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KITZINGEN
Mainpegel sinkt und steuert auf 150-Zentimeter-Marke zu: Wird die Wasserentnahme verboten?
Der Kreisacker bildet ab, was auf den Feldern und Äckern im Landkreis wächst – und wegen der fehlenden Niederschläge und der großen Hitze vertrocknet. Das BNE-Team hat wegen des niedrigen Mainpegels jetzt die Bewässerung der Fläche eingestellt.
Foto: Landratsamt/Conny Zubert | Der Kreisacker bildet ab, was auf den Feldern und Äckern im Landkreis wächst – und wegen der fehlenden Niederschläge und der großen Hitze vertrocknet.
Daniela Röllinger
 |  aktualisiert: 06.08.2022 02:40 Uhr

Pegel Trunstadt: 155 Zentimeter. Ein Wert, der Conny Zubert und ihre Kollegen zu Wochenbeginn aufhorchen ließ. Mittwoch Vormittag waren es schon nur noch 153 Zentimeter. Sinkt der Wasserstand des Mains um weitere drei Zentimeter, dann ist der Mindestpegel erreicht, der ihnen laut Genehmigungsbescheid die Entnahme von Mainwasser zur Bewässerung des Kreisackers erlaubt. „Wir werden das Gießen einstellen müssen“, teilte die Mitarbeiterin des Koordinierungsteams „Bündnis für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) im Landkreis Kitzingen daher mit.

150 Zentimeter – dieser Wert ist laut Volker Müller, Gruppenleiter Wasserrecht am Landratsamt, die kritische Marke. Bei diesem Wert und niedriger darf keine Wasserentnahme mehr aus dem Main erfolgen. Müller weist darauf hin, dass jeder, der eine Entnahme-Erlaubnis für Mainwasser hat, sich an die Vorgaben in seinem Bescheid halten muss. Manche älteren Bescheide enthalten diese Zahl nicht. „Aber sie sind widerruflich erteilt“, so Müller.

„Nutzungsdruck hat sich erhöht“

Wie Klaus Maslowski vom Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg erklärt, wurde bei der Begutachtung von Wasserentnahmen früher tatsächlich die Abflusssituation im Main nicht unmittelbar berücksichtigt. „Aber nachdem wir in den letzten Jahren mehrere heiße und trockene Sommer hatten, hat sich auch auf den Main der Nutzungsdruck bezüglich der Entnahme von Wasser für Bewässerungszwecke erhöht.“ Daher werde in aktuellen Bescheiden eben auch auf die Abflusssituation eingegangen, „damit erst gar keine kritischen Zustände entstehen können“.

Mit diesen „kritischen Zuständen“ im Main – geringer Abfluss, hohe Wassertemperatur, niedriger Sauerstoffgehalt – befasst sich der Alarmplan Main Gewässerökologie (AMÖ), der 2019 aktualisiert wurde. Darin sind Schwellenwerte und drei Warnstufen festgelegt. Um die gewässerökologischen Bedingungen zu bewerten, werden Messungen vorgenommen. Die Niedrigwassersituation wird durch Abflussmessungen am Pegel Trunstadt erfasst.

Klaus Maslowski erklärt, warum ausgerechnet dieser Ort gewählt wurde: Der Main ist staugeregelt und der Wasserstand durch die Staustufen in etwa konstant, unabhängig vom Abfluss. „Um eine Beziehung vom Wasserstand zum Abfluss herstellen zu können, muss die Messung zwangsläufig an einer frei fließenden Stelle erfolgen. Dies ist in Trunstadt der Fall.“ Der Wasserstand wird vorgegeben, weil er direkt messbar ist, während der exakte Abfluss nicht genau beziffert werden kann.

Es ist nicht zentral erfasst, wer Wasser aus dem Main entnehmen darf

Die 150 Zentimeter Wasserstand in Trunstadt gelten als Begrenzung für die Wasserentnahme nicht für jeden, sondern nur, wenn der Wert explizit in den Erlaubnisbescheiden enthalten ist, so Maslowski weiter. Damit müssen also nicht alle in den nächsten Tagen das Bewässern mit Mainwasser stoppen, selbst wenn die 150 Zentimeter unterschritten werden sollten, sondern nur diejenigen, die eine entsprechende Auflage im Bescheid haben.

Wer Wasser aus dem Main entnehmen darf, ist nicht zentral erfasst. Die Regierung von Unterfranken ging im Frühjahr von grob geschätzt rund 250 genehmigten Wasser-Entnahmen pro Jahr aus. In Unterfranken werden dem Main netto etwa vier Millionen Kubikmeter pro Jahr entzogen, die Hälfte als Kühlwasserverluste der Industrie, die andere Hälfte von etwa 230 Akteuren wie Landwirten, Obstbauern, Winzern und Gemeinden.

Lebensmittelproduktion ist wichtiger als die Sportplatzbewässerung

Wer Mainwasser zur Bewässerung nutzen möchte, braucht eine wasserrechtliche Erlaubnis. Wer sie beantragt, muss einen entsprechenden Bedarf nachweisen. Dieser Bedarf ergibt sich aus der zu bewässernden Fläche und der angebauten Kultur. „Eine Sportplatzbewässerung hat eine geringere Priorität als die Produktion von Lebensmitteln“, so Maslowski. Die Erlaubnis muss bei der Kreisverwaltungsbehörde beantragt werden, das Wasserwirtschaftsamt begutachtet die Situation fachlich.

Laut Maslowski gibt es darüber hinaus noch den so genannten „Gemeingebrauch“, der im Bayerischen Wassergesetz geregelt wird. „Darunter fällt zum Beispiel die Entnahme von geringen Mengen mit Handgefäßen oder das Tränken von Vieh.“ Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Kreisverwaltung die Wasserentnahme über eine Allgemeinverfügung einschränken oder sogar ganz untersagen – beispielsweise eben bei Trockenheit und Niedrigwasser. Eine solche Allgemeinverfügung durch die Kreisverwaltungsbehörde sei aber aktuell nicht in der Diskussion, auch nicht für die Nebengewässer des Mains, erklärt der Fachbereichsleiter „Technische Gewässeraufsicht“ beim Wasserwirtschaftsamt.

Kreisacker: Besucherinnen und Besucher dürfen sich bedienen

Trockenheit und Niedrigwasser sind auch für das Team wichtig, das sich mit der Nachhaltigen Entwicklung im Landkreis Kitzingen befasst – und deshalb schauen die Mitglieder bei der anhaltenden Trockenheit und den nun wieder vorhergesagten sehr hohen Temperaturen auch mit sorgenvollem Blick auf den Main. Dessen Wasser nutzen sie normalerweise, um den Kreisacker zu gießen.

Auf der Fläche am ehemaligen Gartenschaugelände wird seit Jahren über die Vielfalt der landwirtschaftlichen und gärtnerischen Kulturen des Kitzinger Landes informiert. Dort wird gezeigt, was im Landkreis wächst, die Besucherinnen und Besucher dürfen sich im gärtnerischen Teil der Fläche an den Früchten bedienen und diese zum Verzehr mit nach Hause nehmen. „Deshalb wird dieser Teil auch aktiv bewässert“, so Conny Zubert. Wie bei vielen Sonderkulturen im Landkreis Kitzingen sei ein wirtschaftlicher Anbau im trockenwarmen Klima des Landkreises ohne Bewässerung undenkbar.

„Leider werden wir in Kürze das Gießen einstellen müssen“, so Zubert mit Blick auf den näher rückenden Mindestpegel in Trunstadt. Sie bittet die Bevölkerung um Verständnis für diese Entscheidung. Damit wird in diesem Jahr nur bedingt Gemüse auf dem Kreisacker geerntet werden können. „Ohne genügend Wasser werden die Gemüsepflanzen bald in einen Sparmodus schalten und weniger oder gar keine Früchte mehr bilden. Die Tomaten werden herunterfallen oder in Notreife gehen.“

Sichtbare Trockenschäden auf dem Kreisacker

Wie sehr die Pflanzen unter der Trockenheit leiden, könne man auf dem Ackerteil, der das ganze Jahr noch nicht gegossen wurde, bereits jetzt sehen: Der Buchweizen sei kaum kniehoch und bereits vertrocknet. „Bei Mais und Sonnenblumen haben die Vögel ganze Arbeit geleistet und die meisten Samen und Pflänzchen aufgepickt. Nur die Zuckerrüben stehen noch ganz gut da.“

Hält die Trockenheit jedoch weiter an – und danach sieht es derzeit aus –, werden auch bei dieser Kultur bald Wachstumsstockungen und Trockenschäden einsetzen. Und damit bildet der Kreisacker nicht nur sehr gut ab, was im Landkreis wächst, sondern auch, wie schwierig es wird, wenn es lange warm und trocken bleibt.

 
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    übrigens. was ist eigentlich mit den Winzern, die häufig Brunnen in unmittelbarer Nähe zum Main gebaut haben und dort große Mengen Wasser entnehmen.
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    Vorrang beim Wasser muß die Lebensmittelproduktion haben. Wasser für den Anbau der Droge Alkohol, wie von der MdL Becker gefordert, darfs nicht geben. Auch nicht für sündhaft wasserintensive Golfplätze.
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