorflieger, der im Hauptberuf einen IT-Vertrieb leitet, lebt mit seiner Frau Theresia in Volkach.
Mitfliegen: Wer gerne mal mitfliegen möchte, kann sich für Segel- und Motorflüge per Mail an markus.neubert@kitzingenfliegt.de wenden, für Ballonfahrten an wolfgang.ruft@kitzingenfliegt.de. Weitere Infos: www.lsc-kitzingen.de (ldk)