
Weil er einen Ladendiebstahl verhindern wollte, zückte ein angetrunkener, selbst ernannter "Aufpasser" in einem Kitzinger Einkaufsmarkt ein Taschenmesser. Den möglichen Diebstahl eines kleinen Feuerwerks konnte er damit wohl verhindern. Obwohl daraufhin wegen Bedrohung ermittelt wurde, gab es kein Verfahren gegen den 53-Jährigen. Dafür saß jetzt ein 18-Jähriger als mutmaßlicher Ladendieb vor dem Kitzinger Jugendgericht.
Der Vorwurf: versuchter Ladendiebstahl und Bedrohung. Laut Anklage hatte der Schüler kurz vor Weihnachten 2022 in einem Discounter versucht, ein "kleines Feuerwerk" unter seiner Jacke zu verstecken. Als er dabei zur Rede gestellt wurde, soll er einem Mann, der sich als Aufpasser bezeichnete, gedroht haben, ihm "gleich oder später aufs Maul zu hauen".
Der Angeklagte spricht von einer "schlechten Angewohnheit"
Davon allerdings wollte der "gute Kunde" in dem Markt nichts wissen. "Ich wollte weder was klauen, noch habe ich jemanden bedroht", sagte der Jugendliche vor Gericht. Es sei eine "schlechte Angewohnheit" von ihm, beim Einkauf die Sachen in die Jacke zu stecken und dann an der Kasse zu bezahlen. Das habe er mit dem Kassierer und der Filialleitung abgesprochen, und noch nie habe es Probleme gegeben.
Auch an dem Tag kurz vor Weihnachten sei es so gewesen. Er habe einen Deoroller in die Tasche gesteckt und dann bezahlt. Dann habe er getestet, ob er das Feuerwerk so in seiner Jacke unterbringen kann, dass er es beim Radfahren nicht verliert.
Die Aktion habe ein Mann, der ihn angesprochen habe, offenbar falsch verstanden. Es sei zu einer Auseinandersetzung gekommen. Am Ende habe der Mann ein Messer gezückt. "Der war unter Drogen oder total besoffen", sagte der 18-Jährige. Er habe jedenfalls versucht, die Sache zu deeskalieren, die Kracher zurückgelegt, sein Deo bezahlt und sei verschwunden.
Die Polizei glaubt den Dieb im Überwachungsvideo erkannt zu haben
Die Polizei wurde dennoch gerufen. Nach dem Auswerten der Überwachungskamera waren sich die Beamten sicher, mit dem 18-Jährigen den mutmaßlichen Ladendieb ermittelt zu haben. Dazu kamen die Aussagen des "Aufpassers", der trotz 1,6 Promille im Blut glaubwürdig rüberkam. Ein Beamter ordnete ihn der "kleinen Kitzinger Trinkerszene" zu, die sich regelmäßig vor Discountern treffe und dort Alkohol konsumiere.
Der Auftritt des 53-Jährigen wurde zu einer Überraschung. Der "Aufpasser" sah sich den Mann auf der Anklagebank an und stellte klar: "Der war es nicht." Folge: Jugendrichter Wolfgang Hülle stellte das Verfahren "wegen allenfalls geringer Schuld" ein. Am Ende gab es den dringenden Rat des Staatsanwalts: "Nutzen Sie in Zukunft Einkaufwagen oder Einkaufskorb." Der Angeklagte erwiderte: "Das mache ich, ich habe meine Lektion gelernt." Und ging.