Bella heißt nicht nur so. Sie hat ein helles Fell und ist damit das vermutlich schönste der sieben bretonische Zergschafe einer kleinen Herde. Die ist seit Juli in einem Weinberg am Kitzinger Eselsberg in Sachen Ökologie und Artenvielfalt unterwegs. Ihre Aufgaben: Begrünung und Laub kurz halten.
In einem Langzeitversuch wollen der Kitzinger Winzer Michael Völker und Christian Söder vom Landesbund für Vogelschutz Unterfranken (LBV) testen, ob die tierischen Rasenmäher Maschinenarbeit im Weinberg ersetzen oder reduzieren können.
Machinen ersetzen
Schwere Maschinen haben seit langem alle Arbeiten übernommen, von der Bodenbearbeitung bis zur Stutzen des Laubs. Weil das nicht nur Vorteile hat, gibt es Versuche wie die von Völker und Söder, Tiere wieder in den Weinberg zu holen. Schafe waren in der Weinbergspflege schon in Volkach, im Saaletal und anderswo im Einsatz. Das Ergebnis ist eher offen. Die beiden Kitzinger wollen es genau wissen. Zehn Jahre haben sie sich gegeben, um die kleinen und anspruchslosen Schafe als Helfer im Weinberg zu testen.
Zwei Naturschützer
Söder und Völker, der mit seinem Vater Bernhard Völker das gleichnamige Traditionsweingut in Kitzingen führt, setzen sich für den Naturschutz ein. Der eine hat sich als Fledermausexperte einen Namen gemacht und setzt Projekte des LBV um. Der andere hat dem ökologischen Weinbau verschrieben.
Zusammen haben sie Schlagzeilen gemacht, als sie mit Fledermauskot die Weinberge düngten und anschließend Fledermauswein auf den Markt brachten. Ein Versuch, der weiter läuft. Gemeinsam haben sie jetzt das neue Projekt „Schafe im Weinberg“ entwickelt.
Schafe statt Mulcher
Die Idee dahinter fasst Völker mit „Schafe statt Mulcher“ zusammen. Der Einsatz der schweren Bodenbearbeitungsmaschinen soll, soweit es geht, ebenso vermieden werden, wie der oft schweißtreibende und zeitraubende Betrieb der Motorsense oder das Schneiden des Laubes in schwierigem Gelände. Die Hoffnung: Durch den Einsatz der Schafe wird die Bodenverdichtung minimiert, der Einsatz von Spritzmitteln vermieden und die Artenvielfalt gesteigert.
„Für den Verband für Arten- und Biotopschutz ist das ein spannendes Vorzeigeprojekt“, sagt Söder. Der LBV Unterfranken übernimmt die Kosten für den Weidezaun und pachtet eine Ersatzweidefläche neben dem Weinberg.
Zwergschafe ausgesucht
Wie die beiden am Eselsberg zwischen den zutraulichen Tieren und den Dominatrauben erzählen, hat der Einsatz von Schafen im Weinberg eine lange Tradition. Ein Erfolg hängt von der Größe und Rasse der Schafe ab. Söder und Völker haben sich nach intensiver Beratung die Zwergschafe der Rasse Ouessant ausgesucht.
Erste Erfahrungen
Erste Erfahrungen haben gezeigt, dass das funktionieren könnte. An die Trauben der Sorte Domina jedenfalls gehen die Tiere nicht. Seit Juli knabbern sechs Weibchen und ein junger Bock Tag und Nacht bevorzugt an Blättern und Ackerwinden. Das hohe Gras im Rückzugsbereich wurde niedergetrampelt und nach und nach gefressen. Ein Unterstand bietet Schutz vor Gewitter und Sonne. Die Fläche von rund 4000 Quadratmetern ist von einem Elektrozaun umgeben. Die Tiere sind ausgesprochen zutraulich und auch was zum Knuddeln, was nicht nur die Tiere genießen.
Jetzt heißt es, Erfahrungen sammeln. Das gilt für den Umgang mit den Tieren und deren Pflege (scheren und Klauenpflege inklusive), aber auch für die Entwicklungen, die sie im Weinberg auslösen. In dem sollen sie das ganze Jahr unterwegs sein.
Es wird spannend
„Es gibt viel zu lernen“, sagt Völker. Spätestens im Frühjahr und Frühsommer wird es spannend. Dann wird sich zeigen, wie Bella und ihre Kollegen mit den jungen Trieben umgehen. Immerhin sichern die die nächsten Ernte. Wie die Geschichte ausgehen wird? Sicher ist sich da Völker nicht, seit er gesehen hat, dass sich seine kleinen Tiere durchaus auf die Hinterbeine stellen. Dann erreichen sie Regionen am Weinstock, die nicht für sie gedacht sind und dem Winzer durchaus weh tun können. Es bleibt also spannend mit Bella und ihren Artgenossen.