Da waren sich alle Ratsmitglieder in Wiesentheid einig: der Schlossplatz und die Ortsdurchfahrt peppen den Ort optisch gewaltig auf. Einigkeit herrschte auch bei der Kehrseite der Medaille: der Verkehrslärm, der seitdem im Ort herrscht, ist durchaus mit "nahezu unerträglich" umschrieben worden. Ein gemütlicher Plausch am Kirchplatz, eine ungestörte Kirchenführung, ein Telefonat am Arbeitsplatz im Rathaus oder entlang der sanierten Straße sind wegen des Lärms in dem Bereich "undenkbar" geworden. Somit rückte in der jüngsten Ratssitzung ein weiteres Thema in den Vordergrund unter "Sonstiges": Tempo 30 im Bereich der sanierten Örtlichkeiten.
Weil die Sanierung sowohl vom Landkreis als auch vom Freistaat initiiert und finanziert worden war, "können das auch nur diese beiden machen", verdeutlichte Bürgermeister Klaus Köhler. Um mit den Verantwortlichen zu verhandeln, wollte er den Ball in den Gemeinderat spielen, mit "allen Vollmächten für Delegierte". Doch im Gremium prallte dieser Ball wie von einer Gummiwand zurück zu Köhler. "Wir können zwar einen Beschluss über Verhandlungen schließen", sagte Georg Stürmer, "aber die Verhandlungen kann keiner von uns machen, das ist Sache des Bürgermeisters."
Gegen Flüsterasphalt entschieden
Der unternahm einen erneuten Versuch der Abwehr. Neues Pflaster könne man erst einbauen, wenn die notwendigen Entlastungsstraßen stehen würden. Und: "Wir haben es vorab gewusst und uns gegen Flüsterasphalt entschieden, mit dem Wissen, dass es lauter werden könnte". Zudem läge ein Lärmgutachten vor, mit dem Ergebnis, dass die ermittelten Daten "im genehmigten Rahmen liegen".
Das sah Stürmer etwas anders. Mit einer Handy-App hatte er den Lärmpegel gemessen, mit dem Ergebnis, dass der Lärm um zehn dBA über dem Grenzwert liege. Dass es schon einen Unterschied mache, ob mit dem Handy oder wissenschaftlichen Instrumenten gemessen werde, wie Köhler anmerkte, war Stürmer natürlich klar. Nur: "Wir sind aufs Meer geschickt worden, mit einem Boot, das ein Loch hat, und jetzt verbietet man uns das Wasserschöpfen", monierte er. Denn so ohne Weiteres darf die Gemeinde nicht einfach irgendwelche Pflastersteine austauschen. Was dem Rat auch klar war.
Gleichwohl müsse eine Lösung her, so der Tenor im Rat. Was auch der Bürgermeister so sah, der nach eigenem Bekunden in seinem Büro bei offenem Fenster kein Telefonat führen könne. "Als wir damals die Sanierung diskutiert hatten", so Otto Hünnerkopf, "herrschten bei uns auch andere Vorstellung von Entlastungs- und Umgehungsstraßen." Das Pflaster sei eine wirtschaftliche Entscheidung gewesen, doch "wir sollten vor den Augen der Bürger nichts unversucht lassen und auch ganz dicke Bretter bohren, damit wir eine Geschwindigkeitsbegrenzung bekommen."
Vielleicht, so Michael Rückel, könne man erstmal mit einer Reduzierung in den Nachtstunden anfangen. Denn nachts würde Lärm "noch deutlicher als tagsüber" empfunden. Wer solle es denn überwachen, entgegnete Stefan Maurer. Hünnerkopf plädierte eher für ein Tempolimit während des Tages, damit etwa auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in der Tourist-Info arbeiten könnten. Letztlich nahm der Bürgermeister auch ohne Beschluss den Auftrag des Rates entgegen, zumindest eine Lärmmessung durchführen zu lassen.