
Im Grunde kehren Angelika und Heinz Schuchbauer nur zu ihren Wurzeln zurück. Trotzdem ist es ein Aufgeben, ein Verlust, ein Ende. Die Schuchbauers werden bis zum Jahresende die Schlüssel zu ihrem Haushaltswarengeschäft in der Schuhstraße in Gerolzhofen umdrehen. Für immer.
Damit schließt eins der traditionsreichsten Geschäfte in Gerolzhofen (nicht jedoch die Spenglerei sowie der Sanitär und Heizungsbetrieb). Hier legten viele Menschen den Grundstein zu ihrer Haushaltsausstattung, Hochzeitspaare stellten hier ihre Geschenktische auf. Rund 8000 verschiedene Artikel stehen immer noch in den Regalen. Der Kunde kann alles haben von der Klobürste bis zum Tafelsilber, in einfachster bis hin zur hochwertigen Ausstattung. Trotzdem, bei aller Vielfalt, es reicht nicht mehr.
Die Ursachen für das Sterben dieser Einzelhandelssparte sind vielfältig. Da sind die großen Möbelgeschäfte, die Haushaltswaren gleich mitanbieten. Da ist auch das Internet, über das solche Artikel massenweise bestellt werden. „Alle denken, wir Kleinen sind zu teuer“, sagt Angelika Schuchbauer. Dabei seien die Sonderpreise der Großen nur von einem fiktiven Preis in astronomischen Höhen um scheinbar verlockend viele Prozent auf einen Satz heruntergerechnet, der meistens auch nicht günstiger ist als bei den Kleinen, meint die Geschäftsfrau.
Natürlich ist auch die Lage des Geschäfts in der viel befahrenen und engen Schuhstraße nicht die günstigste. Es gibt keine Parkmöglichkeiten vor dem Haus, nur im Hof dahinter.
Der Einzelhändler wird heute nur noch gebraucht, wenn es um Ersatzteile geht. „Die Leute kommen wegen eines Dichtungsrings für den Schnellkochtopf, den sie bei Aldi gekauft haben. Davon können wir nicht leben“, klagt Schuchbauer. Vor fünf Jahren haben die Schuchbauers erstmals gemerkt, dass es rückwärts geht mit den Haushaltswaren. „Der Steuerberater hat uns angehalten, ein Auge darauf zu haben“, erzählt Angelika Schuchbauer.
Nicht nur die Konkurrenz der Großen, auch die moderne Lebensweise ist Ursache für den Niedergang. „Sonntagsgeschirr gibt es nicht mehr, es ist heute egal, welche Tasse und welches Glas an welchem Tag auf dem Tisch steht“, analysiert Angelika Schuchbauer. Die Wertigkeit der Tischkultur hat abgenommen. Das ist für sie der Grund für den Untergang der Porzellanindustrie. Und auch der Hochzeitstisch ist uninteressant geworden. Die meisten Paare leben schon vor der Hochzeit zusammen und haben ihren Hausstand schon. Sie lassen sich zum Fest lieber Geld oder Reisen schenken. 2012 baute Angelika Schuchbauer gerade mal noch drei Hochzeitstische für die Kunden auf.
So sind auch die Großhändler dazu übergegangen, ihren kleinen Abnehmern vorzuschreiben, was sie abzunehmen haben. Heute noch einen einzelnen Teller zu bekommen, ist undenkbar. Höchstens der Einzelhändler wartet so lange, bis der Hersteller wieder mal eine Serie dieses Tellers auflegt.
Seit Anfang des Jahres versuchten es die Schuchbauers mit verkürzten Öffnungszeiten, um nicht nur Zeit, sondern auch Kosten für Heizung und Licht im Laden zu sparen. Doch viele Kunden hatten die Veränderung auch nach neun Monaten noch nicht registriert.
Die eingangs angesprochenen Wurzeln des Geschäfts liegen im Jahr 1895. Damals gründete Kaspar Schuchbauer eine Spenglerei mit Haushaltswaren. Verkauft wurde aus dem Küchenfenster heraus; die großen Schaufester kamen erst Mitte der 30er-Jahre. Heute wirkt die Kombination Spenglerei/Haushaltswaren etwas kurios, aber damals stellte der Spengler noch selbst Haushaltswaren her und reparierte sie auch.
Anders als das Haushaltswarengeschäft wird die Spenglerei sowie der Sanitär- und Heizungsbetrieb bei Schuchbauer weiter bestehen. Das hat Zukunft. Deshalb werden auch die großen Schaufenster in der Schuhstraße nicht veröden, sondern nur andere Inhalte bekommen.