
Unterfranken verspotten sich oft gegenseitig und geben ihren Nachbarn scherzhafte Necknamen. In typisch fränkischer Mundart sind Betitelungen wie "Sandhasen", "Mainscheißer" und "Zwiebeltreter" entstanden. Aber inzwischen kennen die Menschen den Necknamen ihres eigenen Ortes gar nicht mehr oder wissen nicht um seine Herkunft. Die Spottbezeichnungen für ihre Nachbargemeinden und -städte sind ihnen aber oft noch bekannt. Monika Fritz-Scheuplein vom Unterfränkischen Dialektinstitut der Uni Würzburg weihte im Volkacher Schelfenhaus 60 Zuhörerinnen und Zuhörer in die Geheimnisse der Ortsnecknamen im Bezirk ein.
In der Reihe "Hörsaal on Tour" stellt der Universitätsbund aktuelle Themen aus allen Fakultäten der Uni vor. Das Ziel ist der Dialog zwischen der Bevölkerung und der Wissenschaft. Beim Vortrag in Volkach wurde schnell klar: Die Namen, die sich Unterfranken für ihre Nachbarn ausdenken, sind selten schmeichelhaft, aber ein Dokument für ihren Einfallsreichtum und derben Humor.
Wie die Ortsnamen haben auch die Necknamen oft einen Bezug auf ein Ereignis, einen Gegenstand oder eine Eigenschaft in der Außenwelt. Motive für solche Namengebungen seien mannigfach, so die Referentin. Nicht alle seien bekannt. Während es in der Datenbank für Ortsnecknamen in den Landkreisen Würzburg und Schweinfurt noch große Lücken gibt, ist der Altlandkreis Kitzingen gut aufgestellt. Bis auf Seligenstadt, Neuhof und Stephansberg ist die Spottliste der Orte komplett.
Necknamen mit Hinweis auf die Notdurft
Manche Orte haben mehrere Necknamen. Im Landkreis sind die Marktbreiter Spitzenreiter: Mainbrunzer, Brückenspringer, Pflastersteine, Pflasterscheißer, Linsentreter, Bachdeppen und Kornsack. Gleich danach kommen die Obernbreiter mit sechs Namen: Bettelleute, Lehmtreter, Huckelkötzer, Krackenhirn, Kröpfer und Heppe.
Allein rund um das wenig schmeichelhafte Thema Notdurft haben sich viele Spottnamen entwickelt. Beispiele sind: Meescheißer (Mainstockheim, Kitzingen, Dettelbach), Boonscheißer (Gerlachshausen), Bauscheißer (Köhler), Leckerleinsscheißer (Kitzingen) und Pflasterscheißer (Markt Einersheim). Fünf Gemeinden werden mit Mainbrunzer ("Meebrunser") betitelt: Kitzingen, Sulzfeld, Marktbreit, Etwashausen und Volkach.
Auch das Spucken oder Essen wird aufgegriffen: Trinkweinspucker oder -spetzer (Sommerach, Rödelsee, Nordheim). Außerdem im Angebot: Brockenfresser (Wiesentheid, Schernau), Lehmtreter (Wiesenbronn, Obernbreit), Lorpser (Fahr, Effeldorf), Gelberübenputzer (Hohenfeld, Etwashausen), Schrollenhüpfer (Biebelried, Bibergau) sowie Mistsudel oder Mistlachenschöpfer (Wässerndorf, Seinsheim).
Necknamen mit einem Tierbezug

Absolute Spitzenreiter bei den Necknamen sind die Sandhasen. Im Landkreis Kitzingen sind gleich elf Orte vertreten, die diesen Bezug auf den sandigen Boden im Namen führen; in ganz Franken gibt es deutlich mehr. Beispiele aus der Region: Eichfeld, Düllstadt, Atzhausen, Fahr, Feuerbach, Haidt, Kleinlangheim, Marktsteft, Michelfeld, Mönchsondheim und Untersambach.
Es gibt auch Mäuse (Sulzfeld, Mainsondheim, Gerlachshausen), Kracken oder Stupfelkracken (Segnitz, Großlangheim, Possenheim) und Göker oder Holgrasgöker (Kaltensondheim, Buchbrunn, Dornheim). Wasserratten (Schwarzenau, Etwashausen), Hepper (Obernbreit, Albertshofen) und Rehlein (Nordheim, Fahr) runden das animalische Angebot ab.
Necknamen mit Hinweisen auf örtliche Produkte
Diese Necknamen mit Bezügen zu den Produkten aus dem Ort machen 15 Prozent aus und sind meistens Einzelbelege: Schnittheppe (Sickerhausen, Segnitz), Brotsäcke (Schwarzach), Kornsäcke (Marktbreit), Kaasbrettli (Neusetz), Brockenfresser (Wiesentheid) und Käsebüchsen (Biebelried).
Mit ihrem unterhaltsamen Referat hatte Monika Fritz-Scheuplein die Lacher auf ihrer Seite. Beim Vortrag und bei der anschließenden Diskussion erlebten die Zuhörerinnen und Zuhörer Wissenschaft zum Mitmachen und Forschungsthemen aus erster Hand.
Weitere Infos zur Dialektforschung in der Region mit einer Datenbank der unterfränkischen Necknamen: www.unterfraenkisches-dialektinstitut-wue.de/projekte/ortsnecknamen-in-unterfranken