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MAINBERNHEIM
Nach Aus für Bären-Schmidt: Der Schock und die Hilflosigkeit
Nach der Lebkuchenproduktion kamen ab 2009 die Goldbären – was zum Verlust von 60 Arbeitsplätzen führte. Für die verbliebenen 92 Mitarbeiter ist im kommenden Jahr Schluss; die Produktion endet im Februar.
Foto: Fotos (2): Frank Weichhan | Nach der Lebkuchenproduktion kamen ab 2009 die Goldbären – was zum Verlust von 60 Arbeitsplätzen führte. Für die verbliebenen 92 Mitarbeiter ist im kommenden Jahr Schluss; die Produktion endet im Februar.
Frank Weichhan
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:01 Uhr
Der Goldbär am Rande des Fabrikgeländes der Firma Bären-Schmidt macht wie eh und je ein fröhliches Gesicht: Frohgemut lädt er zum Fabrikverkauf in 150 Metern Entfernung ein.

Den 92 Mitarbeitern ist alles andere als fröhlich zumute: Der Schock über das am vergangenen Freitag verkündete Ende der Traditionsfirma sitzt noch immer tief. Nach mehr als 150 Jahren ist im kommenden Jahr Schluss, Aus, Ende. Die Produktion in Mainbernheim wird zum 28. Februar 2018 eingestellt, bis zum 30. September 2018 schließt das Werk. Verkündet in einer Pressemitteilung, auf der wiederum der lachende Goldbär zu sehen ist. „Die Werksschließung ist aus wirtschaftlicher Sicht unabdingbar“, heißt es in dem Schreiben aus der Bonner Haribo-Zentrale.

Ins Alter gekommen

Wobei wirtschaftliche Sicht in diesem Fall heißt: Das Werk ist mit seiner Infrastruktur ins Alter gekommen und genügt den modernen Anforderungen nicht mehr. Um die hinzubekommen, müsste völlig neu gebaut werden – und genau das kommt für Haribo in Mainbernheim nicht in Frage.

Dabei knüpfte der Süßwarenhersteller Haribo schon 1971 Kontakte nach Mainbernheim und stieg in das Geschäft ein. Die ehemalige Backwarenfabrik, gegründet 1863, produzierte lange Zeit Lebkuchen und Zuckerwaren. 2009 wurde die Backwarensparte verkauft, schon damals gingen etwa 60 Arbeitsplätze verloren. Danach wurden ausschließlich Gummibärchen produziert.

Kein schönes Wochenende

Bürgermeister Peter Kraus hatte alles andere als ein schönes Wochenende. Das angekündigte Aus sei sowohl für die 92 betroffenen Mitarbeiter als auch für die Stadt Mainbernheim „ein ziemlicher Schlag“. Mit einem Mal fallen damit „ein Drittel der Arbeitsplätze in der Stadt weg“, rechnet Kraus vor. Eine entsprechende Hilflosigkeit macht sich gerade breit. Befürchtungen in Richtung Werksschließung habe es immer mal wieder gegeben. Allerdings sei der Schritt zumindest jetzt „aufgrund der Betriebsergebnisse nicht zu erwarten gewesen“, betont der Bürgermeister.

Als einziger Trost bleibe derzeit, dass „die Geschäftsführung bemüht ist, einen Sozialplan für die Belegschaft“ hinzubekommen. Es gehe jetzt darum, „Übergangslösungen zu finden“, sagt Kraus und weiß aber auch: Das angekündigte Jobangebot in anderen Werken dürfte für die meisten Mitarbeiter kaum in Frage kommen, weil Bonn und die anderen Standorte weit weg liegen und ein Umzug Voraussetzung wäre.

Neben dem Hauptsitz Bonn produziert Haribo auch in Solingen, Neuss und in Grafschaft in Rheinland-Pfalz. Mainbernheim ist der mit Abstand kleinste Standort.

Wie geht es weiter?

Wie es weitergeht, muss in den nächsten Wochen ausgelotet werden. Für kommenden Donnerstag, 12. Oktober, kündigte Ibo Ocak, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung, Gaststätten und Genussmittel (NGG) in der Region Unterfranken, erste Gespräche mit dem Betriebsrat an. Man werde sich zunächst „ausführlich informieren“ und erst danach „eine öffentliche Aussage zu der Situation treffen“.

Stellungnahmen abgelehnt

Der Betriebsrat und die Geschäftsleitung des Mainbernheimer Werks lehnten auf Anfrage dieser Zeitung Stellungnahmen ab und verwiesen an die Zentrale. Wolfgang Poser, bis 2009 Geschäftsführer aus der ehemaligen Eignerfamilie, bedauert die Schließung des Werks. Allerdings sei er schon seit acht Jahren nicht mehr im Betrieb und habe deshalb keine genauen Einblicke mehr, weshalb er sich einen Kommentar versagte.

Traditionsfirma

Die Firma Bären-Schmidt besteht seit 1863 und stellte neben Lebkuchen auch Zuckerwaren her. Seit 1971 gehört das Unternehmen zum Bonner Haribo-Konzern. Zu den Glanzzeiten hatte der Betrieb bis zu 350 Mitarbeiter.

1863 gegründet, muss die Firma Bären-Schmidt in Mainbernheim im September kommenden Jahres dicht machen.
Foto: Frank Weichhan | 1863 gegründet, muss die Firma Bären-Schmidt in Mainbernheim im September kommenden Jahres dicht machen.
 
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  • V. K.
    Eine schlechte Nachricht für Mainbernheim und die Mitarbeiter des Werks. In Zeiten, in denen sich viele andere Betriebe aber um fähige Mitarbeiter bewerben, dürfte sich dort ein gesunder Optimismus breitmachen. Für den ein oder anderen ist das eine gute Gelegenheit sich zu verbessern. Unsere Region hat in dieser Hinsicht viel zu bieten ...
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  • A. S.
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  • W. P.
    Die ausländischen, und teilweise von der EU mitfinanzierten Haribo-Werke produzieren halt einfach billiger. Deshalb wurde sicher auch in den letzten 40 Jahren kaum mehr in den Ausbau des betroffenen Werkes investiert, um jetzt ein Argument für die Schließung zu haben. Scheint von langer Hand vorbereitet gewesen zu sein.
    "Haribo macht gar nicht froh!"
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  • R. A.
    Die passenden Zahlen lassen die Menschen entsprechend leben
    Schaut was die Gewerkschaften rauspressen.
    Passen dann die Zahlen eben nicht mehr, gibts Sozialplaene. Dass die Gewerkschaften das mitzuverantworten haben, will niemand akzeptieren
    Mal nachdenken
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  • S. K.
    Nur noch Zahlen zählen auf dieser Welt.

    Das da aber auch Menschen dahinter stehen
    interessiert keinen.
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