Mit einer Flasche Wodka fing alles an: Im Januar 2017 begann auf einer Baumesse in München die Partnerschaft zwischen Wiesenbronn und der mongolischen Hauptstadt Ulaanbaatar. Der Mongole Erdem Khurelbaatar kam dort zum Stand der Schreinerei Ackermann, „mit einer Flasche Wodka und einem Kaschmirschal in der Hand“, wie Manfred Weid erzählt. Nach einem kurzen Gespräch und dem Austausch der Visitenkarten hörten sie erst ein halbes Jahr später wieder voneinander. In einer E-Mail kündigte der mongolische Schreinereibetreiber seinen Besuch in Wiesenbronn an. „Im November haben wir dann den Austausch vereinbart. Er ist für Angestellte aus allen Bereichen offen“, erzählt Weid. Er ist technischer Gesamtbetriebsleiter und kümmert sich um die Organisation.
Zurzeit arbeitet Nyamgarmaaa Dulamsuren für rund zwei Monate in Wiesenbronn. In der Mongolei ist sie Leiterin der Werkstatt und für rund 20 Mann verantwortlich. Ende dieser Woche stoßen noch vier weitere Angestellte aus der Mongolei dazu. „Im Frühling diesen Jahres war der erste Schwung bei uns“, sagt Weid. Von Ackermann waren bisher noch keine Angestellten in Ulaanbaatar, doch Manfred Weid und Geschäftsführer Frank Ackermann besuchten ihre mongolischen Partner im Juni für zehn Tage. Anfängliche Bedenken, dass der Wissensaustausch eher einseitig werde, verflogen bei diesem Besuch.
Vom Schrankbau bis zum Fliesenlegen
„Wir haben das am Anfang etwas unterschätzt. Erdem ist sehr bescheiden und ruhig aufgetreten“, erinnert sich Weid. Der Mongole hat vor 20 Jahren auf einem Bauernhof in Freiburg gearbeitet und spricht sehr gut Deutsch. Als die Wiesenbronner in Ulaanbaatar waren, merkten sie schnell, dass die Firma dort eine große Rolle spielt. Circa 80 Mitarbeiter sind bei dem Objekteinrichter beschäftigt. Schon der Name zeigt, dass die mongolischen Partner ein breiteres Spektrum anbieten als die Schreinerei Ackermann. „Sie sind deutlich flexibler, haben kein Problem damit, heute einen Schrank zu bauen und morgen Fliesen zu legen“, sagt Weid.
Rund 20 Leute arbeiten im Bereich Architektur und Design, daneben gibt es die Fertigung. Doch anders als bei Ackermann haben sie eine Montageinheit, die Komplettleistungen anbietet. Sie bauen zum Beispiel für Großkunden wie Telekommunikationsfirmen komplette Filialen aus. „Das ist ein Riesenladen“, berichtet Weid.
Deutschunterricht im Goethe-Institut
Die Verständigung mit Dulamsuren, die zurzeit in Wiesenbronn ist, läuft noch etwas holprig. „Doch es wird besser“, sagt Weid. Bisher hatte die 31-Jährige auch erst zwei Monate Deutschunterricht im Goethe-Institut in Ulaanbaatar. Sie durchläuft bei Ackermann alle Bereiche der Fertigung, arbeitet an CNC- und Laserschneidmaschinen und erledigt handwerkliche Aufgaben wie Lackieren. Außerdem schaut sie den leitenden Angestellten über die Schulter und erfährt, wie Mitarbeiterführung und Organisation im Unterschied zu ihrem Heimatland abläuft.
„Alle, die bis jetzt bei uns waren, waren handwerklich sehr fit“, sagt Weid. Deutsch zu lernen, sei natürlich schwierig, doch Mongolisch sei komplizierter, sagt Dulamsuren. Wenn es einmal gar nicht klappt, könne man auch mit dem Chef in der Mongolei telefonieren, der beim Übersetzen helfe. Zuhause hat Dulamsuren eine kleine Familie, um ihren siebenjährigen Sohn kümmern sich neben ihrem Mann während ihrer Zeit in Deutschland auch Kollegen.
Bewunderung für Zusammenhalt
Dieser fast schon familiäre Zusammenhalt in der Firma ist auch etwas, das Weid so an den mongolischen Partnern bewundert und gerne von ihnen lernen möchte. Sie seien sehr weltoffen, unheimlich gastfreundlich und würden sich auf Neues einlassen. „Außerdem hinterfragt man seine eigene Arbeitsweise noch einmal, wenn man sie anderen zeigt“, sagt Weid. Beispielsweise richten die mongolischen Partner momentan das gleiche technische Zeichensystem ein, das auch bei Ackermann verwendet wird.
Der erste Besuch von Wiesenbronner Angestellten in Ulaanbaatar ist für April 2019 geplant. Denn im Winter ist es mit bis zu minus 40 Grad dort einfach zu kalt. Manfred Weid freut sich bereits auf die kommenden Besuche: „Wir wollen das in den nächsten Monaten intensiv fortführen.“