Der ÖDP-Kreisverband Kitzingen – Ortsverbände im Landkreis gibt es nicht – will Bianca Tröge einstimmig zur Oberbürgermeisterkandidatin nominieren. Dazu sind Mittwochabend 19 Mitglieder in den "Würzburger Hof" in Kitzingen gekommen. Wirtin Silvia Paulus-Hildner steht selbst auf der Stadtratsliste. Sie kandidierte 2018 namens der ÖDP für den Landtag, ohne gewählt zu werden.
Der kleine Reißnagel, der den behäbigen bayerischen Löwen zwickt: Dieses Image gibt sich die ÖDP gern im Landtagswahlkampf. Und auch bei den Kommunalwahlen am 15. März 2020 will die kleine bürgerliche Öko-Partei, die ihre Klientel irgendwo zwischen heimatverbundener CSU und progressiven Grünen findet, wieder Stachel im Fleisch sein.
OB-Kandidatin seit 2014 im Stadtrat
Bianca Tröge absolviert gerade ihre erste Amtszeit im Kitzinger Stadtrat. Seit drei Jahren ist sie Referentin für Soziale Stadt und Stadtteilförderung. In ihren Funktionen sei sie gut vernetzt, habe den Bau von Sozialwohnungen in der Breslauer Straße vorangetrieben und das Stadtteilzentrum mit viel Betrieb belebt, sagt Kreisvorsitzenden Jens Pauluhn, mit dem zusammen Tröge das ÖDP-Gespann im Stadtrat bildet. Dort agiert meist Pauluhn als Sprecher.
Im Wahlkampf, bekennt die 47-Jährige fröhlich, möchte sie allerdings "rotzfrech" sein, denn Politik sei ihre Leidenschaft. Tröge ist Fachlehrerin für Handarbeit und Hauswirtschaft, arbeitet als Dozentin an der Altenpflegeschule bfz in Würzburg und am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kitzingen. Stadtbekannt ist sie durch ihr "Biancas Kreativcafé" in Kitzingen.
Tröge: "Sich selbst und Gott verpflichtet"
Tröge fasziniert an der ÖDP, dass die Partei keine Firmenspenden annehme und allein "sich selbst und Gott verpflichtet" sei. Das bereite ihr ein gutes Gewissen. Für die Lektorin der evangelischen Kirche sind der Zweiklang von Naturschutz und Familienpolitik mit christlichen Werten wichtig, wie sie in ihrer Nominierungsrede erklärt. Diese Kombination ist für viele Mitglieder und Wähler der Kern der ÖDP-Politik, auch wenn religiöse Begriffe wie Schöpfung im Programm heute eher durch Natur und Umwelt ersetzt sind.
Tröge jedenfalls will Kitzingen "aufblühen" lassen durch eine "ehrliche, offene und werteorientierte Politik". Dafür nennt sie Beispiele: Naturschutz durch glyphosatfreie und insektenfreundliche Flächen sowie lokale Umweltpolitik. Die Förderung der heimischen Wirtschaft hängt für die OB-Kandidatin eng mit sozialer Verantwortung zusammen. Den Einzelhandel will die Geschäftsfrau attraktiver machen, "damit nicht nur im Internet bestellt wird". Wohnraum müsse es in Kitzingen auch für den "kleinen Geldbeutel" geben.
Arbeit mit "großen und kleinen Menschen"
In der Arbeit mit den "großen und kleinen Menschen" will sie bürgerfreundliche Politik unter anderem durch Live-Übertragungen der Stadtratssitzungen fördern, den Marktplatz barrierefrei gestalten, Kinderbetreuungsplätze mehren und Tagespflegeeinrichtungen schaffen. Tröge setzt bei diesen Themen darauf, Projekte nicht zu zerreden, sondern mit allen politischen Gruppierungen im Stadtrat anzupacken. Eine leise Kritik am aktuellen OB Siegfried Müller.
Die Kandidatin verspricht: "Ich gebe mein Bestes: Individualität, Kreativität, Konsequenz und Herzblut", um die ÖDP in Kitzingen würdig zu vertreten. Tröge endet mit dem Spruch, der auf ihrem Lektorentalar aufgestickt ist: "Sei mutig und entschlossen. Lass dich nicht einschüchtern und hab keine Angst! Denn ich der Herr, dein Gott, bin bei dir, wohin du auch gehst." Für ihre Rede erntet Tröge viel Applaus und eine einstimmige Nominierung.