Seit ein paar Wochen stehen sie, gut sichtbar, an den Straßen des Landkreises. Die Grünen Kreuze sollen auf den Protest der Landwirte aufmerksam machen. Auf ihre Wut und ihr Unverständnis gegenüber den Beschlüssen der Bundesregierung. In einer vierteiligen Serie stellen wir Landwirte aus der Region und ihre spezifischen Sorgen vor. Heute: Simon Weckert aus Düllstadt.
24 Jahre ist er. Ganz schön jung, um schon so viel Verantwortung zu übernehmen. 130 Hektar hat der Familienbetrieb etwas außerhalb von Düllstadt. Kartoffeln bauen die Weckerts hier vor allem an. Auch ein wenig Getreide und Mais. Simon übt seinen Beruf gerne aus. Auch wenn ihn die jüngsten Entwicklungen beunruhigen. „Da ist schon eine Kluft zwischen Landwirten und Verbrauchern zu spüren“, sagt er. Sein Onkel Peter schimpft: „Und in der Politik fehlt jegliche fachliche Kompetenz.“
Für die Weckerts sind die Entscheidungen der letzten Wochen und Monate nicht nachvollziehbar und mit einer großen Unsicherheit verbunden. Beispiel Agrarpaket: Dort ist unter anderem aufgeführt, dass Herbizide und Insektizide in Schutzgebieten ab 2021 verboten werden sollen. Von den 130 Hektar, die Simon Weckert bewirtschaftet, liegen 30 Hektar in einer Natura- 2000-Fläche. „Was heißt das jetzt für mich?“, fragt er. Und gibt gleich die Antwort: „Das klingt nach Zwangsumstieg auf Bio.“
Herbizide, Insektizide, Fungizide: Begriffe, bei denen Umweltschützer und die meisten Verbraucher die Augen rollen. „Natürlich bringen wir Pflanzenschutzmittel aus“, sagt Simon Weckert. Sonst würde auf den Feldern Unkraut sprießen, sonst würden sich die Schädlinge vermehren, sonst hätten Pilzkrankheiten bei entsprechender Witterung freien Lauf. Die Mittel setzt er ganz gezielt ein, Herbizide beispielsweise zum Vegetationsbeginn. „Die Pflanzen sollen ja schließlich schneller wachsen als das Unkraut“, sagt er. Natürlich kann er nicht machen, was er will. Immer wieder werden Rückstandsproben genommen, die Lebensmittelkontrolleure vom Landratsamt kommen außerdem einmal im Jahr und nehmen Kartoffelproben mit. „Der Lebensmitteinzelhandel nimmt auch Proben“, betont Weckert, der seine Erzeugnisse beispielsweise an eine große Pommes-Fabrik in Südbayern liefert.
Selbst wenn er auf den 30 Hektar Natura-2000-Flächen künftig keine Pflanzenschutzmittel mehr ausbringt: Einen höheren Preis wird er für die dort erzeugten Produkte nicht erzielen. Davon geht der 24-Jährige fest aus. „Es wird über uns entschieden, aber nicht mit uns“, ärgert sich sein Onkel.
Das betrifft auch die Regelung zu den Gewässerrandstreifen. Wer Pflanzenschutzmittel verwendet, muss künftig einen Mindestabstand von zehn Metern zu Gewässern einhalten. Ist die Abstandsfläche dauerhaft begrünt, reichen auch fünf Meter. Rund um Düllstadt fließen eine Menge kleiner Bäche: Der Castellbach, die Schwarzach und ein paar Mühlbäche. Auf sieben bis acht Kilometer Länge summiert sich deren Uferbereich, schätzt Simon Weckert. „Da fällt ganz schön was weg an Fläche“, bedauert er. Vor allem bei den Kleinstrukturen, die in weiten Teilen Frankens noch gegeben sind. Wer einen Acker besitzt, durch den ein Bach läuft, der könne bis zu zehn Prozent seiner Fläche verlieren. Die vorgesehene Entschädigung hält er für nicht ausreichend und spricht von einer Zwangsenteignung. „Der Staat könnte die fünf Meter entlang der Flächen auch selbst kaufen“, schlägt er vor. Und dort auf eigene Kosten Artenschutz betreiben.
Am meisten trifft den Landwirt allerdings das Verbot eines Kontaktmittels, das er in den letzten Jahren regelmäßig verwendet hatte. Das Mittel wird zur Reifeförderung am Vegetationsende, also im Sommer, ausgebracht. Danach müssen die Knollen noch einige Wochen im Boden verbringen, bevor sich die Schale bildet. Die Alternative zu dem Mittel? Weckert zuckt mit den Schultern. Derzeit geht er davon aus, dem Kartoffelkraut mechanisch zu Leibe zu rücken. „Aber das kostet Zeit“, sagt er. Außerdem müsse er dann öfter mit seinem Schlepper über den Kartoffelacker fahren. „Ich brauche dafür mehr Diesel. Das kann für die Umwelt auch nicht gut sein.“
Ein Argument, das er auch beim Streitthema Glyphosat verwendet. „Wie soll ich denn die Zwischenfrüchte, die ich über den Winter anbaue, sonst wegbekommen?“, fragt er. Zwischenfrüchte wie Senf- oder Ölpflanzen dienen dem Erosionsschutz und beugen der Auswaschung von Nährstoffen aus dem Boden vor. Bei kalten Wintern sind sie im Frühjahr abgestorben. Aber kalte Winter waren einmal. Also bringt Weckert zum Ende des Winters Glyphosat aus. Einmal. „Und der Acker ist sauber.“
Derzeit gebe es keine Alternative zu dem Mittel, dessen Zulassung 2023 abläuft. Dass es krebserregend ist, ist für Peter Weckert keinesfalls bewiesen. Nur eine Messstelle habe Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft, die „Internationale Agentur für Krebsforschung“. Viele weitere staatliche Einrichtungen in Europa und Amerika hätten Glyphosat dagegen als „nicht krebserregend“ eingestuft. Ähnlich skeptisch betrachtet er die Neuverordnung in Sachen Gülleausbringung. „Gülle ist ein wertvoller Nährstofflieferant“, betont er. Ein Problem für das Grundwasser sieht er im trockenen Mainfranken nicht. Künftig müssen die Landwirte die Gülle direkt in den Boden einbringen. Das ist wieder mit neuen Investitionen verbunden.
Simon Weckert ist 24 Jahre. Er will seinen Beruf noch viele Jahrzehnte ausüben. „Aufzuhören ist für mich eigentlich keine Option“, sagt er. „Allerdings wird es in Zukunft nicht einfacher werden.“
Lesen Sie morgen: Alois Kraus und Wilfried Distler vom Bayerischen Bauernverband warnen vor einem Strukturwandel in der Landwirtschaft, der vor allem die kleinen Betriebe treffen wird.
Glyphosat
Was? Glyphosat ist ein Pflanzenschutzmittelwirkstoff, der zur Bekämpfung von Unkraut verwendet wird. Der Wirkstoff ist auf EU-Ebene genehmigt und in Deutschland in Pflanzenschutzmitteln zugelassen.
Wie? Glyphosat wird durch alle grünen Pflanzenteile aufgenommen. Glyphosat verteilt sich in der ganzen Pflanze und führt zu einem vollständigen Verwelken und Absterben der Pflanzen.
Wann? Der Wirkstoff ist nicht selektiv, das heißt er wirkt nicht nur im Unkraut, sondern auch in jeder getroffenen Kulturpflanze. Glyphosat kann daher nicht während des Wachstums von Kulturpflanzen eingesetzt werden, da es diese schädigen oder abtöten würde.
Seit wann? Der Wirkstoff Glyphosat ist in Deutschland seit 1974 in Herbiziden zur Unkrautbekämpfung zugelassen.
Wann nicht? Glyphosat darf nicht verwendet werden, um den Erntetermin zu steuern oder den Dreschvorgang zu optimieren.
Wo nicht? Glyphosat darf nicht auf befestigten Wegen und Plätzen angewendet werden – das gilt übrigens für alle Pflanzenschutzmittel und auch für Haus- und Kleingärtner.
Gefährdung: Im Rahmen der Risikowertung wurden über 1.000 Studien allein zu den gesundheitlichen Wirkungen von Glyphosat ausgewertet. Auf Basis aller vorliegenden Erkenntnisse kommen unabhängige Wissenschaftler in Deutschland und allen EU-Mitgliedstaaten sowie in vielen anderen OECD-Staaten überein: Bei bestimmungsgemäßer und sachgerechter Anwendung des Wirkstoffs Glyphosat bestehen keine Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit. Dies bestätigt auch die zusätzliche wissenschaftliche Überprüfung der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA). Die ECHA hat Glyphosat als nicht krebserregend eingestuft.
(Quelle: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft)