Die Corona-Pandemie und eine Gesetzesänderung haben den Motorradhändlern im ersten Halbjahr eine Berg- und Talfahrt beschert. "Der Crash der Motorrad-Branche" lautete die Überschrift eines Mediums noch im April. Denn in normalen Jahren würden in den Monaten März und April 50 000 Motorräder zugelassen. Doch im März brachen die Zahlen um 16 Prozent ein und im April fiel der Rückgang noch drastischer aus. Dem folgte ein starker Monat Mai mit einem Anstieg um 23 Prozent gegenüber April. Damit waren die Vormonate nahezu aufgeholt und die Motorrad-Branche steht weit besser da als die Kfz-Branche.
Ein neues Gesetz vom Jahresbeginn, wonach Inhaber eines Autoführerscheins unter bestimmten Bedingungen keinen eigenen Motorradführerschein brauchen, um Motorräder bis 125 Kubikzentimeter fahren zu dürfen, führt Jan Perschall vom gleichnamigen Honda-Motorradhaus als einen Hauptgrund für die aktuelle Motorrad-Konjunktur an.
Weg zum Roller geebnet
Der besagte Personenkreis muss jetzt nur je fünf Stunden Theorie und Praxis bei einer Fahrschule absolvieren, um dann auf eine 125er-Maschine steigen zu dürfen. Die Erfahrungen der hiesigen Motorradhändler untermauern Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes mit einem Zuwachs von 111 Prozent bei Leichtkraftrollern und 60 Prozent bei Leichtkrafträdern im Mai. Dagegen nehmen sich die 6,3 Prozent mehr bei den Krafträdern relativ spärlich aus. "Wir haben nur noch zwei Modelle im Haus stehen; alles andere ist verkauft in einem bislang unter dem Strich guten Jahr", resümiert der Volkacher die zu Ende gehende Motorrad-Saison.
Anders verhält sich die Situation bei Moto Knott im Kitzinger Stadtteil Etwashausen. "Bei uns hat sich das Geschäft vom Verkauf zu den Werkstattreparaturen verlagert", sagt Rita Knott. Immer mehr Kunden aus umliegenden Landkreisen würden ihre Maschinen dort warten und reparieren lassen. Ihr Mann Harry Knott sieht derweil Gewitterwolken am Himmel der Biker aufziehen. "Unsere Politiker machen das Motorradfahren mit den Gesetzen immer unpopulärer", kritisiert der ehemalige Deutsche Meister im Seitenwagen-Moto-Cross.
"Wenn die Bikes alle Euro-5-Vorschriften erfüllen müssen, dann geht das auf Kosten der Leitung und des Sounds", prognostiziert der Fachmann. Zudem sieht er Wochenende-Fahrverbote, wie sie heuer angekündigt waren, noch nicht ganz vom Tisch. Den Motorrädern würde seiner Ansicht nach gerade von Umweltpolitikern ein schlechtes Image angedichtet, während die Elektrofahrräder in den Himmel gehoben würden.
Nachholeffekt nach verkorkstem Saisonstart
Die Bilanzen bei Motorrad Müller in Gerolzhofen und Motorrad Welink in Oberschwarzach decken sich mit denen der Kollegen im Kitzinger Landkreis. "Da die Geschäfte wegen dem Lockdown geschlossen waren, kam im Mai der Nachholeffekt", sagt Astrid Welink. Als bester Umsatzbringer habe sich dieses Jahr eine Mischung aus Straßen- und Gelände-Motorrad entwickelt.
Auch bei Zweirad Müller waren die 125er-Bikes der Renner und laut Jürgen Müller könnte ein innovatives Zweirad für sein Haus neue Umsatzzuwächse generieren. Denn derzeit testet die Mediengruppe Main-Post für Zusteller Elektroroller aus dem Hause Müller. Diese emissionsfreie Antriebsart würde gerade in Städten die Umweltbelastung vermindern, den CO2-Ausstoss reduzieren und mit umweltfreundlich erzeugtem Strom gefahren werden können.
Überörtlich brummt die Motorrad-Konjunktur heuer noch mehr. Lauf Kraftfahrtbundesamt sind die Neuzulassungen für Bayern im Juli um 52 Prozent in die Höhe geschnellt. Dementsprechend konnte die Motorrad-Branche alleine im Juni in den Umsätzen um 30 Prozent zulegen. Wie beschrieben, profitiert die Branche vor allem durch die Fahrerlaubnis-Regelung für die 125er-Leichtktafträder und Roller. Derweil nahm unter den schweren Maschinen die BMW R 1250 GS deutschlandweit die Spitzenstellung mit knapp 4000 Stück ein, gefolgt von der Kawasaki Z 900 mit 1338 Exemplaren.