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Gerlachshausen
Plötzlich Schlossherren: Wie ein mutiges Paar sich ein verfallenes Wasserschloss angelacht und manchen Schatz gehoben hat
Vor gut einem Jahr ist ins alte Gerlachshäuser Schloss neues Leben eingekehrt. Gabriela Bimüller und Uwe Hückmann aus Volkach haben sich in das historische Gebäude verliebt.
Wer wohl schon alles in diesem alten Gewölbe umhergewandelt ist? 1200 Jahre alt sind die Keller des Gerlachshäuser Schlosses. Sie stammen noch vom Vorgängerbau, einer Wasserburg am Main.
Foto: Silvia Gralla | Wer wohl schon alles in diesem alten Gewölbe umhergewandelt ist? 1200 Jahre alt sind die Keller des Gerlachshäuser Schlosses. Sie stammen noch vom Vorgängerbau, einer Wasserburg am Main.
Georg Ruhsert
 |  aktualisiert: 24.04.2025 09:50 Uhr

Wie kommt man dazu, ein Schloss zu kaufen? Gabriela Bimüller lacht und erzählt, dass eigentlich Hündin Jacky die treibende Kraft war. Jacky zog sie beim Gassigehen hartnäckig direkt vor das Fenster der Raiffeisenbank, in dem die Immobilienangebote hingen. Dort stach das vollmundig angepriesene ehemalige Wasserschloss von Gerlachshausen ins Auge und ging dem Paar seitdem nicht mehr aus dem Sinn. Denn beide sind geschichtlich interessiert und handwerklich begabt – eine Kombi, die es braucht, wenn man sind solch einer Renovierungsaufgabe stellt.

Zwei Mutige vor einer Ritterrüstung:  Gabriela Bimüller und Uwe Hückmann haben dem früheren Wasserschloss eine neue Bestimmung und ein neues Leben gegeben. 
Foto: Silvia Gralla | Zwei Mutige vor einer Ritterrüstung:  Gabriela Bimüller und Uwe Hückmann haben dem früheren Wasserschloss eine neue Bestimmung und ein neues Leben gegeben. 

"Manche Freunde haben gesagt: ´Jetzt spinnt Ihr total!'", erinnert sich Uwe Hückmann. Denn Arbeit gab und gibt es in dem 600 Jahre alten Schlösschen ohne Ende: Balken waren teils morsch geworden, ein Zimmerboden hatte sich gesenkt, eine Decke war herabgestürzt. Doch das Paar faszinierte die morbide Mischung aus Staub und Stuck.

"Manche bauen da im Keller eine Modelleisenbahn, wir kaufen ein Schloss."
Uwe Hückmann

Hückmann sieht das ganze Projekt als Hobby, das gut und gerne die nächsten Jahre füllen wird. Der 61-jährige ehemalige Dienststellenleiter bei der Bereitschaftspolizei Würzburg ist seit einigen Wochen im Ruhestand. "Manche bauen da im Keller eine Modelleisenbahn, wir kaufen ein Schloss." Das sei viel spannender, denn zu entdecken gibt es in dem alten Gemäuer wirklich jede Menge.

Ambiente - welches Wort passt besser zum Flair des Wasserschloss-Interieurs?
Foto: Silvia Gralla | Ambiente - welches Wort passt besser zum Flair des Wasserschloss-Interieurs?

Unter jeder abgelösten Tapete kommen Spuren der Vergangenheit zum Vorschein. So etwa die frühere Farbgebung der Wände, Lagen alter Zeitungen aus der Nachkriegszeit als Isolierung, zwei hölzerne barocke Einbauschränke und – hinter einer übertapezierten Holztür verborgen – ein in die Außenwand eingelassenes Plumpsklo. Sanitärer Luxus anno 1452, denn aus dieser Zeit datiert das Bauholz, mit dem das Schloss errichtet wurde.

Alt und neu zu kombinieren, macht Spaß – und sieht spannend aus.
Foto: Silvia Gralla | Alt und neu zu kombinieren, macht Spaß – und sieht spannend aus.

Doch auch damals wurde beim Bau schon fleißig recycelt: So stammt ein Dachbalken von einem im Jahr 1300 gefällten Baum. Der Vorgängerbau ist wohl dem legendären Graf Gerlach zuzuordnen. Eine erste Erwähnung des Ortes Gerlachshausen findet sich im Jahr 918 in einer Urkunde von König Konrad I.

Tiefe Gewölbe und geheime Gänge

Steigt man tief hinunter in den großen Gewölbekeller unter dem Schloss, steht man in den Resten der ursprünglichen Burganlage aus dem 8. Jahrhundert. Sie sicherte wohl den Mainübergang an einer Furt. Auf alten Karten ist an dieser Stelle auch eine Insel mitten im seichten Fluss zu sehen. Der Main floss damals noch direkt vor den Mauern der Burg vorbei.

Auf Zeitreise in frühere Jahrhunderte: Im einstigen Wasserschloss Gerlachshausen wird Geschichte lebendig.
Foto: Silvia Gralla | Auf Zeitreise in frühere Jahrhunderte: Im einstigen Wasserschloss Gerlachshausen wird Geschichte lebendig.

Diese war durch einen mit dem Fluss verbundenen Wehrgraben gut vor Feinden geschützt. Neben reichlich Platz für viele Vorräte gibt es im Keller gleich zwei Brunnen, die von unten aus und auch vom Obergeschoss her zugänglich waren. Sauberes Wasser war damals wie heute ein begehrtes Gut.

Im frühen Mittelalter wurde aus der Burg eine Vogtei, der Sitz eines Schultheißes. Dieser gehörte dem niederen Adel an und hatte die Aufgabe, vor Ort Abgaben einzutreiben und Recht zu sprechen. Der Gerlachshäuser Schultheiß musste zudem auch für den Schutz der Münsterschwarzacher Klosterbrüder sorgen.

So sieht das ehemalige Wasserschloss in Gerlachshausen heute aus. Von außen eher unspektakulär, betritt  man beim Durchschreiten der Eingangstür eine andere Welt. 
Foto: Silvia Gralla | So sieht das ehemalige Wasserschloss in Gerlachshausen heute aus. Von außen eher unspektakulär, betritt  man beim Durchschreiten der Eingangstür eine andere Welt. 

1284 kaufte die Abtei dem Hochstift Würzburg das Vogteirecht ab. Fortan war der Abt zugleich Schlossherr. In diesem Kontext ist auch die Episode zu verstehen, die sich Ende April 1525 ereignete. Aufständische Bauern plünderten das Kloster Münsterschwarzach und brannten es nieder. Abt Georg Wolfsbach floh durch einen geheimen unterirdischen Gang ins Schloss. Dort versteckte ihn Schultheiß Johannes Zierold im Taubenhaus, bis die Welle des Aufstandes vorüber war. Passend dazu hat Gabriela Bimüller die kleine Zinnfigur eines Fahnen-schwingenden Bauern auf einem schweren Eichentisch im Schloss drapiert.

Eine gedeckte Tafel im Speisezimmer. Bewusst wurden beim Renovieren entdeckte Reste älterer Nutzung sichtbar gelassen, zum Beispiel eine ehemalige Fensteröffnung.
Foto: Silvia Gralla | Eine gedeckte Tafel im Speisezimmer. Bewusst wurden beim Renovieren entdeckte Reste älterer Nutzung sichtbar gelassen, zum Beispiel eine ehemalige Fensteröffnung.

Krimidinner, Lesungen und Weinproben im Schloss

Das jetzige Inventar haben die neuen Besitzer auf Flohmärkten, in Antiquariaten oder bei Wohnungsauflösungen und Auktionen zusammengetragen. Alles ist historisch und stammt zu 90 Prozent aus der näheren Umgebung, aber eben nicht aus dem Schloss selbst. Dieses wurde im 20. Jahrhundert als Wohngebäude genutzt, von der einstigen barocken Ausstattung blieb bis auf ein paar Deckenfriese und Türen nichts erhalten.

Rittersaal-Atmosphäre: Wäre dieser rustikale Tisch nicht die perfekte Location für Krimidinner oder -lesungen?
Foto: Silvia Gralla | Rittersaal-Atmosphäre: Wäre dieser rustikale Tisch nicht die perfekte Location für Krimidinner oder -lesungen?

Bimüller und Hückmann planen keine großen Umbauten, denn wohnen wird im Schloss wohl niemand mehr. Doch die beiden haben viele Ideen, die geschichtsträchtige Schlossanlage ins Bewusstsein der Bevölkerung zurückzubringen. So könnte es demnächst Veranstaltungen im kleinen Kreis geben, wie etwa Krimidinner, Lesungen, Weinproben oder auch Seminare für Führungskräfte.

In der Barockzeit wurde das Gerlachshäuser Schloss zuletzt größer umgebaut. Dabei entstanden auch die Stuckgesimse in den Räumen. Auch einige der Türen und Türstöcke sind noch original.
Foto: Silvia Gralla | In der Barockzeit wurde das Gerlachshäuser Schloss zuletzt größer umgebaut. Dabei entstanden auch die Stuckgesimse in den Räumen. Auch einige der Türen und Türstöcke sind noch original.

Gabriela Bimüller, die beruflich Veränderungsprozesse bei einer großen Bank begleitet, weiß, dass es dabei immer auf eines ankommt: die passende Atmosphäre. Und das Gerlachshäuser Schlösschen hat wahrlich genau davon eine Menge zu bieten.

Die Einrichtung der Räume ist historisch, aber nicht original aus dem Schloss. Gabriela Bimüller und Uwe Hückmann haben sie auf Flohmärkten und Auktionen in der näheren Umgebung zusammengetragen.
Foto: Silvia Gralla | Die Einrichtung der Räume ist historisch, aber nicht original aus dem Schloss. Gabriela Bimüller und Uwe Hückmann haben sie auf Flohmärkten und Auktionen in der näheren Umgebung zusammengetragen.
 
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