
Für genau 324,27 Euro hat sich ein 62-Jähriger in einem Supermarkt im südlichen Landkreis Kitzingen mit Lebensmitteln eingedeckt. Dann hat er den voll bepackten Wagen über die Obstabteilung an den Kassen vorbei ins Freie geschoben. Ein Angestellter beobachtete ihn dabei und stellte den Dieb auf dem Parkplatz. Eine Anzeige wegen Diebstahls folgte und ein Verfahren vor dem Amtsgericht in Kitzingen.
Dort präsentierte Richterin Ingrid Johann dem Mann die Rechnung: Sechs Monate Haft und keine Bewährung. Dass der Ladendieb in die Justizvollzugsanstalt einrücken muss, lag nicht nur an dem "Rieseneinkauf", wie ihn der Mitarbeiter des Marktes bezeichnete. Die Chance auf Bewährung hat der Mann in der Vergangenheit gleich mehrfach verspielt.
16 Vorstrafen, mehrfach in Haft
16 Eintragungen finden sich im Bundeszentralregister (BZR). Viele davon sind einschlägig und Eigentumsdelikte. Der Mann saß dafür mehrfach in Haft. Als er 8. Januar 2022 "einkaufte" stand er zudem unter zweifacher offener Bewährung. "Bisher scheint keine Maßnahme auf sie eingewirkt zu haben", fasste die Richterin die "Karriere" des Mannes zusammen und kam zu dem Schluss: "Am Ende bleibt wieder nur eine Haftstrafe übrig."
Die hätte auch höher ausfallen können. Der Staatsanwalt hatte mit Blick auf die "zahllosen Voreintragungen" und die offene Bewährung zehn Monate gefordert. Der Pflichtverteidiger hielt vier Monate für ausreichend, sah aber auch keine Chance für eine weitere Bewährung. Aber er verwies auf ein Problem des Mannes, das bei einem noch ausstehenden Verfahren – auch wegen Diebstahls – in Würzburg eine Rolle spielen wird.
Die Frage nach der Schuldfähigkeit
Dort gehe es um die Frage der verminderten Schuldfähigkeit. Die werde von zwei Gutachtern geprüft. Dass mit seinem Mandanten etwas nicht stimme, sei offensichtlich. Immer wieder falle der durch die gleichen Verhaltensmuster auf. Auch im jüngsten Fall hätte er ohne weiteres bezahlen können. "Mein Mandant hatte 650 Euro dabei", sagte der Verteidiger. "Er wollte nicht klauen", habe dann aber den Wagen aus "unerklärliche Gründen" rausgeschoben. Als Grund habe sein Mandant ihm gegenüber gesagt: "Ich kann nicht anders."
Ob das so ist und eine psychische Erkrankung im Hintergrund steht, das soll im Herbst in Würzburg geklärt werden. In Kitzingen war der Fall klar, auch wenn der Mann keine Angabe zur Sache machte. Der 62-Jährige Mann war ein paar Tage vor dem Großeinkauf schon einmal in dem Markt aufgefallen. Überführt werden konnte er nicht, weil die Aufnahmen einer Aufzeichnungskamera vor der Überprüfung routinemäßig gelöscht worden waren.
Werden es zwei Jahre Gefängnis?
Als er wieder vorbeikam, stand er von Anfang am unter Beobachtung. Wie sich zeigte, zu recht. Als der Mann seine vollen Wagen auf den Parkplatz geschoben hatte und gestellt worden war, kam offenbar die späte Reue. "Er hat angeboten, die Lebensmittel zu zahlen und die Strafe auch", sagte ein Mitarbeiter des Markes als Zeuge. Der ging auf den Vorschlag nicht ein und holte die Polizei. Der Rest war Routine und endete mit der sechsmonatigen Haftstrafe.
Wie lange der Mann tatsächlich hinter Gitter muss, wird sich nach dem Urteil in Würzburg zeigen. Sein Pflichtverteidiger deutete an, dass da unterm Strich 24 Monate und mehr herauskommen könnten. Dabei dürfte der Großeinkauf im Landkreis auch eine Rolle spielen, wenn auch nur eine eher kleine.