Wilhelm Dietrich hat ein Stück Schulter im Fuß. Flapsig formuliert, aber sachlich richtig: Weil ein Riss der Achillessehne aufgrund einer Vorerkrankung trotz einer OP nicht heilte, unterzog er sich an der Klinik Kitzinger Land einer Transplantation. Es war die erste komplizierte Gewebetransplantation dieser Art in der Klinik – und der Beginn der Zusammenarbeit mit dem Würzburger Arzt Dr. Jens Kauczok.
Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie. Da denkt man an Facelifting, an Fettabsaugen und Brustvergrößerungen. An Rekonstruktionen eher selten. Doch auch sie gehören zum Fachgebiet von Dr. Jens Kauczok. Diese aufwändigen Operationen führt der 40–Jährige seit einigen Monaten an der Klinik Kitzinger Land durch.
Bei der rekonstruktiven Chirurgie werden Form und Funktion des Körpers wieder hergestellt, beispielsweise nach Unfällen oder Tumorerkrankungen und bei angeborenen Missbildungen. Das geht mit Fremdmaterial, aber auch mit Eigenmaterial des Körpers.
Ganz einfach ist dies nicht. „Keiner hat unnütze Ersatzteile in seinem Körper“, sagt Dr. Jens Kauczok. „Man muss schauen, wo man etwas wegnimmt, ohne Schaden zu hinterlassen.“ Das funktioniert zum Beispiel am Schulterblatt. Dort verläuft ein Blutgefäß, das die darüberliegende Haut versorgt und das man samt Hautlappen zu einem Teil entnehmen und präparieren kann, erklärt der Arzt und drückt es der Verständlichkeit halber stark vereinfacht aus: „Man schneidet es ab, versorgt die abgeschnittene Stelle und schließt das Blutgefäß an der Stelle, an der man es braucht, wieder an.“
Von der Schulter an die Ferse
Bei Wilhelm Dietrich war es eben die Achillessehne. Der 68-Jährige war auf der Treppe gestolpert, hatte sich die Sehne gerissen. Nach der OP konnte er nach Hause, doch dort bekam er nach einigen Wochen einen Keim in die Wunde. Wieder musste er ins Krankenhaus, sechs Eingriffe folgten, doch die Wunde heilte nicht. „Dann hat mir Dr. Kauczok Gewebe aus der Schulter auf die Ferse verpflanzt.“ Einige Wochen später konnte Dietrich wieder laufen, war schnell wieder so fit, dass er sogar größere Reisen unternehmen konnte. Sein Urteil fällt sehr positiv aus, sowohl über die Klinik Kitzinger Land als auch über den Würzburger Chirurgen. „Ich war superzufrieden.“
Nicht nur nach Unfällen und Verletzungen, auch bei Krebserkrankungen kommt der rekonstruktiven Chirurgie eine wichtige Rolle zu. So lässt sich bei einem Tumor im Kieferknochen das „Ersatzteil“ samt Blutgefäß aus der Wade entnehmen. „Das Wadenbein braucht man nicht zwingend“, erklärt Kauczok. Das Schienbein gibt dem Körper ausreichend Halt.
Etwa 25 Operationen hat der Arzt inzwischen in Kitzingen durchgeführt. Unter anderem hat Kauczok einer Brustkrebspatientin beide Brüste wieder aufgebaut – mit eigenem Material aus dem Unterbauch. Bei sehr schlanken Patienten wird es aus dem Po oder dem Innenoberschenkel entnommen, erklärt er. Dass bei dieser Methode kein Fremdmaterial zum Einsatz kommt, sieht der Arzt als großen Vorteil. Denn vor allem bei vorher bestrahlten Patientinnen könnten Silikonpräparate zu Problemen wie Verkapselungen führen.
Manche Arbeitsbereiche ergänzen die bestehenden Angebote der Klinik. So steht Kauczok in Kitzingen oft mit Dr. Volker Fackeldey am OP-Tisch, beispielsweise wenn große Bauchwanddefekte operiert werden oder große Narbenhernien. „Das geht zusammen einfach besser“, sagt Fackeldey. Er operiert die eigentlichen Brüche, Kauczok übernimmt die Weichteilchirurgie. Fackeldey nennt als weiteren Bereich große Liegegeschwüre bei bettlägerigen Patienten. „Die wurden zwar bisher bei uns auch operiert, aber nicht die in diesem Ausmaß.“
Fackeldey sieht in der Zusammenarbeit mit dem Würzburger Arzt eine deutliche Verbesserung für die Patienten in der Region. Die Klinik Kitzinger Land könne aufgrund der Kooperation eine Versorgung auf dem Gebiet der rekonstruktiven Chirurgie sicherstellen, die bislang nur in den Uni-Kliniken Würzburg und Erlangen angeboten wurde, sagte Klinik-Vorstand Thilo Penzhorn bereits bei Beginn der Zusammenarbeit.
Einsatzgebiet Fettleibigkeit
Sowohl Penzhorn als auch Fackeldey nennen den Bereich Adipositas als weiteres Beispiel. Die so genannte postbariatrische plastische Chirurgie ist oft nötig, wenn ein Patient sehr viel abgenommen hat. „Bei der krankhaften Fettleibigkeit werden heute oft Magenbänder eingesetzt“, so Fackeldey. Patienten verlören auf diese Weise teilweise über 100 Kilo Gewicht.
Nimmt jemand so viel ab, kann sich die Haut nicht mehr zurückbilden, das Gewebe hängt schlaff herunter. Die Betroffenen empfinden die ausgeleierte Bauchdecke, die Oberschenkel und Arme als Makel, trauen sich nicht ins Schwimmbad, manchmal nicht mal mehr unter die Leute. Auch diese Patienten können sich jetzt von Dr. Jens Kauczok in Kitzingen operieren lassen, so dass der Körper wieder eine Form bekommt, mit der sich die Leute dann wohl fühlen.
Genau um diesen Aspekt geht es dem Würzburger Arzt. Er nimmt in seiner Praxis viele Eingriffe aus dem rein ästhetischen Bereich vor, doch die rekonstruktive Chirurgie liegt ihm ganz besonders am Herzen. Er will helfen, die Probleme zu beseitigen, unter denen die Menschen leiden. „Es geht nicht um 'Schönheit'. Es geht darum, dass die Patienten wieder im Alltag zurechtkommen und sich wohlfühlen.“
Zur Person
Dr. Jens Kauczok ist 40 Jahre alt und gebürtiger Schweinfurter. Er studierte in Würzburg Medizin und absolvierte an der Universitätsklinik in Würzburg seine Weiterbildung zum Allgemeinchirurgen. Die weitere Spezialisierung erfolgte an der Universitätsklinik in Aachen und schloss mit der zweiten Facharztzulassung als Plastischer und Ästhetischer Chirurg. Zunächst war Kauczok als Oberarzt in Aachen an der Universitätsklinik tätig und wechselte dann als Geschäftsführender Oberarzt an die Klinik für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Handchirurgie und Schwerbrandverletztenzentrum der Klinik Köln-Merheim. Im vergangenen Jahr übernahm er eine Praxis in Würzburg. Seit Herbst 2014 arbeitet er darüber hinaus mit der Klinik Kitzinger Land zusammen. *len*