Zur Berichterstattung über die Entscheidung des Kitzinger Stadtrats, das Stadtmuseum zu schließen erreichte die Redaktion folgender Leserbrief.
Kitzingen schließt sein Museum, die Große Kreisstadt begräbt ihr Gedächtnis. Eine Kulturstätte, die nichts abwirft, ist also überflüssig. Der Atem des Trumpismus weht durch die 450-jährigen Mauern des alten Rathauses der Stadt am Main.
Der neu gewählte Stadtrat findet das in Ordnung. Wen wundert's, ist doch die Große Kreisstadt seit langem im Begriff, sich selbst zu marginalisieren: Der Bahnhof – auf dem früher einmal der D-Zug von Paris nach Prag Station machte, ist heute nur noch ein – vor allem für Behinderte nur schwer erreichbarer – Haltepunkt im Nahverkehr. Die Post verliert sich im Nirwana eines Supermarktes am Stadtrand, Barrierefreiheit ist und bleibt ein Fremdwort.
Spielplätze – z.B. im Rosengarten – werden wegen der Krähen entfernt, aber keiner kommt auf die Idee, an anderer Stelle Ersatz für die Kinder zu schaffen. Die Reste der Bahngleise in Etwashausen werden entfernt, obwohl überall Stimmen für den Bau neuer Bahnstrecken – auch Güterverkehr – laut werden. Der Bau einer Stadthalle für kulturelle Veranstaltungen wird abgelehnt, etc. etc. etc. – und niemand stört sich daran...
Was bedeutet eigentlich "Große" Kreisstadt? "Groß = Great" im Trumpschen Sinne, inhaltsleer und kulturell verarmt, bestenfalls ein statistischer Messwert? "Groß" wie die Mehrheit im Stadtrat, die hinter verschlossenen Türen beschließt, die lange, inhaltsreiche und spannende Geschichte einer schönen fränkischen Stadt mit all ihren Dokumenten auf den Müll der Geschichte zu kippen?
Eine Stadt, die ihre Geschichte auf diese Weise entsorgt, muss sich nicht wundern, wenn sie sich spätestens bei der nächsten Gebietsreform irgendwo in alten Atlanten verliert.
Jürgen Pelzing
97318 Kitzingen