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KITZINGEN
Marshall Heights: Preis ist Stadtrat zu heiß
Optimismus: Ob das „Yes, we can“ der Initiative Marshall Heights den vom Stadtrat abgelehnten Kauf der Wohnsiedlung ermöglicht, wird sich in wenigen Monaten zeigen.
Foto: Weiskopf | Optimismus: Ob das „Yes, we can“ der Initiative Marshall Heights den vom Stadtrat abgelehnten Kauf der Wohnsiedlung ermöglicht, wird sich in wenigen Monaten zeigen.
Von unserem Redaktionsmitglied Harald Meyer
 |  aktualisiert: 07.03.2013 12:01 Uhr

Chance oder Risiko? Das Fragezeichen über der einstigen US-Wohnsiedlung Marshall Heights beantwortete der Kitzinger Stadtrat am Montagabend mit klarer Mehrheit: 19 der 28 Stadträte stimmten gegen das Erstzugriffsrecht zum Kauf der 32 Hektar großen Fläche mit 736 Wohneinheiten. Der Beschluss liegt so lange auf Eis, bis der Ausgang des Bürgerbegehrens feststeht.

Die fast zweieinhalbstündige Sondersitzung vor gut 40 Zuhörern war ungewohnt sachlich. Nur kurz war ein Schlagabtausch zwischen OB Siegfried Müller und KIK-Fraktionschef Klaus Christof, der einen Beschluss verhindern wollte. Es gebe zu wenige Aussagen zum Zustand der Häuser und der Versorgungsleitungen. Zudem vermisste Christof Aussagen von Spitzenvertretern aus Städten, die Erfahrungen mit der zivilen Nachnutzung (Konversion) von militärischen Arealen haben.

Antrag, den Beschluss zu vertagen wurde abgelehnt


Die Anhörung der „Erfahrungsträger“ sei geplant, so Oberbürgermeister Müller. Allerdings erst als nächster Schritt nach der Entscheidung, ob das Vorkaufsrecht der Stadt greift oder die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) in den den freien Verkauf geht. Für die Grundsatzentscheidung gebe es ausreichend Information. Das sah eine Mehrheit genauso: Die lehnte Christofs Antrag zur Beschluss-Vertagung mit 20:7 ab.

Größter Stolperstein für den Kauf sind die Finanzen. Im Vorfeld kursierten Summen zwischen gut 20 und 80 Millionen Euro für Erwerb plus Sanierung. Es sei „unverantwortlich“ solche Zahlen in den Raum zu stellen, die nur Spekulationen seien, betonte der Oberbürgermeister. Klar sei aber, dass die städtischen Finanzen extrem „aufgebläht“ würden. Noch deutlicher wurde Kämmerer Bernhard Weber. Selbst wenn die Stadt nur mit 50 Prozent an den Gesamtkosten beteiligt wäre, könnte das der Etat nicht verkraften.

Thomas Rank (CSU): „unüberschaubare Risiko“ für die Finanzen


Dieses „unüberschaubare Risiko“ für die Finanzen hob Thomas Rank für die CSU-Fraktion hervor: „Der Kaufpreis ist nur ein Bruchteil der Kosten.“ Der von den Befürwortern erwartete Zuzug von 2000 Neubürger als künftige Marshall Heights-Bewohner sei „Wunschdenken“. Diesen Ablehnungs-Kurs steuerte auch die SPD. Fraktionsvorsitzende Brigitte Endres-Paul kritisierte zudem die Forderung der Bima, 20 Jahre lang bei einem Wertzuwachs der Immobilie die Hand aufzuhalten, der Stadt aber alle Risiken zu überlassen.

Gegner der Ausübung des Vorkaufsrechts waren auch die beiden Ödp-Stadträte und Franz Böhm (Pro-KT). Hier überwogen Zweifel am Bedarf für 736 Wohnungen und die Sorge um Wanderungsbewegungen aus der Altstadt und der Siedlung.

Streiter für ein städtisches Vorkaufsrecht war KIK-Chef Christof, dessen Gruppierung kurz vor der Entscheidung noch im eigenen Blättchen „Kikeriki“ für Bürgerentscheid und Kauf die Werbetrommel gerührt hatte. Der Wohnraum müsse erhalten werden, erklärte Christof in der Ratssitzung. Der Erwerb werde vielen Bürgern, aber auch Auswärtigen bezahlbaren Wohnraum sichern.

Die "Geisterstadt" wieder beleben


Die Stadt könne zur Schonung der Finanzen nur „Zwischenerwerber“ sein, Zweckbauten behalten und den Rest der Immobilien an Investoren verkaufen, „die die Sanierung übernehmen.“ Das war auch die Linie der Freien Wähler. „Unwahrscheinliches Potenzial“ für eine dynamische Stadtentwicklung sah UsW-Fraktionschef Karl-Heinz Schmidt, wenn die Stadt die „Geisterstadt“ wieder belebe: „Es gibt in Kitzingen kaum noch freie Wohnungen.“

Wenn die Stadt einsteige, müsse sie allerdings „mehrere Partner mit ins Boot holen.“ Offen blieb die Frage des Bestandsschutzes für die 30 Wohnblocks, 30 Doppelhaushälften und und 73 Einfamilienhäuser. Der Stadtrat stimmte zwar mit Mehrheit der Rechtsmeinung der Stadt zu, dass sie hier mit ihrer Planungshoheit beispielsweise Abrisse erzwingen könnte, erfuhr von der Verwaltung aber, dass er hier auf schwankendem juristischem Untergrund steht.

 
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  • krug.klaus@t-online.de
    Die von der US-Army in anderen Städten (Frankfurt, Aschaffenburg) hinterlassenen Wohnungen aus den 50er Jahren waren/sind zum Teil hochgradig mit Schadstoffen und Pestiziden belastet, z.B. mit DDT, welches über Jahrzehnte gerne u. reichlich zur Schädlingsbekämpfung in den Wohnungen versprüht wurde. Oder mit krebserzeugenden PAK, enthalten in Parkettklebern. Oder mit Asbest in PVC-Belägen. Auch PCB hat man schon gefunden. (Einfach mal Googeln). Ohne vorherige Schadstoff-Sanierung und Modernisierung kann da niemand einziehen. Die Sanierungskosten sind nur schwer kalkulierbar.

    Es gibt keinen Grund, weshalb sich eine Stadt, deren eigene Wohnungsbaugesellschaft offenbar schon ein Leerstandsproblem hat, auch noch einen solchen problematischen Wohnungsbestand ans Bein binden soll.

    Wenn sich in Kitzingen mit solchen Wohnungen Geld verdienen lässt, wird sich bestimmt ein privater Investor finden, der die Wohnungen saniert und zu marktgerechten Preisen zur Miete oder zum Kauf anbietet.
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