Wie kommen die November-Hilfen bei den Gastronomen an? – "Zu langsam und zu umständlich", schimpft Thomas Dauenhauer aus Dettelbach, Bezirksvorsitzender Unterfranken des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Gerade der Bereich Gastronomie gehöre zu den durch die Corona-Pandemie am heftigsten gebeutelten Branchen. „Die Situation ist katastrophal“, redet Dauenhauer, der auch Dehoga-Kreisvorsitzender im Landkreis Kitzingen ist, nicht lange um den heißen Brei. „Mit dem Dezember sind es fünf Monate in diesem Jahr, in denen wir nicht aufmachen durften. Fünf Monate ohne Einnahmen“, betont der Hotelier aus Dettelbach.
Dabei sollte die vom Staat eingerichtete November-Hilfe für die Branche zumindest das Schlimmste abwenden. Das Problem daran sei aber, dass die Unterstützung wohl den wenigsten Gastronomen helfen werde und erst recht nicht auf die Schnelle. Dauenhauer kritisiert das seiner Ansicht nach viel zu komplizierte Verfahren, das zudem einige Betroffene völlig ausschließe. „Man hat sich nicht im geringsten Gedanken gemacht, wie man das umsetzen kann“, kritisiert der Dehoga-Bezirkschef. Beinahe ständig hänge er dieser Tage am Telefon, um Kollegen bei ihren Sorgen und Fragen zu beraten.
Einer, der sich große Sorgen macht, ist Benedikt Rückel. Der Besitzer vom Gasthof "Lamm" in Geiselwind bekam dieser Tage die Mitteilung, dass für ihn das November-Hilfsprogramm nicht greift. „Da fällst du aus allen Wolken“, schildert seine Mutter Monika, die ihren Sohn im Geschäft unterstützt, ihre Überraschung. Ein herber Rückschlag für den Familienbetrieb.
Ab 2 Uhr morgens auf den Beinen
Der 31-jährige Chef selbst ist einer, der sich nicht schont, wenn es um seinen Betrieb geht. Zuletzt in den Wochen vor Weihnachten stand er um 2 Uhr auf, um in der Metzgerei mitzuhelfen. Dann fuhr er zu seiner Arbeitsstelle als Maschinenbautechniker. Im Anschluss ging es zuhause weiter. So sahen zuletzt viele seiner Tage aus.
Vor vier Jahren übernahm Benedikt Rückel nach einigem Überlegen mit dem Gasthof in Geiselwind ein typisch fränkisches Traditionshaus. Das seit 1904 in Familienbesitz befindliche Gebäude mit Gaststätte, Hotel und Metzgerei am Marktplatz war ins Schlingern geraten und stand vor dem Verkauf. Nur mit Hilfe der gesamten Familie und dank Rückels Willen ließ sich das abwenden.
Der junge Familienvater, dessen Frau Eva-Sophia erst vor wenigen Wochen einen Sohn zur Welt brachte, hat einiges in das Haus gesteckt. Er renovierte die 30 Zimmer von Grund auf, investierte in die Metzgerei, installierte eine Heizung mit Hackschnitzeln, und neue Dächer mit Photovoltaik kamen hinzu. „Benedikt hat eigentlich nur investiert, seit er das übernommen hat“, sagt Mutter Monika.
Mühsam brachte ihr Sohn den Laden von anfangs acht auf 30 Beschäftigte hoch. Die hatten die Rückels im November extra nicht in Kurzarbeit geschickt, als es von staatlicher Seite hieß, dass die Gastronomie eine Hilfe bekommen würde, die ihnen 75 Prozent des Umsatzes aus dem November 2019 erstatten sollte. „Das hätte für die Löhne gereicht“, erläutert er seine Kalkulation.
Haken der November-Hilfe
Der Haken: In den Genuss der Hilfe kommen nur Betriebe, die 80 Prozent ihres Umsatzes aus der Gastwirtschaft beziehen und den Rest aus anderen Zweigen. Das sei erst Ende November bekannt geworden, so Benedikt Rückel. Bei seinem Betrieb mache jedoch die Metzgerei deutlich mehr als 20 Prozent des Umsatzes aus. Was sich außerdem als Nachteil herausstellte, ist, dass bei ihm alle drei Geschäftsbereiche auf eine Steuernummer laufen.
Zu all dem kamen die technischen Schwierigkeiten mit dem Hilfsprogramm, die die Rückels, wie nahezu alle Gastronomen, damit hatten. So jedenfalls die Erfahrung von Thomas Dauenhauer vom Hotel- und Gaststättenverband. Er moniert, dass der Staat viel zu umständlich agiere.
Der Dehoga-Sprecher schildert die Kriterien für die Finanzhilfen: So dürfe nur ein Steuerberater die Förderung beantragen, nicht aber der Unternehmer selbst. Das Ganze werde dann zur Prüfung an die IHK in München weitergeleitet. Schließlich müsse auch noch das Wirtschaftsministerium in Berlin alles absegnen. Zu viele beteiligte Behörden, zu lange Wege, zu komplizierte Verfahren.
„Dann wird es vielleicht Ende Januar ausbezahlt“, rechnet Dauenhauer wenig optimistisch voraus. Erschwerend komme hinzu, dass die Betriebe, die 2020 einen Kredit über die KfW aufgenommen oder die bereits Soforthilfe beantragt hätten, noch einmal extra geprüft würden.
Probleme mit der Software
Außerdem verzögerte sich das Verfahren der November-Hilfen, weil zunächst für den Antrag keine funktionierende Software bereitstand, berichtet Dauenhauer von weiteren Schwierigkeiten. Erst Anfang Dezember konnten sich die Betriebe einloggen. Als Folge davon sei das Computersystem zusammengebrochen. Erst ab dem 7. Dezember ließ sich abrufen, ob und wie viel Hilfe tatsächlich fließt.
Dieses umständliche Prozedere ärgert Dauenhauer. Er verweist auf das Nachbarland Österreich, das wieder einmal gezeigt habe, wie es gehen könne. Dort konnten die Gastronomen ihre Anträge auf Zuschuss direkt beim Finanzamt stellen, das über alle Daten des Vorjahres verfüge. Ab 4. November sei die Antragsfrist dort gelaufen; am 15. November habe Österreich ausbezahlt.
So etwas müsste doch in Deutschland genauso möglich sein, meint der Hotelier. Aber nein: In Deutschland mache man „das komplizierteste Verfahren, das es gibt“. Schwerfällig und katastrophal sei das, bemerkt der Hotelier am Telefon hörbar erbost.
Hilferufe an die Politik
Für Benedikt Rückel und seine Situation sieht der Dehoga-Bezirksvorsitzende aktuell wenig Chancen. Die Behörden seien nicht in der Lage, in diesem Fall die Metzgerei aus dem Dreier-Verbund auszuklammern. Ähnlich gehe es vielen Gaststätten, die eine Brauerei dabei hätten, oder Weinbaubetrieben, die neben dem Gasthaus Wein verkauften.
Ihre Probleme haben Dauenhauer und Rückel bereits den politischen Vertretern zugetragen, wie der CSU-Landtagsabgeordneten Barbara Becker. Sie habe zugesagt, sich für Hilfe einzusetzen. Zuständig sei das Wirtschaftsministerium in Berlin, sagt Dauenhauer.
Wie es in der Gastronomie weitergehen soll, weiß Dauenhauer nicht. „Wir haben beinahe Ende Dezember und reden über die November-Hilfen. Und was ist mit dem Dezember?“ Das fragt sich auch Benedikt Rückel, der nicht recht weiß, wie er nun über die Runden kommen soll. „Anderswo wird zugeschlossen", sagt er frustriert. "Du kämpfst – und bleibst auf der Strecke.“
Mein Fazit: Traue keinem Politiker oder einer etablierten Partei. Ich jedenfalls werde bei der nächsten Wahl auf meinem Wahlzettel das Kreuzchen ganz bedacht setzen.
Auf Unterstützung von Frau Becker bzw. Frau Weißgerber würde ich wirklich nicht hoffen.
Da sind einfach zu viele Ausschlüsse dabei.
Aber großspurig 75 % verkündet.