
Am Anfang war der Zufall. Dass Nenzenheim traditionell den Reigen der Weinfeste im Landkreis Kitzingen Anfang Mai eröffnet, ist einem simplen Umstand zu verdanken. Kalkül, der Schnellste sein zu wollen, war jedenfalls nicht im Spiel, als sich 1977 einige Nenzenheimer zusammen fanden, um ein Weinfest aus der Taufe zu heben. Ein Blick in den Veranstaltungskalender zeigte: Um den 1. Mai herum gab es überraschenderweise noch keine weiteren Feste – damit war der Termin auch schon festgelegt.
42 Jahre sollte das so bleiben. Nenzenheim stand für den langersehnten Weinfest-Auftakt im Frühjahr. Immer für vier bis fünf Tage. Immer mit ein paar tausend Besuchern. Der frühe Termin erwies sich als Treffer: Die Gäste strömen, auch und gerade aus dem Mittelfränkischen. An guten Tagen kommen schon mal gut 3000 Besucher zusammen.
Absage am 1. April
Dass die 43. Ausgabe nicht stattfinden würde, deutete sich im März an. Dem Hoffen und Bangen setzte der 26. März ein Ende. An diesem Tag stand das endgültige Aus fest. Ausgerechnet am 1. April, fast wie ein schlechter Scherz, war es dann Claudia Bellanti vorbehalten, in einer Presseerklärung die traurige Nachricht zu verkünden: Die Tourismus-Chefin der Stadt Iphofen schrieb, dass aufgrund "der Empfehlungen des Bundesgesundheitsministeriums sowie der Bayerischen Staatsregierung" das Saisonstart-Weinfest in dem Iphöfer Stadtteil ersatzlos gestrichen werden müsse.

Alexander Hansch, der Vorsitzende des Festausschusses, sowie die Weinfestgemeinschaft und der Sportverein als Veranstalter des Nenzenheimer Weinfests hatten zu diesem Zeitpunkt den ersten Schock schon einigermaßen verdaut. Was da am 30. April fröhlich hätte starten sollte, war von langer Hand vorbereitet. Getreu dem Motto „Nach dem Weinfest ist vor dem Weinfest“ waren die Vorbereitungen für 2020 schon im Sommer 2019 angelaufen. "Die ersten Gespräche sind gleich nach dem Fest", gibt Hansch Einblicke in die Planung. Vergangenen Herbst stand dann auch endgültig fest, wer im Festzelt aufspielen und für die Stimmung sorgen darf.

Für die Planungen im Vorfeld zeichnet der Festausschuss verantwortlich: 16 Personen, wobei je acht vom Weinbauverein und vom mitbeteiligten Sportverein kommen. Beim Weinfest selber packen dann um die 200 Helfer mit an. Im Grunde ist die komplette Dorfgemeinschaft involviert – völlig egal übrigens, ob man in einem der beiden Vereine ist. "Ohne diese Hilfsbereitschaft", sagt Hansch, "ginge es auch gar nicht."
Nenzenheimer Vorreiterrolle
Der Festausschuss musste diesmal allerdings etwas tun, was er noch nie getan hatte: abwickeln. Lange bevor alle Großveranstaltungen bis 31. August verboten wurden, mussten sich die Nenzenheimer mit dem Thema auseinandersetzen und hatten somit eine Art Vorreiterrolle. Alle Beteiligten - vom Zeltverleih über Musiker und Schausteller bis hin zu Maltesern, Sicherheitsdienst und der GWF als Weinlieferant - mussten informiert werden. Und es war nicht immer klar, ob man vielleicht doch irgendwie in Regress genommen wird. Eine Befürchtung, die sich jedoch als unbegründet erwies.
Trotzdem: Der Schaden ist groß. Für alle Beteiligten. Allein den beiden Vereinen als Veranstalter entgeht ein Betrag "im fünfstelligen Bereich", wie Hausch betont. Zwar "stehen beide Vereine auf gesunden Füßen" und man werde den Ausfall irgendwie verkraften. Eines aber passiert auf alle Fälle: "Es sind einige Investitionen gestoppt." Für den Sportverein ist der Erlös wichtig für den Sportbetrieb und den Erhalt des Sportgeländes. Der Weinbauverein unterstützte seit Jahren großzügig die Allgemeinheit und gibt ebenso Geld für die Friedhofsanierung wie für Kirchenfenster oder ein Instrument für den Posaunenchor. Und natürlich muss in das Weinfest-Inventar investiert werden, also in Kühlwagen und Garnituren. Was dann wieder von der Weinfestgemeinschaft den Nenzenheimer Vereinen zur Verfügung gestellt wird.
Den Kopf in den Sand stecken ist aber nicht. Im Gegenteil: Die Vorbereitungen für 2021 laufen bereits.
Wo es ging, wurden die gebuchten Bands erneut genommen. Es bleibt aber ein großer Unsicherheitsfaktor: Hansch hat "im Moment Zweifel, ob wir ein Fest wie bisher noch durchführen dürfen. In diesen unsicheren Zeiten ist nichts fix: Zum Beispiel sei die Frage, wann endlich überhaupt eine Definition für "Großveranstaltung" von der Politik komme. Und wer weiß heute schon, wie lange uns Corona beschäftigt. Deshalb geht Hansch mit einer gesunden Skepsis an die Dinge heran: "Ich bin sehr gespannt, wie 2021 der Weinfestkalender aussehen wird!" Da dürfte er nicht alleine sein.
