
Miss Marple wäre stolz auf die Wiesenbronner. In filmreifer Ermittler-Manier hat das Krämerladen-Team um die Geschäftsleiterinnen Claudia Djuren und Christiane Pötzl zwei Ladendiebe erwischt.
Seit Mitte Juli 2023 kann man in Wiesenbronn rund um die Uhr einkaufen. Ab 13 Uhr ist kein Personal mehr da, aber dafür eine "sprechende Kasse", die beim Bezahlen der Waren hilft. Im Herbst 2023 hatten die Geschäftsleiterinnen eine erste Bilanz gezogen: "Wir haben bisher durchweg positive Erfahrungen mit 24/7 gemacht", sagten die Cousinen übereinstimmend. "Nicht nur, weil der Umsatz gestiegen ist, sondern auch, weil unsere Kunden einfach super sind, ehrlich und aufrichtig."
Ein Vierteljahr später ist klar: Es gibt auch schwarze Schafe. Aber sie bleiben nicht unentdeckt.

Waren in die Taschen und in den Ausschnitt gesteckt, ohne zu bezahlen
Zum ersten Mal stutzig wurde das Team Ende November. "Ich bin früh in den Laden gekommen und da war das Schloss am Alkoholschrank umgebogen, die Tür stand offen", berichtet Claudia Djuren. Christiane Pötzl sichtete deshalb die nächtlichen Aufzeichnungen der Videokameras und entdeckte darauf zwei verdächtige Personen. "Die waren insgesamt dreimal im Laden, jedes Mal haben sie sich Waren in die Taschen gesteckt, ohne zu bezahlen." Die Geschäftsleiterinnen prägten sich die Bilder der Fremden ein und sperrten die Bankkarte, mit der das Duo sich Zutritt verschafft hatte.

Doch schon am nächsten Tag kam der ungebetene Besuch wieder. "Nachmittags, abends und nachts haben wir sie auf den Kamerabildern entdeckt", erzählt Christiane Pötzl. "Die haben einfach eine andere Bankkarte benutzt." Anfangs hätten die beiden ihre Gesichter noch unter Kapuzen versteckt, doch bald schon nicht mehr. "Die Frau war besonders dreist, die hat sich grinsend alle möglichen Sachen in den Ausschnitt gesteckt." Plötzl und Djuren übergaben die Kameraaufzeichnungen der Polizei und erstatteten Anzeige gegen unbekannt.
Live-Bilder aus dem Krämerladen zeigen: Die Diebe schlagen gerade wieder zu
Nach einem stressigen Tag wollte es sich Christiane Pötzl auf der Couch gemütlich machen. "Da hatte ich so einen Drang, nochmal kurz auf die App zu schauen." Plötzlich war die junge Frau wieder hellwach: "Auf den Live-Bildern aus dem Krämerladen war eindeutig das Gaunerpärchen zu sehen!"

Mann nimmt Verfolgung in Schlafanzughose und Badelatschen auf
Ohne lang zu überlegen sprang Christianes Mann Michael Pötzl – in Schlafanzughose und Badelatschen – ins Auto und düste zum Tatort. Unterdessen funkte seine Frau SOS an ihren Vater Gerald. Auch er machte sich schleunigst auf den Weg zum Dorfladen. Christiane Plötzl verfolgte per Handy, was die Diebe trieben, und versuchte parallel, sowohl die Polizei als auch ihre Cousine Claudia Djuren telefonisch zu alarmieren.

"Ich hab' die ganze Zeit gebetet, dass alles gut geht", erzählt Christiane Pötzl. "Und dass die Diebe noch da sind, wenn Michi und Papa kommen." Das klappte jedoch nicht. Christiane musste per Handy zusehen, wie die beiden den Krämerladen verließen. Ein paar Minuten später kam Michael Pötzl schon wieder heim – "voller Adrenalin". Er berichtete, dass ihm die Langfinger im Auto entgegengekommen seien. Er habe gewendet, das Auto verfolgt, sich das Kennzeichen notiert – und er wisse, wo die Täter, die nicht aus der Gegend stammen, das Fahrzeug abgestellt hatten.

Wenig später, gegen 20.45 Uhr, trafen zwei Polizeibeamte bei den Pötzls ein. "Sie haben den Sachverhalt aufgenommen und einen Durchsuchungsbefehl eingeholt", erklärt Christiane Pötzl. Gegen 22.15 Uhr kamen noch zwei Polizisten dazu. Gemeinsam machten sich die Beamten auf den von Michael Pötzl beschriebenen Weg. "Leider durfte ich zu dem Einsatz nicht mitkommen. Dabei wäre ich so gerne dabei gewesen, wenn sie die Täter erwischen", bedauert Christiane Pötzl.
Polizei stellt fast die gesamte Beute sicher
Die Beamten überraschten das Gaunerpärchen in einem Mietshaus an der beschriebenen Adresse. Sie nahmen die beiden mit aufs Revier, wo sie laut einer Polizeisprecherin 400 Euro Sicherheitsleitung hinterlegen mussten. "Fast die gesamte Beute war noch im Haus. Wir kriegen das meiste laut Polizei wieder", sagt Claudia Djuren, die erst mitten in der Nacht von der ganzen Aufregung erfuhr: "Ich bin beim Zubettbringen meiner Tochter eingeschlafen und hörte Stunden später Christianes Jubel auf dem Handy: 'Mir ham'se, mir ham'se!'"

Den reinen Beuteschaden schätzen Djuren und Pötzl auf 200 bis 250 Euro – ohne den Schaden am Kühlschrank, den das Team selbst beheben konnte. "Die Diebe haben wahllos alles Mögliche eingepackt, von Deo über Babysachen, Alkohol, Tiefkühlwaren und Wurstpäckchen bis hin zu Naschsachen", analysiert Claudia Djuren. "Die haben wohl gedacht, sie könnten sich benehmen, wie sie wollen. Aber da haben wir ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht." Christiane Pötzl nickt und ergänzt: "Nicht mit uns! Wir sehen alles!"

Was den Kriminellen strafrechtlich von der Staatsanwaltschaft droht, ist noch offen. Fürs Krämerladen-Team ist die Sache jedoch abgehakt. "Am schlimmsten ist für uns, dass die Diebe uns viel Zeit geklaut haben." Der Versicherung haben die Geschäftsleiterinnen nicht eingeschaltet, denn die Selbstbeteiligung wäre so hoch, dass sich das nicht lohnen würde. "Trotz dieser Geschichte sind wir voll vom 24/7-Konzept überzeugt", betont Claudia Djuren. "Die allermeisten Kunden machen uns einfach Freude."