Mit der Misa Tango, einer Messvertonung des argentinischen Komponisten Martín Palmeri, bot die Kantorei der Evangelischen Stadtkirche mit ihrem Leiter, dem Dekanatskantor Martin Blaufelder, ihren Zuhörern ein ganz besonderes Erlebnis.
Das Werk, wie das Programmheft verrät, ist dem Tango nuevo und Astor Piazzolla verpflichtet, es wird selten aufgeführt. Blaufelder stellt ihm das Concerto grosso "Palladio" von Karl Jenkins voran, ein gefälliges Streicherstück, bekannt aus der Werbung für Diamanten. Das kleine Streichorchester spielt mit gutem, satten Klang. Blaufelder nimmt das Stück recht pointiert und dynamisch abgestuft. Miroslaw Bodjadzijew als Konzertmeister setzt dem Largo mit seinem Solospiel ein blinkendes Krönchen auf.
Hörbare Akzente mit dem Akkordeon
Mit Mezzosopranistin Marzia Marzo betritt der Star des Abends die Bühne. Mit voller, obertonreicher und warmer Stimme gibt sie sich hinein in zwei Tangogesänge, ziseliert ihn fein auch mit den Händen und hat die Zuhörer gleich gefangen. Italienisches Temperament und Tango passen offensichtlich gut zusammen. Der gebürtige Argentinier Gervasio Ledesma begleitet sie absolut stilgetreu und energiegeladen auf dem Piano, und die beiden verbreiten ein wenig die Atmosphäre von Buenos Aires im Raum.
Zu Beginn der Misa Tango setzt Kevin Bernard mit seinem Akkordeon hörbare Akzente, gemeinsam mit Ledesma hat er großen Anteil an der typischen Klangfarbe und dem scharfen Rhythmus des Tango. Der Chor stimmt das Kyrie an. Bei über 50 Sängerinnen und Sängern ist er auch im Tenor und Bass erfreulich besetzt. Mit der hallenden Stadtkirche müssen sie aber kämpfen. Die Phrasen verschwimmen, die Sprache ist kaum verständlich.
Ein Tanzpaar, Lavinia Hortling und Dario Moffa, betritt die Bühne und tanzet beim Kyrie und später immer wieder vor dem Chor einen gepflegten Tango, kühl und exakt. Im Gegensatz zu den eher lasziven Bewegungen des Tango argentino scheinen die beiden ihren Tanz dem sakralen Raum angepasst zu haben. Den Zuschauern gefällt das, sie spenden Zwischenapplaus.
Die Paul-Eber-Kantorei gibt ihr Bestes
Im Gloria singt Marzo sehr innig das "Qui tollis peccata mundi" . Ihr Ton schwebt schwerelos durch die Kirche, schlicht, nicht opernhaft, unmittelbar ergreifend, auch dunkle Farben zeigend. Das setzt sie im Credo fort, das "Et incarnatus est" singt sie mit glockiger Höhe und starkem Ausdruck.
Die Paul-Eber-Kantorei gibt unter Blaufelders Dirigat ihr Bestes und schwelgt in den Tangorhythmen, meistert lange Steigerungen und zeigt bei "Et in excelsis" schöne Höhen. Im Agnus Dei sorgt Marzo für den Gänsehautmoment der Aufführung bei ihrem Flehen um Frieden, dem sich der Chor anschließt und leise gemeinsam mit dem Cello endet. Begeisterter, stehender Applaus der Zuschauer in der zu zwei Dritteln gefüllten Kirche, das Gloria gibt es als Zugabe nochmal.