
Sie haben den Kitzinger Stadtrat über viele Jahre hinweg mitgeprägt. Bei der Wahl am 15. März sind sie alle drei knapp gescheitert. Ein Gespräch mit Lokalpolitikern, die viel Zeit in ihre Heimatstadt investiert haben. Und denen in den nächsten Jahren trotz einer Wahlniederlage nicht langweilig wird.
Franz Böhm saß 42 Jahre lang im Kitzinger Stadtrat. Länger als jeder andere. Er hat vier Oberbürgermeister erlebt, war zwölf Jahre lang Stellvertreter. Knapper als er ist keiner gescheitert. Dennoch wirkt Böhm entspannt. „Ich bin nicht geschockt“, versichert er. Zwei Jahre hätte er gerne noch als Stadtrat gearbeitet, die neuen Kollegen seiner Gruppierung ProKitzingen eingearbeitet. „Dann hätte ich eh Schluss gemacht“, bekennt er. 2022 wird Franz Böhm 80 Jahre alt. „Mit einem Achter vornedran will ich nicht mehr im Gremium sitzen. Das habe ich immer schon gesagt.“
Manfred Marstaller hätte gerne noch mal sechs Jahre für seine Gruppierung im Stadtrat gearbeitet. Platz drei hat auf der UsW-Liste nicht gereicht. „Unser Wahlkampf ist suboptimal verlaufen“, sagt der Fraktionsvorsitzende. Er weiß: Ohne eigenen OB-Kandidaten verliert man auch bei der Stadtratswahl Stimmen. „Darüber ist bei uns viel zu spät geredet worden.“ Gerade bei den jungen Mitglieder sei der Frust deshalb groß. „Es ist eh nicht leicht, sie für die Lokalpolitik zu begeistern“, weiß Marstaller, der sich einen Generationenwechsel in der eigenen Gruppierung gewünscht hätte.
Der 67-Jährige will nun auf eine schnelle und gründliche Aufbereitung der Wahlergebnisse drängen. „Wir müssen uns kritisch über die Situation unterhalten“, fordert er. Die UsW sieht er am Rande des Abgrunds. Acht Stadträte plus OB zählte die Gruppierung in ihrer besten Zeit. Zwölf Jahre ist das gerade mal her. Jetzt zählt sie nur noch zwei Stadträte. Marstaller: „Das ist schon heftig.“ Neben der geringen Wahlbeteiligung von gerade mal 48 Prozent hat er eine weitere Erklärung: „Die Stadt hat die Erfolge schlecht oder gar nicht kommuniziert.“ Dabei sei vieles unter OB Siegfried Müller bewältigt worden. Gerade im Bereich Schulen, Kindergärten und Sporthallen seien Millionen investiert worden. „Dennoch meinen viele Bürger, es habe sich nichts bewegt“, wundert sich Marstaller und kritisiert die Öffentlichkeitsarbeit im Rathaus: „Wir haben zu oft reagiert und zu selten agiert.“
Mit acht Stadträten ist und bleibt die CSU die stärkste Kraft im neuen Stadtrat. Eventuell stellt sie mit Stefan Güntner auch den kommenden Oberbürgermeister. Zwölf Jahre hat sich Hartmut Stiller gerade für soziale Themen und die Belange der Senioren stark gemacht. „Am Montag nach der Wahl war ich schon recht enttäuscht“, bekennt er. Langeweile dürfte bei Hartmut Stiller trotzdem nicht aufkommen. Als VdK-Orts- und Kreisvorsitzender wird er sich weiter engagieren. Als ehrenamtlicher Sozialrichter ebenso und für die Kirchen ist er auch im Einsatz. Die zwölf Jahre im Stadtrat bezeichnet er als „im Großen und Ganzen harmonisch“. Allerdings hätte er sich eine intensivere Zusammenarbeit der einzelnen Fraktionen gewünscht. „Bei manchen Gruppierungen wird doch sehr viel Parteipolitik gemacht“, bedauert er.
Eine Einschätzung, die Franz Böhm aus all seinen Jahren nur zu gut kennt. Im neuen Gremium wird es zehn Parteien und Gruppierungen geben. „Das macht es nicht einfacher.“ Sein Rat an den neuen OB: Beizeiten stabile Mehrheiten suchen, um die wichtigsten Themen gemeinsam durchzuziehen. So war es zu seinen Anfangszeiten, als die CSU zweistellig im Gremium vertreten war. Und so hat Böhm es nach eigenen Worten auch später gehalten. „Ich war nie ein großer Parteikämpfer“, meint der Mann, der 1978 als jüngster CSU-Stadtrat ins Gremium gewählt worden ist und 2008 nach internen Streitigkeiten die CSU verließ, um die Gruppierung Pro Kitzingen zu gründen. Wichtiger sei ihm in all den Jahren gewesen, die nötigen Stimmen für eine wichtige Abstimmung zusammenzubekommen – über die Parteigrenzen hinweg. Eine gute und rechtzeitige Kommunikation mit den Stadtratskollegen sei deshalb entscheidend. „Da ist in den letzten Jahren einiges falsch gemacht worden“, kritisiert er. Franz Böhm will sich jetzt mehr um die Familie kümmern, den Vorsitz seiner Gruppierung wird er allerdings behalten. „Peu a peu werde ich nach einem Nachfolger suchen“, kündigt er an. Auch Manfred Marstaller freut sich, erheblich mehr Zeit für sich und seine Enkelin zu haben. 325 Termine habe er als Sportreferent und Vorsitzender der Rechnungsprüfung im Rathaus in einem Jahr gehabt. „Ohne die Besprechungen mit dem OB.“ Der UsW will er treu bleiben. „Das hängt aber davon ab, wie sich die Führung in den kommenden Wochen verhält“, schränkt er ein. Der Generationswechsel ist für ihn dabei entscheidend.
Nach ein paar Tagen Abstand kann auch Hartmut Stiller sein Ausscheiden akzeptieren. „Es Lebbe geht weider“, zitiert er den Fußballtrainer und Freizeit-Philosophen Dragoslav Stepanovic. Ein Satz, der für alle drei lang gedienten Stadträte gilt.


