
Wiesentheid Während der Kitzinger Stadtrat einstimmig beschlossen hat, die Siegfried Wilke-Straße umzubenennen, ist man sich in Wiesentheid noch nicht im Klaren darüber, wie man mit einem seiner bekanntesten Bürger der jüngsten Vergangenheit umgehen soll. Grundschulleiter Carsten Busch hat sich intensiv mit dem Leben von Nikolaus Fey auseinandergesetzt. Sein Fazit: Die Schule sollte nicht länger dessen Namen tragen.
CARSTEN Busch: Anfang aus rein geschichtlichem Interesse. Ich bin vor vier Jahren als Leiter der Grundschule hierhergekommen. Natürlich wollte ich auch etwas über den Namensgeber wissen. Und mit dem Ergebnis der Straßennamen-Kommission in Würzburg mussten wir auch in Wiesentheid als Schule reagieren.
Busch: In Wiesentheid nicht. Ich habe mich an das Stadtarchiv in Würzburg und an das dortige Staatsarchiv gewandt. Die Recherchen führten mich nach Berlin und Krakau. Von dort habe ich Kopien von Schriftstücken und Reden erhalten. Am Ende hatte ich doch eine Menge an Informationen zusammengetragen, die demnächst in einem Buch erscheinen werden.
Busch: Nikolaus Fey hat sich zu sehr vom Nationalsozialismus begeistern lassen, als dass er noch Namenspatron einer Schule sein kann.
Busch: Auch wenn sich der weitaus allergrößte Teil seines Schaffens mit fränkischem Brauchtum, Mundart und christlichen Themen beschäftigt, hat er als Schreiber und Redner auch deutlich die nationalsozialistische Propaganda unterstützt und sich aktiv daran beteiligt, den Schein einer bürgerlichen Ordnung aufrechtzuerhalten. Nicht von ungefähr erhielt Nikolaus Fey nach dem Zweiten Weltkrieg fünf Jahre Schreibverbot. Er war als Aktivist angeklagt, wurde später aber als Mitläufer eingestuft. Seine eineinhalb Jahre im Generalgouvernement Krakau, wo er in der Abteilung „Kultur“ für „Schrifttum und Volkstum“ zuständig war, wird ihm heute besonders zur Last gelegt. Ich dagegen glaube, dass bei Fey hier ein spätes Umdenken einsetzte. Auch in dem Spruchkammerverfahren nach dem Krieg wurde seine Tätigkeit in Krakau nicht als belastend angesehen.
Busch: Das ist richtig und mir ist auch klar, dass man damals Zwängen unterworfen war, die wir im Jahr 2021 gar nicht nachempfinden können. Ich kann verstehen, dass Menschen wie Nikolaus Fey 1933 noch nicht überschauen konnten, wohin die Reise gehen wird. Später aber schon. Leider hat sich der Dichter auch nach acht Jahren Unterdrückung und Diktatur im Jahr 1941 zu seinem 60. Geburtstag, immer noch sehr unkritisch über den Nationalsozialismus geäußert.
Busch: Es steht völlig außer Frage, dass sich Nikolaus Fey große Verdienste als Schriftsteller und Bewahrer fränkischen Brauchtums erworben hat. Diese Leistung kann und will ihm auch niemand nehmen. Aber wir dürfen die zwölf Jahre des Nationalsozialismus eben nicht einfach ausklammern. Diese Zeit liegt als dunkler Schatten auf seiner Biografie und Fey kann hier mit seinem Engagement für unsere Schüler nicht als Vorbild gelten.
Busch: Ja. Ich habe den Schulgremien meine Erkenntnisse vorgetragen. Dort werden sie jetzt weiter beraten.
Busch: Meine Empfehlung war eindeutig. Aber in den Entscheidungsprozess sind viele Gruppen eingebunden, die sich intensiv beraten. Neben dem Schulverband auch Lehrer und der Elternbeirat.
Busch: Wir müssen uns auch mit unserer jüngeren Geschichte auseinandersetzen können. Ich kann mir sehr gut eine Tafel im Schulgebäude vorstellen, auf der die Verdienste von Nikolaus Fey gewürdigt werden. Auf der aber auch klargemacht wird, warum er als Namensgeber für eine Bildungseinrichtung nicht tragbar ist. Unser Ziel sollte es immer sein, aus der Geschichte zu lernen.
Busch: Nein, jetzt müssen wir erst einmal die Entscheidung der Gremien abwarten. Wir brauchen diesbezüglich auch nichts überstürzen. Wir haben 50 Jahre den Namen Nikolaus-Fey-Schule getragen. Ich habe kein Problem damit, wenn wir in den nächsten Jahren zunächst einmal Grundschule Wiesentheid heißen.
Zur Person
Nikolaus Fey (1881 bis 1956) wurde in Wiesentheid geboren, studierte Philosophie und Geschichte in München und Berlin. Er nahm am Ersten Weltkrieg teil, von dem er verwundet heimkehrte. 1918 zog er nach Lohr, wo er den Lohrer Anzeiger leitete. 1923 gründete er seinen eigenen Verlag, in dem er seine Essays und Dichtungen veröffentlichte. Sein bekanntestes Werk ist „Bauernkrieg 1525 - Florian Geyer.“ 1951 wurde er zum Ehrenbürger Wiesentheids ernannt. 1972 wurde die Grund- und Mittelschule nach ihm benannt.
NS-Vergangenheit: Der Würzburger Stadtrat setzte im Jahr 2015 eine Kommission ein, die sich mit Namensgebern verschiedener Straßen beschäftigte, die in der Nazi-Zeit gelebt haben. Unter anderem mit Nikolas Fey. Das Ergebnis: Er habe aktiv an der Ausgestaltung nationalsozialistischer Propaganda-Inszenierungen mitgewirkt und von der NS-Herrschaft persönlich profitiert. Fey sei als überzeugter Nationalsozialist anzusehen. Seither wird in vielen Gemeinden und Städten in der Region über Nikolaus Fey diskutiert. In rund 20 Gemeinden ist eine Straße nach ihm benannt ist. (ktlrd)