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Kitzingen
Ein "Spaß" ging schief: Horrorvideos aus dem Seniorenheim
Aus dem Gericht: Demenzkranke Bewohner machte ein Altenpfleger zu den Hauptfiguren eines angeblichen Spaßes - der jedoch einfach nur ehrverletzend war.
Weil sie 'menschenverachtende' Videos von hilflosen Menschen machten, standen ein Altenpfleger und seine Kollegin aus dem Landkreis vor Gericht (Symbolbild).
Foto: Silas Stein, dpa | Weil sie "menschenverachtende" Videos von hilflosen Menschen machten, standen ein Altenpfleger und seine Kollegin aus dem Landkreis vor Gericht (Symbolbild).
Sigfried Sebelka
Siegfried Sebelka
 |  aktualisiert: 08.02.2024 22:05 Uhr

Videos mit herabwürdigenden Bildern besonders schutzwürdiger und demenzkranker Bewohner hat ein Altenpfleger in einem Seniorenheim im Landkreis  produziert und an eine Kollegin geschickt. Was zur "Belustigung" und "Aufmunterung" gedacht war, brachte die beiden jetzt auf die Anklagebank.

Das Gericht fand das "menschenverachtende Machwerk" gar nicht lustig. Richterin Ingrid Johann verurteilte den 31-jährigen Produzenten der Collage zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Zudem muss er 1500 Euro zahlen. Die 50-Jährige, die die Videos an eine Kollegin weitergeleitet hatte, kam mit einer Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro (50 mal 40 Euro) davon. Ihr Laptop und das Schmartphone wurden als Tatmittel  eingezogen.

Hilflose Bewohner

Für die Anklage und das Gericht war klar: Beide haben sich mit der Produktion der Videos und/oder mit der Weiterleitung "der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen" der hilflosen Bewohner schuldig gemacht und das in fünf Fällen. Dafür sieht das Gesetz Geldstrafe oder Freiheiststrafe bis zwei Jahre vor. Dazu waren die Tatbestände der Beleidigung in fünf Fällen und in einem Fall der Verunglimpfung erfüllt.

"Da haben sie einen äußert fragwürdigen Humor gehabt", sagte die Richterin zu den Ausführungen des 31-Jährigen. Der Mann, der sich in der Verhandlung mehrfach entschuldigt hat und von einer "großen Dummheit" sprach, fand seine Idee Ende April 2020 offenbar noch "ganz lustig".

Nacktes Ehepaar

Da waren er und seine Kollegin als selbstständige Pflegekräfte in der Einrichtung beschäftigt. Über den Movie-Maker auf seinem Smartphone stellte er Bilder von Bewohnern aus der Demenzabteilung, darunter auch ein nacktes Ehepaar zusammen. Eine an schwerer Demenz leidende Frau, die das Personal gelegentlich als Hure bezeichnete, rückte er als "Oberhure Katharina" besonders ins Bild. Er kombinierte die Fotos mit Selfis, stellte aus seiner Sicht "witzige" Kommentare dazu und gab dem Werk den Titel "Palliativstation . . .". Drei Videos sind so entstanden.

Als die Kollegin einmal nicht so gut drauf war, schickte der Mann ihr die Videos, "zur Aufmunterung". Die schaute sich die Filmchen an und überspielte die auf ihren Laptop. Einige Wochen später gab es wieder mal Probleme im Heim. Offenbar verärgert und "weil vor allen der Titel der Videos zur aktuellen Situation passte", schickte die Frau die Videos beim Schichtwechsel an eine Kollegin weiter. Die hat die Heimleitung informiert. "Ich bin total erschrocken, das waren Horrorvideos", sagte die als Zeugin. Sie habe Angst um den Ruf der Einrichtung gehabt und die Polizei eingeschaltet. Am Ende der Ermittlungen stand das Gerichtsverfahren.

Teilweise geständig

Da zeigte sich der 31-Jährige geständig, zumindest teilweise. "Das Video habe ich gemacht, die Bilder nicht", sagte er dem Gericht. Woher er die Fotos hatte, wollte oder konnte der nicht sagen. Das war aber auch nicht entscheidend.

Die Produktion und die Weitergabe der "herabwürdigenden und ehrverletzenden Bilder, die nicht in die Öffentlichkeit gehören", reichten der Anklage. "Sie wollten sich belustigen", war sich die Staatsanwältin sicher. "So jemand gehört nicht in den Pflegedienst", sagte sie und  forderte für den Pflegehelfer acht Monate Freiheitsstrafe und eine Geldauflage von 3000 Euro, für seine Kollegin eine Geldstrafe von 3000 Euro (60 Tagessätze zu 50 Euro). Am Ende wurde es ein bisschen weniger. Der 31-Jährige nahm das Urteil an. Seine Kollegin will es sich noch überlegen.

 
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  • P. K.
    Diese Täter sind ganz schäbige Gestalten.
    Ich hätte denen ein lebenslanges Berufsverbot für jede Tätigkeit in Pflege- und Sozialberufen aufgebrummt.
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