Osterdienstag 2009. Die Nachricht des Tages: Die damalige bayerische Umweltministerin Ilse Aigner verbietet den Genmais-Anbau im Freistaat. Genmanipulierte Pflanzen kommen nicht mehr auf die Felder. In Hüttenheim haut es Hans Plate fast vom Stuhl. Ein fünfjähriger Kampf ist damit zu Ende, das Ziel erreicht.
Wobei es mehr als nur ein Kampf war: Plate sah durch den Genmais seine „Existenz als Bio-Bauer in Frage gestellt“. Als sich die Nachricht von dem Anbauverbot gesetzt hatte, veränderte das alles: Hans Plate wusste jetzt, dass man die Dinge verändern kann. Dass sich jeder Einsatz lohnt. Dass Politik Sinn haben kann. Ein „Erweckungserlebnis“ sei das gewesen, erinnert sich der Landwirt mit dem grünen Herzen.
Studium in Weihenstephan
Der Kampf gegen den Genmais veränderte im Leben von Hans Plate so einiges. Er trat 2006 den Grünen bei. Noch während er die Beitrittserklärung unterschrieb, fragte er sich, „warum ich da nicht schon längst dabei war“. Sein Leben hatte er nämlich seit geraumer Zeit grün ausgerichtet: Seine eingeschlagene Offizierslaufbahn bei der Bundeswehr beendete der gebürtige Hannoveraner als Lebenserfahrung – um das Wort Missverständnis zu vermeiden. Er begann, Agrarwissenschaften an der Universität Freising-Weihenstephan zu studieren und wusste plötzlich: Das ist seine Berufung. Als er dann eine Hüttenheimerin kennenlernte, die später seine Frau werden sollte, waren die Weichen gestellt: Auf dem landwirtschaftlichen Anwesen seiner Frau und der Schwiegereltern haftete fortan ein „Bio“-Siegel. Hans Plate begann seinen Traum von einer besseren Landwirtschaft zu leben.
Nach seinem Einstieg in die Politik wurde der Biolandwirt und vierfache Vater 2008 in den Kreistag gewählt. Immer noch von der Gendebatte beflügelt, saß er nun allerdings bei den eher kleinen Parteien in den hinteren Reihen. Und er musste lernen, dass einige seiner ihm wichtigen Themen einfach so abtropfen. Dass es gar nicht so einfach ist, für seine Anliegen Gehör zu finden.
Manchmal unverstanden
„Ich hätte nie gedacht, dass man so wenig verstanden wird“, sagte er einmal über seine Anfangsjahre im Kreistag. Dabei ließ er durchblicken, dass er nach so mancher Sitzung enttäuscht und frustriert den Heimweg nach Hütenheim antrat. Beispielsweise, weil er mal wieder bei einem seiner Lieblingsthemen gescheitert war: Wie breit muss eigentlich eine Kreisstraße sein? Die Realität ist so: Werden die Straßen erneuert, geht damit oft eine Verbreiterung von fünf Metern auf 6,50 Meter einher. Zudem werden die Bankette verbreitert und die Kurven entschärft, beidseitige Straßengräben inklusive. Das bedeutet viel Aufwand – aber eben auch viel Fördergelder.
Fränkische Lebensart
Was Plate tief traurig findet: Warum nicht die kleinen Straßen lassen? Die sich doch viel besser ins fränkische Landschaftsbild einfügen? Dass nach und nach „die letzten alten Straßen im Landkreis mit reizvollem Streuobst“ verschwinden, kann Plate nicht verstehen. Er würde nur eine neue Fahrbahndecke aufbringen und den alten Landstraßencharakter erhalten – doch da ist der 55-Jährige oft der einsamste Rufer im Kreistag und führt seinen persönlichen Straßenkampf. Wobei es sicher mehr als nur eine nette Fußnote ist, dass ein gebürtiger Hannoveraner für die fränkische Lebensart kämpft.
Der Direktkandidat, der für den Stimmkreis 605 bei der Aufstellungsversammlung einstimmig gewählt wurde, wird nicht müde, sich für seine Themen einzusetzen. Neben Umwelt und Klimaschutz ist das, klar, die Landwirtschaft. Artgerechte Tierhaltung und die Abschaffung von Glyphosat sind seine wichtigsten Forderungen im Bereich der Landwirtschaft. „Landwirtschaft kann man auch ohne intensive Agro-Chemie betreiben“, da ist sich der 55-Jährige sicher, der sich zudem noch der Hähnchen- und Putenhaltung verschrieben hat.
Als Berater unterwegs
Wobei er das, was er sagt und fordert, auch immer lebt. So ist es selbstverständlich, dass ein Drei-Liter-Auto vor der Tür steht. Zumal Plate viel auf Reise ist: Als Berater für Bio-Geflügelzucht guckt er genau hin, ob seine Kollegen seriös wirtschaften. Wenn dann noch Zeit ist, setzt er sich gerne aufs Fahrrad oder geht hinaus, um sich als Ornithologe zu betätigen. Was einerseits viel Freude, andererseits auch unendlich traurig macht: Es gibt nicht mehr so viel zu sehen. Die Birkhühner beispielsweise, die er in jungen Jahren in den Mooren rund um Hannover bewundern durfte, sind inzwischen weg – zusammen mit ihrem Lebensraum.
Das alles treibt Hans Plate um. Wie nur wegkommen von dem ständigen Wachstums-Wahn? Wie die Natur erhalten? Was tun gegen Steinwüsten als Gärten und danebenstehenden SUVs? Das aktuelle Hoch der Grünen kommt da wie gerufen, um vielleicht doch noch eine Wende hinzubekommen. Denn eines will der Grüne nämlich auf keinen Fall: Sich vor der nachfolgenden Generation schämen und wegen der abhanden gekommenen Lebensgrundlagen die Frage gefallen lassen müssen: „Habt Ihr das nicht gewusst?“
Hans Plate
Als Agraringenieur und Bio-Kontrolleur sowie als Landwirt ist Hans Plate tätig. Seit 2005 ist er Mitglied bei Bündnis 90/Die Grünen. Als Kreisrat sitzt er seit 2008 im Kreistag des Landkreises Kitzingen. Bereits bei den Bundestagswahlen 2009 und 2013 vertrat er den Stimmkreis als Direktkandidat.
Der in Hannover geborene und in Niedersachsen aufgewachsene Plate kam 1987 durch ein Studium der Agrarwissenschaft an der Universität Freising-Weihenstephan nach Bayern. Wegen seiner Frau zog Hans Plate nach Hüttenheim, wo er seit 1997 einen Biolandbetrieb und eine Geflügelzucht betreibt. Er bewirtschaftet 26 Hektar Fläche.
Plate ist verheiratet und Vater von vier Kindern. Er setzt sich unter anderem für eine Stärkung des ländlichen Raums ein. Zudem fordert er eine Verbesserung der Tierhaltung sowie eine Haltungskennzeichnung bei tierischen Lebensmitteln. fw