Grün zwischen den Rebzeilen sieht der Spaziergänger immer öfter in den Weinbergen. Meist soll es die Böden vor Erosion schützen oder als Fahrspur für den kleinen Weinbergschlepper dienen. Mit biologischem oder ökologischem Weinbau hat das in der Regel nichts zu tun. Dafür ist viel mehr nötig, vor allem Arbeit. Die nehmen aber immer mehr Jungwinzer auf sich und stellen um. Im Landkreis Kitzingen leben Pioniere des Öko-Weinbaus ebenso wie Neueinsteiger.
"Ökowinzer sind Pioniere, Vorbilder. Ohne die wäre viel nicht passiert." Sie hätten gezeigt, was möglich sei im Weinbau. Das sagt kein Geringerer als Artur Steinmann, Präsident des Fränkischen Weinbauverbands. Er erinnert an die Ordensfrauen auf der Vogelsburg, die schon seit 1964 ökologischen Weinbau betrieben hatten, ohne dass man das damals so genannt hätte. Insbesondere nannte Steinmann die Winzermeisterin Schwester Hedwig, die 1982 die Verantwortung in den Weingärten des Klosters übernommen hatte.
Im fränkischen Weinland macht der ökologische Anbau nach Steinmanns Worten etwa zehn Prozent aus. Die Ausrichtung gehe aber stark in diese Richtung. Es gebe auch Winzer, die ökologisch wirtschafteten, sich aber aus welchen Gründen auch immer nicht zertifizieren ließen. Eine bemerkenswerte Tendenz sieht der Weinbaupräsident auch bei großen Betrieben, die in Richtung Öko umschwenken. Bis zur Blüte arbeiteten sowieso viele Betriebe ökologisch, dann würden sich aber die Wege trennen.
Nachwuchs setzt verstärkt auf Ökologie
Seinen klaren Weg zum ökologischen Anbau hat Nicolas Olinger aus Iphofen gefunden. Sein Betrieb hat jüngst den Förderpreis für den Einstieg in den Bioland-Weinbau bekommen. Die Alnatura Bio-Bauern-Initiative und der Nabu unterstützen mit dem Förderprogramm "Gemeinsam Boden gut machen" beim Einstieg in den Biolandbau.
Eigentlich, erzählt Nicolas Olinger, habe er bereits 2008/2009 angefangen, Herbizide wegzulassen. Nach seiner Ausbildung in einem fränkischen Biobetrieb sei er ein Jahr in Neuseeland gewesen. Dort habe er gelernt, wie man richtig mit Kompost umgeht. Biologisch-dynamisches Wirken im Weinberg war ihm danach nicht mehr fremd. Auch seine Mittel im Weinberg stellte er um auf Schwefel, Backpulver, Kokosöl, Orangenseife. Auch Kupfer kommt im zulässigen Maß zum Einsatz, wobei er um dessen Umstrittenheit weiß. Die Zeit seit 2008 nutzte er, um Erfahrungen zu sammeln. Zum Beispiel, um den richtigen Zeitpunkt für den Einsatz von Backpulver zu finden.
Für Nicolas Olinger zählt das Ganzheitliche; er weiß um die Bedeutung der Biodiversität. Für ihn sollen die Reben im Gleichgewicht sein. Von der Arbeitsweise her arbeitet Olinger schon lange ökologisch, von rechtlicher Seite her aber nicht, da er erst seit vergangenem Jahr das Weingut mit 17 Hektar Rebfläche offiziell nach den Bioland-Richtlinien bewirtschaftet. Um das Label verwenden zu dürfen, dauert es aber noch ein wenig. Heuer darf auf den Etiketten zumindest schon stehen, dass sein Betrieb sich in der Umstellung befindet.
Bausewein: "Bio ist unsere Zukunft"
"Bio ist unsere Zukunft." Das ist die Überzeugung beim Bio-Weingut Bausewein (Sabrina Bausewein und Matthias Popp) in Iphofen mit seinen 5,5 Hektar Rebfläche. Seit 1995 sei auf Bio umgestellt, sagt Matthias Popp. Was damals noch nicht so leicht gewesen sei; man sei noch Exot gewesen. Popp sieht die Zeit längst reif für Bio. Bei vielen habe er nun beobachtet, dass bei einem Generationswechsel umgeschwenkt werde.
Im Weinberg bekämpfe man den Mehltau wie alle Winzer, nur mit anderen Mitteln. In einem bestimmten Rhythmus werde das Dauergrün aus Leguminosen in jeder zweiten Zeile umbrochen, danach aber gleich wieder eingesät. Damit werde gleich gedüngt.
Als Urgesteine im ökologischen Weinbau werden gerne Gerhard Roth (Wiesenbronn) und Helmut Christ (Nordheim) bezeichnet. Bei ihrem Vater Gerhard Roth sei eine Allergie der Auslöser gewesen, die ihn zum Umdenken bewegt habe, erzählt Tochter Nicole Roth, die den Betrieb 2015 übernommen hat. Seit 1974 sei ihr Weinbau, der rund 25 Hektar Rebfläche umfasst, ökologisch ausgerichtet.
"Im Garten stand ein Bottich mit stinkender Brühe", erinnert sich Nicole Roth. Denn alle benötigten Mittel seien selbst hergestellt worden. Es habe ja noch keine Literatur oder einen Austausch unter Kollegen gegeben. Während ihrer Ausbildung war Roth viel in der Welt unterwegs. Dabei hat sich der Entschluss gefestigt: "Öko ist der einzige Weg." Eine Entscheidung, die die Familie nie bereut hat. Im Gegenteil: Das ökologische Denken und Handeln sind fest verankert und für Nicole Roth selbstverständlich. Zudem wurde das gesamte Weingut nach ökologischen Standards errichtet.
Neben den Roths betreibt auch das Nordheimer Weingut Helmut Christ seit 1974 ökologischen Weinbau auf aktuell 13 Hektar Rebfläche. Sohn Michael Christ ist mit und in der Natur groß geworden und teilt die Überzeugung seines Vaters. Eine nachhaltige Wirtschaftsweise, damit der Boden nicht ermüdet, ist für ihn die Maßgabe.
Neue Sorten im Weinberg
Für ihn ist der Weinberg ein Ökosystem, in dem im Grunde alles autark arbeitet. Zudem würden Lebensräume für Tiere geschaffen. In einer solchen Bewirtschaftungsweise sieht er die Zukunft. "Da müssen wir uns hin entwickeln", ist sich der leidenschaftliche Ökowinzer sicher.
Für die weitere Entwicklung setzt er auch auf pilzwiderstandsfähige (Piwi) Sorten. Und über diese wachsende Vielfalt können sich auch die Konsumenten freuen. Johanniter-Reben wachsen bei Michael Christ schon; auf einer Versuchsfläche baut er Souvignier Gris an, eine vielversprechende Rebe vom Grauburgunder-Typ. Die alte Piwi-Sorte Helios findet sich bei ihm in einer Cuvée. Im nächsten Jahr pflanzt Michael Christ Blütenmuskateller, der den Bacchus ablösen könnte, ebenso die Sauvignac-Rebe, die in Richtung Scheurebe geht.
Seit 2006 hat der Betrieb mit einer biologisch-dynamischen Anbauweise den biologischen Wein- und Obstbau weiter verfeinert. Eingesetzt wird sogenannter Kompost-Tee mit Milliarden von Mikroorganismen, um den Einsatz von Kupfer, Schwefel oder Backpulver zu reduzieren. Ebenso zum Einsatz kommen Hornkiesel für die Rebe und Hornmist für den Boden.