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WIESENTHEID
Nikolaus auf Abruf
Tradition trifft Moderne: Mirco Dornberger ist seit zehn Jahren am 6. Dezember als Nikolaus unterwegs. Die meisten Familien feiern traditionell mit kleinen Geschenken, aber es gibt auch Ausnahmen.
Lasst uns froh und munter sein: Heute klopft bei vielen Familien der Nikolaus an die Tür. Im Bild die Wiesentheider Nikoläuse und ihre Helfer: Benedikt Schug, Johannes Ruland, Christian Sturm, Mirco Dornberger. Im Sack finden sich nicht nur Nüsse und Orangen. Es kann schon auch mal ein Fernseher sein, wie Mirco Dornberger verraten hat.
Foto: Dornberger | Lasst uns froh und munter sein: Heute klopft bei vielen Familien der Nikolaus an die Tür. Im Bild die Wiesentheider Nikoläuse und ihre Helfer: Benedikt Schug, Johannes Ruland, Christian Sturm, Mirco Dornberger.
Von unserem Mitarbeiter Andreas Stöckinger
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:00 Uhr

Manche Kinder freuen sich und ziehen den Nikolaus regelrecht ins Haus, wenn er kommt. Es gebe aber auch welche, die sich im Schrank verstecken, wenn es am Nikolaus-Tag klingelt.

In Wiesentheid schlüpfen die Pfadfinder seit etlichen Jahren in das Kostüm des einstigen Bischofs. Auch Mirco Dornberger ist jedes Mal am 6. Dezember als Nikolaus unterwegs. Er weiß aus zehnjähriger Erfahrung, dass der alte Mann mit dem Rauschebart nach wie vor eine besondere Wirkung auf Kinder hat.

Am 6. Dezember haben Dornberger und seine Helfer wieder Hochbetrieb. Wenn es am Nachmittag beginnt zu dämmern, ist der Nikolaus in rund 25 Haushalten in Wiesentheid und Umgebung mit seinem Knecht unterwegs. „Das ist stressig, weil natürlich alle Familien den 18-Uhr-Termin haben wollen. Das geht natürlich nicht, wir beginnen ab 15.30 Uhr, der letzte Besuch ist für 20 Uhr vorgesehen“, sagt Dornberger. Ein anstrengender, aber auch sehr schöner Tag liegt vor ihm. Die Pfadfinder machen den Besuch auf Spendenbasis.

Dieses Jahr koordiniert Dornberger quasi als Chef des Nikolaus-Büros die Termine und schlüpft bei Bedarf auch selbst in das Gewand eines Bischofs, um die Kinder zu erfreuen, oder auch zu ermahnen. Je zwei Kostüme für den Nikolaus und den Knecht haben sich die Pfadfinder mittlerweile angeschafft. Heute haben die Wiesentheider zwei Teams im Einsatz, jeweils mit einem Fahrer. Er legt zwischen den einzelnen Terminen die dazu gehörenden Texte und Geschenke zurecht.

Die „Frühschicht“ am Vormittag übernimmt Mirco Dornberger selbst, schließlich gilt es außerdem, bei drei Kindergärten vorbeizuschauen. Nicht nur im Kindergarten wird er meist freundlich empfangen. „Die Kinder sitzen im Kreis, singen ein Lied, du klopfst, sagst dann dein Gedicht mit lauter Stimme. Dann wird es erst einmal ruhig“, weiß der 26-Jährige aus Erfahrung. Natürlich bekomme jedes Kind sein Geschenk, manchmal sogar noch unterlegt mit einem kurzen Reim.

In den Familien, die den Nikolaus privat gebucht haben, läuft der Abend meist ähnlich traditionell ab. Häufig ist die ganze Familie versammelt, einschließlich Opa, Oma und Paten, wenn der Nikolaus samt Knecht Ruprecht läutet. Die Geschenke, wie auch den Text, der vorgetragen wird, haben die Eltern im Vorfeld bereits bei den Pfadfindern abgegeben. Die Bandbreite reiche hier von umfangreichen Gedichten, bis hin zu kurzen Versen für den Nachwuchs.

„Sie handeln davon, dass die Kinder abends nicht ins Bett wollen, dass sie in der Schule nicht gut sind, nicht aufräumen wollen, Widerworte geben oder ihre Zähne nicht putzen wollen“, zählt Dornberger die typischen negativen Dinge auf. Da dürfe der Knecht schon mal mit der Rute drohen. Gelobt werde natürlich auch, etwa dass die Kleinen zu Hause mithelfen, schön spielen, und so weiter. Manchmal nimmt der Nikolaus symbolisch die Babyflasche oder den Schnuller mit.

Zum guten Schluss werden die Kinder vor den Nikolaus gebeten und sie folgen schneller, oder langsamer – je nachdem, wie ihr Gewissen sei. „Wir machen gemeinsam den Sack auf, um zu schauen, was für ein Geschenk drin ist“, erklärt Dornberger. Auch bei den Geschenken bestünden teils enorme Unterschiede. Die typische Nikolaus-Socke mit Orangen, Nüssen, Süßigkeiten und einem kleinen Geschenk sei häufig. „Wir haben aber auch schon Fahrräder, Riesen-Lego-Spielzeug oder sogar ein Fernsehgerät reingeschleppt“, berichtet er von Ausnahmen.

Richtig Angst vor dem Nikolaus zeigten heute jedoch kaum Kinder, eher im Gegenteil. Einmal bat ihn ein Steppke, er möge doch noch bleiben und ihm eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen, weil er jetzt ins Bett müsse. Das gehe aber schon aus zeitlichen Gründen nicht. Häufig gäben die Kleinen dem Nikolaus auch gleich ihren Wunschzettel für Weihnachten mit.

Für manche Frage der Kinder müsse man gewappnet sein, weiß Mirco Dornberger. „Sie wollen etwa wissen, ob wir mit dem Schlitten da sind, warum wir letztes Jahr nicht da waren, und so weiter. Oder warum wir nicht diese rote Mütze aufhaben. Wir sind als Bischof verkleidet, nicht wie die amerikanische Version“. Selbst auf die Frage, warum er als Nikolaus Feuerwehrstiefel anhabe, fiel Dornberger einst spontan eine Antwort ein.

Erkannt hat ihn bislang keines der besuchten Kinder. Ab und zu treffe man am 6. Dezember auch auf andere Nikoläuse oder auf Kinder, die gerade zu Fuß in der Siedlung unterwegs sind. Für solche Fälle habe man immer etwas Süßes einstecken.

Wenn die Nikolaus-Trupps am Abend ihren Dienst getan haben, werden sie von dem Tag wieder manch kurioses, lustiges Ereignis, aber auch das Strahlen der Kinderaugen in ihrem Gedächtnis behalten. „Das ist eine schöne Erfahrung und macht auch Spaß“, sagt Dornberger. Und das Geld für das spätere gemeinsame Essen dürfte auch herausgesprungen sein.

Feier am 6. Dezember

Der Brauch des Nikolaus-Tages geht auf den heiligen Bischof Nikolaus zurück, der im vierten Jahrhundert nach Christus als Bischof von Myra wirkte. Die Stadt heißt heute Demre und gehört zur türkischen Provinz Antalya.

Seit Jahrhunderten wird er als Wohltäter und Geschenkbringer der Kinder verehrt, was ursprünglich auf das biblische Gleichnis von den Talenten zurück gehen soll. Zum Nikolaustag gibt es neben etlichen Bräuchen und Legenden auch zahlreiche Lieder. Das bekannte „Lasst uns froh und munter sein“ entstand im 19. Jahrhundert im Hunsrück.

Früher wurden Nikolaus-Schiffchen aus Papier gebastelt, in die der Nikolaus seine Gaben legen sollte. Heute sind es Schuhe, Strümpfe oder Stiefel. Der Coca-Cola-Nikolaus wurde von 1931 an zur Werbung für das Getränk benutzt.

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