In der Ruhe liegt die Kraft – Dr. Jürgen Kößler könnte dieses Motto erfunden haben. Auch die Nachricht, dass die AfD bundesweit erstmals vor der SPD liegt, lässt ihn nicht unruhig werden. Was ebenso auf die im Keller liegenden Umfragewerte der Bayern-SPD zutrifft. Bange machen gilt nicht – vielleicht noch so ein Motto, das für den Facharzt wie gemacht ist. Für seine Gelassenheit gibt es drei Gründe: Er glaubt an sich. Er glaubt an seine Partei. Und er glaubt daran, dass sich auch in Zeiten von simplen Parolen und Fake-News am Ende die Inhalte durchsetzen – und da sieht er seine Partei durchaus gut aufgestellt.
Ein weiterer Grund, weshalb man sechs Wochen vor der Wahl in seinem Heimatort Iphofen auf einen aufgeräumten SPD-Landtagskandidaten trifft, ist die Tatsache, dass er schon einige Aufs und Abs seiner Partei erlebt hat. Totgesagte leben länger – das wäre noch so ein Motto, an das der 40-Jährige glaubt. Obwohl noch recht jung, hat er in der SPD schon so manches erlebt – auch die eine oder andere Krise. So wie Anfang der 1990er Jahre, als die SPD schon mal totgesagt wurde. Wer das erlebt und sich mit den Ursachen beschäftigt hat, kann mit aktuellen Umfragewerten scheinbar gelassener umgehen.
Kohl war „nicht mehr zeitgemäß“
Beim gemeinsamen Treffen in der Iphöfer Vinothek – dem Ort seiner Nominierungsversammlung – lässt es sich gut über die Anfänge plaudern. Wie das damals war, als ein 16-jähriger Schüler in Scheinfeld seine ersten politischen Gehversuche startete und bei den Jusos anheuerte. Damals ging es vor allem um Helmut Kohl, den Jürgen Kößler als „nicht mehr zeitgemäß“ erlebte. Dann das erste Amt: Juso-Vorsitzender in Scheinfeld.
Das Interesse an Geschichte und Politik scheint den weiteren Lebensweg zu dominieren – wenn es da nicht eine Grundsatzentscheidung gegeben hätte. Jürgen Kößler wollte „auf eigenen Beinen stehen“ – unabhängig von der Politik. Berufspolitiker – das war erst einmal keine Option. Deshalb studierte er Naturwissenschaften und wurde Arzt. Außerdem stand die Familiengründung im Mittelpunkt: Der zweifache Vater siedelte sich 2011 schließlich in Iphofen an.
Alte Liebe SPD
Jetzt war es wieder Zeit für seine alte Liebe – die SPD. Für ihn fast eine Selbstverständlichkeit, sich als Ortsvorsitzender zur Verfügung zu stellen. Und als es Doris Aschenbrenner, die bisherige Kandidatin, nach Kronach verschlagen hatte, stellte sich der Neu-Iphöfer selbstverständlich zur Wahl als Direktkandidat für den Landtag.
Wofür er steht? Für Show schon mal nicht, eher für handfeste Arbeit. Er sieht „eine starke Basis“ in seiner Partei. Und er ist sich sicher: „Die SPD wird gebraucht!“ Gerade die soziale Kompetenz sei nirgendwo anders so stark. Etwa beim Thema Pflege. Diese Karte werde die SPD ausspielen – und sich dagegen stemmen, dass das Flüchtlingsthema alles überlagert. „Ein großer Teil der Bevölkerung unterscheidet hier sehr genau“, ist sich der 40-Jährige sicher. Wobei er sich der allgegenwärtigen Diskussion nicht verschließt und zwei Dinge betont: Zum einen müsse „Migration gesteuert“ werden. Zum anderen habe sich die SPD schon Ende der 1990er Jahre für ein Einwanderungsgesetz eingesetzt.
Problem für die Volkspartei
Was dem SPD-Mann die vielleicht größten Probleme bereitet: Die Gesellschaft werde individueller, zersplittere immer mehr. Für eine Volkspartei ein nicht zu unterschätzendes Problem. Weshalb es der Iphöfer auch nicht versäumt, auf ein prinzipielles Problem hinzuweisen: „Demokratie ist nicht selbstverständlich!“
Und so baut Kößler trotz des Tiefs darauf, dass es vielleicht doch noch einen Stimmungswandel gibt. Und darauf, dass sein Motto „Zukunft im Kopf, Franken im Herzen“ verfängt. Bei Gesprächen auf den Marktplätzen trifft er jedenfalls – nach eigenem Bekunden – sehr viele aufgeschlossene Menschen.
Ziel: mehr Stimmen als 2013
Für ihn ist das ein Mutmacher; daraus zieht er seine Motivation und Hoffnung. Sein Ziel: „Besser sein als bei der letzten Wahl.“ Damals schaffte die SPD im Landkreis sowohl bei den Erst- als auch Gesamtstimmen um die 16 Prozent.
Jürgen Kößler
Der Direktkandidat der SPD für den Landtag ist am 28. September 1977 in Neustadt/Aisch geboren. 1997 Abitur am Gymnasium Scheinfeld. Danach Studium der Medizin und Gesundheitsökonomie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Ab 2004 arbeitete Jürgen Kößler am Klinikum Nürnberg im Fachbereich Innere Medizin. 2006 Wechsel an die Uniklinik Würzburg. Dort Weiterbildung zum Facharzt für Laboratoriumsmedizin (2011) und zum Facharzt für Transfusionsmedizin (2014).
Dr. Jürgen Kößler wohnt seit 2011 in Iphofen. Er ist verheiratet und hat zwei Söhne. Hobbys: Tischtennis, Städtereisen, Wandern und Lesen. fw