Zwei Jahre sind vergangen, seit die Erde in Nepal gebebt hat. Die Erdbeben am 25. April und am 12. Mai 2015 haben verheerende Zerstörungen verursacht. Auch heute noch sind die Folgen des Erdbebens deutlich sichtbar, aber es geht aufwärts. Das haben Christine Reuter (Bad Mergentheim) und Peter Schöderlein (Dettelbach) bei ihrem Besuch in Nepal festgestellt. Die Extrembergsteiger, die jährlich neue Herausforderungen suchen, unterstützen seit mehr als 20 Jahren Hilfsprojekte in Nepal. Allein seit dem Beben haben die beiden bei ihren Besuchen 134 000 Euro mitgebracht.
Jährlich ein Besuch in Nepal
„Einmal im Jahr sind wir vor Ort“, sagt Schöderlein. Dann reisen sie in das ehemalige Königreich im Himalaya, um sich ein Bild von der Lage des stark geschwächten Landes zu machen. „Ursprünglich sind wird wegen der Berge nach Nepal gekommen“, so der Dettelbacher. Bei ihren Expeditionen haben sie die überwältigende Bergwelt des Himalaya, aber auch die Liebenswürdigkeit und Hilfsbereitschaft der Nepali kennengelernt. Die Menschen dort sind es, die sie immer wieder nach Nepal zurückkehren lassen.
Sie sammeln unter anderem über Power-Point-Vorträge Spendengelder, um dieses Land zu unterstützen – ganz besonders nach dem großen Erdbeben 2015. Damals war die Sofortfinanzierung eines Pick Ups hilfreich. So ist es möglich, auch die entlegenen Bergregionen mit Hilfsgütern zu versorgen.
Health Camps in schwer erreichbaren Gebieten
Seit dem Erdbeben finden regelmäßig Health Camps in den schwer zugänglichen Regionen statt, um dort eine medizinische Basisversorgung zu ermöglichen. Im Bir Hospital in Kathmandu befindet sich die über Spendengelder finanzierte Armenapotheke (Dispensary), die für die kostenlose medizinische Versorgung der armen Bevölkerung aufkommt und die nun auch die Medikamente für die Health Camps zur Verfügung stellt. Das begleitende Team aus dem Bir Hospital bestehend aus Ärzten, Apothekern, Pflegern bzw. Schwestern und Assistenzpersonal wird ebenfalls von der Nepalhilfe mitfinanziert.
Schulbildung als wichtige Grundlage
„Ganz wesentlich für die Weiterentwicklung des Landes ist eine fundierte Schulbildung, die in Nepal bis heute noch nicht selbstverständlich ist“, so Christine Reuther. 40 der 62 Schulen, die von der Deutsch Nepalischen Hilfsgemeinschaft (DNH) betreut werden, waren nach dem Beben zerstört. Der Wiederaufbau ging seit der Aufhebung der Grenzblockade seitens Indiens im vergangenen Jahr voran. Allein im März sind 20 Schulgebäude offiziell eingeweiht worden. Im Bergland soll nun durch den Bau weiterer Schulen der Schulweg für die jüngeren Kinder auf maximal eine Stunde verkürzt werden, bisher waren es bis zu zwei.
Neues Schulsystem in ländlichen Gebieten
Die neuen Klassenraummodule, bestehend aus zwei Räumen, ähneln dem Schulbaustil, an den die Schulgemeinschaften gewöhnt sind. Sie haben jedoch einen Vorteil: Sie sind erdbebensicher. Dies wird durch eine Konstruktion erreicht, bei der ein Stahlrahmen die Hauptlast trägt, getrennt von dem nichttragenden Gemäuer.
Die landesweite Etablierung eines neuen Schulsystems ermöglicht in den ländlichen Gebieten den Kindern einen Zugang zur Schule, die gleichzeitig in der elterlichen Landwirtschaft als Arbeitskräfte unentbehrlich sind. Mit der MGML-Methodik (Multi Grade Multi Level) kann jedes Kind nach seinen eigenen Möglichkeiten die Lernfortschritte bestimmen.
So können die Kinder während der Feldarbeit dem Unterricht fernbleiben, nach getaner Arbeit problemlos in den Klassenverband zurückkehren und dort weiterlernen, wo sie zuvor aufgehört haben.
26 Stunden Anreise
Und das künftig auch in zwei Schulen, die dank der Spendenbereitschaft der Unterfranken Reuter und Schöderlein komplett finanziert werden. Nun waren sie als Ehrengäste zur Einweihung geladen. Nach 26 Stunden Reisezeit landeten sie bei Regen und Gewitter in Kathmandu und im Verkehrschaos. Kedar Tamang, der Repräsentant der DNH in Kathmandu, hatte die Einweihungsfeierlichkeiten organisiert. Am zweiten Tag ging es in den Distrikt Sindhupalchok, etwa 40 Kilometer östlich von Kathmandu. Hier befand sich eines der Epizentren. Dort waren 42 Menschen ums Leben gekommen. Nun war die neugebaute Singeswori Primary School bezugsfertig.
Viele, lange Festreden wurden abgehalten, die Gäste wurden mit Katars (Glücksschals) und Blumenkränzen geehrt und durften das um die Eingangstür gespannte rote Band feierlich durchtrennen. Zur Erinnerung ist über dem Eingang eine Tafel mit den Sponsoren angebracht.
Strahlende Gesichter
Am folgenden Tag stand die Einweihung der Narayanidevi-Schule im Distrikt Dhading an, rund 90 Kilometer östlich von Kathmandu. Durch den Regen waren die Fahrwege in sehr schlechtem Zustand. Der Jeep kam oft nur im Schritt-Tempo und unter Allrad-Antrieb voran. Nach siebenstündiger Fahrt war das Ziel am Nachmittag erreicht. 65 Schüler, sieben Lehrer und etliche Dorfbewohner warteten. Zum Auftakt des Festaktes wurde die Nepalesische Nationalhymne gesungen. Wieder gab es lange Reden. Reuter und Schöderlein hielten ihre Ansprache auf Englisch. Kedars Übersetzung ins Nepali dauerte um einiges länger, am Ende sah man in lauter strahlende, zufriedene Gesichter.
Zurück auf schlammigen Wegen
Die Kinder hatten volkstümliche Tänze einstudiert. Wieder gab es viele Blumenkränze und Katars. Mit einer Tika (dem roten Freundschaftspunkt auf der Stirn) durften die Ehrengäste wieder das rote Band durchschneiden und die Erinnerungstafel über dem Schuleingang feierlich enthüllen. Nach einem anschließenden Small Talk im Lehrerzimmer ging es zum Übernachten weiter nach Ripagaun, einem kleinen Bergdorf in der Nähe. Der Rückweg führte wieder über schlammige Pisten, bis endlich der Pokkhara Highway, der Verbindungsweg nach Indien, erreicht war. Wie ein großer Lindwurm schlängelten sich die Truks im Schritt-Tempo hinauf nach Kathmandu.
Zum Schluss blieb noch ein wenig Zeit, um das Shaligram-Kinderhaus in Lhubu und die angeschlossenen Farmlands zu besuchen. Wie jedes Jahr wurde die Gärtnerfamilie mit reichlich Samen beliebter Gemüsesorten bedacht. Am Ende der Reise statteten die beiden dem Siddhi Memorial Hospital in Bhaktapur einen kurzen Besuch ab. Diese Stiftung untersteht nicht der Regierung. Sie bietet eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung. Auch hier hatte das Erdbeben und später eine große Überschwemmung verheerende Schäden angerichtet. Mit finanzieller Unterstützung auf Spendenbasis geht es auch hier aufwärts.
Ein zweites Zuhause
Für Reuter und Schöderlein wurde Nepal im Laufe der Jahre zu einer zweiten Heimat. „Wir werden das Land auch in Zukunft weiter unterstützen“, sagen die beiden am Ende.
Spenden: Stichwort Erdbeben Nepal: Christine Reuter und Peter Schöderlein, Sparkasse Mainfranken, IBAN DE14 7905 0000 0047 8744 33 BIC BYLADEM1SWU. Für eine Spendenquittung ist die vollständige Angabe der Adresse nötig.