Heilige und Engel sehen aus den Fresken von G. F. Marchini im großartigen Innenraum der Kirche St. Mauritius in Wiesentheid auf den Betrachter nieder. Beginnt dann der Kammerchor Osnabrück in einer Aufstellung rund um die Zuhörerinnen und Zuhörer herum mit dem Alleluja von Frederik Sixten aus dem Jahr 2014, meint man die Engel singen zu hören und die Jahrhunderte verschmelzen ineinander.
Regionalkantor Christian Stegmann hatte den Kontakt zu dem Chor von St. Johann in Osnabrück geschaffen, ein Konzert in St. Johannis in Würzburg zur Nacht der offenen Kirchen folgte am Sonntag. Rund 60 Zuhörer hatten den Weg durch den Regen gefunden und erlebten ein Konzert, das Werke vom 16. Jahrhundert bis in die Moderne darbot.
Ein hohes Maß an Kunst, das man selten hört
Schon im ersten Alleluja sang der Kammerchor Osnabrück klangschön und sauber, dabei ergreifend und tief in Innern berührend. Die Stimmen der Chorsänger sind allesamt sehr leicht angesetzt, schwingen frei und sind vom Forte bis ins leiseste Pianissimo ausgewogen. Überhaupt: Wie herrlich ist es, ein Pianissimo zu erleben, das langsam immer intensiver wird und erstirbt – ein hohes Maß an Kunst, leider viel zu selten in Konzerten zu hören!
Mit J. S. Bach, H. Schütz, J. Brahms, J. H. Schein und M. Reger standen die großen alten Meister im Programm. Aber auch unbekanntere Komponisten und Zeitgenossen hatten ihren Platz: T. Tomkins, M. Duruflé, B. Furrer, A. Pärt, O. Gleilo und E. Whitacre. In den Werken der Renaissance mit eher flächigen Klängen bewies der Chor, dass er sehr schlank singen kann, aber nicht statisch, sondern spannend in der Dynamik. Im romantischen "Schaffe in mir Gott, ein reines Herz" von Johannes Brahms zeigten die Sänger dann mehr Farbe, Wärme, große Bögen und volle Klänge. Hier hätte man dem Ensemble mehr Fundament in den Bässen gewünscht. Christian Joppich dirigierte groß, mit ausladenden Bewegungen, dem Chor immer sehr zugewandt.
Bedrohliches mit einem versöhnlichen Schluss
Christian Stegmann spielte die Fuge "Meine Seele erhebt den Herren" von Johann Sebastian Bach und das "Scherzo op. 2" von Maurice Duruflé auf der 2017 erneuerten Orgel von Georg Weishaupt. Sehr gut passende Stücke, besonders bei Duruflé konnte man die interessanten Register der Orgel sehr gut hören. Stegmann ließ über dunklen, dumpf wirkenden Holzflöten getupfte Töne im Prinzipal aufblitzen, schuf Bedrohliches mit einem versöhnlichen Schluss.
Zu einem Höhepunkt des Konzertes geriet "Enigma I" von Beat Furrer. Der in vier Blöcken stehende Chor sang die eindringliche und schwierige Vertonung des 1954 geborenen Komponisten unglaublich präsent, rhythmisch präzise, sauber intoniert und damit traumhaft schwebende Klänge erzeugend. Intensiv der Aufschrei bei "Welcher Wahn hat dich geleitet" aus dem Text nach den Prophezeiungen des Leonardo da Vinci.