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Iphofen
Geisterstätte in Iphöfer Wohngebiet: So will ein regionaler Investor aus dem Lost Place ein Schmuckstück machen
Zwischen Einfamilienhäusern und kleinen Gärten steht eine heruntergekommene Halle. Was hat sich dort über Jahrzehnte abgespielt, und welche Zukunft hat der Ort?
Diese um 1960 erbaute Baracke einer ehemaligen Fabrik in Iphofen wird zu Wohnraum umgebaut. Dafür soll das Dach erneuert und aufgestockt werden.
Foto: Eike Lenz | Diese um 1960 erbaute Baracke einer ehemaligen Fabrik in Iphofen wird zu Wohnraum umgebaut. Dafür soll das Dach erneuert und aufgestockt werden.
Eike Lenz
 |  aktualisiert: 25.05.2024 02:41 Uhr

Eine klassische Baulücke ist das Grundstück in der Iphöfer Sudetenstraße 29 nicht. Auf dem Gelände steht zurückgesetzt eine heruntergekommene Gewerbehalle, die heute inmitten kleiner und größerer Siedlungshäuser wie ein Fremdkörper wirkt. Obwohl in der ehemaligen Fabrik alles Leben erloschen ist, gilt der Ort als Areal mit Zukunft. Früher wurden in dieser Baracke Netze aller Art geknüpft, inzwischen entwirft dort eine regionale Investorengruppe Wohnträume auf zwei Etagen.

In Iphofen kennt man den Standort am Geiersberg noch als Netzstickerei. Aber was hat es mit dem ungewöhnlichen Gewerbeobjekt in einem der ältesten Siedlungsgebiete der Stadt auf sich? Was wurde hier in einer engen Anliegerstraße zwischen kleinparzellierten Besitzstrukturen produziert? Und wie soll das seit Jahren leerstehende Gebäude nun wieder mit Leben gefüllt werden?

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Wer sich auf den Weg in die Zukunft macht, landet zunächst in der Vergangenheit: bei Georg Schmidt und Josef Fieber, der eine Kaufmann aus Iphofen, der andere Kaufmann aus Frankfurt am Main. Was die zwei verband, war die gemeinsame Unternehmung. Sie wurde im Mai 1965 als Offene Handelsgesellschaft Schmidt & Fieber ins Handelsregister eingetragen. Firmensitz war Iphofen, wo um das Jahr 1960 die Gewerbeimmobilie in der Sudetenstraße entstanden war. Der Firmenzweck bestand laut Handelsregistereintrag in der "Herstellung von Netzen und Taschen".

Die frühere Eigentümerin ist tot, die Firma seit 2021 erloschen

Nach dem Tod von Josef Fieber trat Margarete Schmidt im November 1980 in die Gesellschaft ein. Kurz vor Weihnachten 1993 wurde die Gesellschaft aufgelöst, Margarete Schmidt führte den Betrieb als "Einzelkaufmann" weiter. Als sie im Juli 2021 starb, wurde das Geschäft aufgegeben, die Firma liquidiert. So steht es im Schreiben eines Würzburger Notars an das Amtsgericht vom 1. Dezember 2021, das im Handelsregister abrufbar ist.

Obwohl die Firma also seit fast drei Jahren erloschen ist, liest man heute noch auf der Business-Plattform wlw über Schmidt & Fieber: "Unsere Herstellung umfasst die Produktion von Netzen für Rollatoren, Kinderwagen und Rollstühle sowie Korbabdeckungen für Fahrräder." Auch Mückennetze, Staub- und Schmutzhüllen gehörten zum Sortiment des Unternehmens.

Blick ins Grüne: Auf der Rückseite der Immobilie geht es direkt in die Natur und auf freies Feld.
Foto: Eike Lenz | Blick ins Grüne: Auf der Rückseite der Immobilie geht es direkt in die Natur und auf freies Feld.

Die Erben versuchten Gebäude und Grundstück in der Folge offenbar zu verkaufen – auch hierfür lassen sich im Internet zwei (undatierte) Einträge finden. Beim einen wurde das 1279 Quadratmeter große Areal für 359.000 Euro offeriert; das Angebot ist inzwischen deaktiviert. Eine zweite Annonce bietet Haus und Grund für 291.000 Euro an. Im Begleittext heißt es: "Eine Weiternutzung als Gewerbe gestaltet sich schwierig, da dieses als Einzelgewerbe in einem reinen Wohngebiet mit Spielstraße liegt." Laut Flächennutzungsplan handelt es sich bei dem Bereich um ein Mischgebiet, in dem es auch einen Malerbetrieb und einen Motorradhändler gibt.

Ein regionaler Unternehmer plant jetzt drei Wohnungen

Wer dem Objekt einen Besuch abstattet, erkennt, dass seine besten Zeiten schon länger zurückliegen. Das Dach marode und durchlöchert, das ganze Gelände verwildert. Eine Art Lost Place mitten im Wohngebiet. Im vergangenen Jahr wurde ein Bauantrag gestellt – und wieder zurückgezogen. Jetzt lag dem Iphöfer Bauausschuss erneut ein Antrag vor. Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), vertreten durch einen regionalen Solaranlagen-Unternehmer, plant den Umbau des Gebäudes in drei gleichgroße Wohneinheiten. Dazu soll der Dachstuhl geöffnet und durch einen neuen, höheren ersetzt werden.

Doch nicht ganz unbewohnt: Im Briefkasten an der Eingangstür hat sich ein Vogelpärchen ein Nest gebaut.
Foto: Eike Lenz | Doch nicht ganz unbewohnt: Im Briefkasten an der Eingangstür hat sich ein Vogelpärchen ein Nest gebaut.

Bürgermeister Dieter Lenzer begrüßte die Umbaupläne und warb um Zustimmung. "Wohnraum ist in Iphofen knapp und gesucht." Zudem werde ein seit Jahren leerstehendes Gebäude wieder nutzbar gemacht. Das Vorhaben, so hieß es aus dem Bauamt, füge sich in die umliegende Bebauung ein; Einwände bestünden nicht, und so stimmte auch der Bauausschuss dem Antrag zu. Fast 65 Jahre nach dem Bau der Fabrikhalle endet an dieser Stelle das Industriezeitalter, und eine neue Ära des Wohnens bricht an.

 
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