Beim freien Frühstück bedienen sich die Kinder an verschiedenen Brötchensorten und streichen auf ihren Vollkornbrötchen einen gesunden Brotaufstrich. Mittags darf es auch Blumenkohl oder Fisch sein, und selbst orientalisches Couscous ist ein Das-will-ich-auch. Zum Nachmittagssnack fallen sie über die geschnittenen Äpfel her. Was sich für Eltern wie ein Märchen anhört, könnte im Haus für Kinder in Prichsenstadt schon bald Alltag sein. Das Stichwort lautet "Vollverpflegung" für die Krippen-, Kindergarten- und Hortkinder, für die der Sozialausschuss bei seiner Sitzung im Haus für Kinder mit seiner Empfehlung für den Stadtrat den ersten Schritt zu einer Kindertagesstätte macht. Ziel: Alle Kinder nehmen an der Vollverpflegung teil und müssen nicht mal eine Trinkflasche mitnehmen, geschweige denn eine Brotzeittasche.
Gesunde Ernährung mit regionaler Prägung
Gut zweieinhalb Stunden lang befasste sich der Sozialausschuss mit dem Thema. Gwendolin Hammer vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Würzburg hielt zunächst einen Vortrag über ihr Fachgebiet Coaching Kitaverpflegung. Das bedeutet, dass sie das Personal in Kindertagesstätten zum Thema "gesunde und nachhaltige Ernährung mit Genuss und regionaler Prägung" berät. Natürlich stand auch die Ernährungspyramide auf ihrer Liste, einer Pyramide, die jeder kennt und an die sich nicht immer alle auch halten. Um so wichtiger sei daher, sich genau an Speisepläne zu halten, damit für die Kinder Brokkoli etwas anderes ist als "nicht essbare Bäume".
Als das Haus für Kinder 2014 Mittagessen anbot, wurde es von einem externen Anbieter geliefert, berichtete Katja Schönberger, stellvertretende Leiterin. Die Eltern konnten täglich buchen, was einen erheblichen Bestell-, Abrechnungs- und Verwaltungsaufwand für das Personal bedeutete. Das Essen wurde stundenlang warmgehalten, der Speiseplan war zu fleischlastig, den Kindern schmeckte das Essen nicht, die Eltern waren unzufrieden. Zwei Jahre später wurde auf einen anderen Lieferanten umgestellt, der das Essen tiefgefroren anlieferte und das die Halbtags-Köchin Silvia Zidek mit frischen Komponenten anreicherte, so dass die TK-Kost mehr und mehr abnahm. Doch nicht alle Kinder erhalten warmes Essen, so dass es auch mal schnell zum Neid der "Kalt-Esser" käme, übernahm die Leiterin Jasmin Sutcliffe den Vortrag.
Eigene Infoveranstaltung für die Eltern
Aktuell essen 14 Krippen-, 38 Kindergarten- und 35 Hortkinder warm. Ist der geplante Anbau fertig, sollen alle Kinder warmessen: 100 Kindergarten- und Hortkinder sowie 24 Krippenkinder. Dafür, so die Idee von Bürgermeister René Schlehr, müsste der Stadtrat 50 000 Euro für den Umbau der Küche investieren, in der für alle gekocht werde. "Für die Menge an Essen reicht der Raum", sagte er bei der Besichtigung der Küche. Der Hausmeister Martin Stöckinger könne als Schreiner selbst viel Arbeit erledigen, und auch ein Küchenplaner hatte sich schon die Küche angeschaut. "Und es gibt immer wieder Gaststätten, die den Betrieb aufgeben und ihr Inventar verkaufen", so der Bürgermeister zum Punkt Kostensenkung, "zuletzt war das am Schwanberg der Fall".
Ohne die Eltern mit ins Boot zu nehmen, ginge es ohnehin nicht, waren sich alle Beteiligten einig. Der Plan des Ausschusses ist klar umrissen. Zunächst erfolgt nun die Empfehlung an den Stadtrat, das Geld für den Umbau in den Haushalt zu stellen und Personal für die Küche einzustellen, dann werden die Eltern über den gesamten Plan in einer eigenen Veranstaltung informiert. Die Vollverpflegung würde nach einer Kalkulation von Gwendolin Hammer zwischen 4,50 und fünf Euro pro Tag liegen – bei einer Ernährung, die dem Qualitätsstandard der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) entspreche. Dank des "Gute-Kita-Gesetzes" erhalten Eltern von Kindern ab drei Jahren pro Monat 100 Euro Betreuungskosten, die direkt mit den Buchungskosten der Einrichtung verrechnet werden – also die Kosten für die Vollverpflegung. Für die Krippenkinder ist ein ähnliches Gesetz in Vorbereitung.