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Kitzingen
Kontaktsperre wegen Corona: Ein Dilemma für Selbsthilfegruppen
Selbsthilfegruppen leben davon, dass sie Menschen mit Problemen zusammenbringen – direkt, von Mensch zu Mensch. Wie behelfen sich die Gruppen trotz Corona-Einschränkungen?
Gerade Krisenzeiten wie die aktuelle, die die Corona-Pandemie ausgelöst hat, belasten zahlreiche Menschen. Fatal ist es da, dass Selbsthilfegruppen, die Menschen auffangen können, gerade jetzt wegen der ausfallenden Gruppentreffen Betroffene nur eingeschränkt beistehen können. Das Symbolbild zeigt eine Frau, die in der Einnahme von Tabletten einen Ausweg aus ihren Problemen sucht.
Foto: Liderina | Gerade Krisenzeiten wie die aktuelle, die die Corona-Pandemie ausgelöst hat, belasten zahlreiche Menschen. Fatal ist es da, dass Selbsthilfegruppen, die Menschen auffangen können, gerade jetzt wegen der ausfallenden ...
Guido Chuleck
 |  aktualisiert: 27.04.2023 09:41 Uhr

Dass das öffentliche und gesellschaftliche Leben momentan so gut wie stillsteht, stellt gerade Mitglieder von Selbsthilfegruppen (SHG) vor Probleme. Mitglieder von medizinischen SHG können ihre Übungen in diesem Fall teilweise allein daheim oder bei einem medizinisch notwendigen Spaziergang absolvieren. Doch Mitglieder von Gruppen, die bei psychischen Problemen helfen, sind oft genug auf genau ihre Gruppe angewiesen. Wie SHG damit umgehen, stellen wir anhand dreier Gruppen vor: der Osteoporosegruppe Kitzingen, dem Kreuzbund Kitzingen (für alkohol- und medikamentenabhängige Menschen) und dem Verein "Dieser Weg – Zurück ins Leben", der sich an Menschen mit Depressionen wendet.

Rein grundsätzlich, sagt Barbara Ettinger, Sprecherin der SHG im Landkreis, "sind die Gruppen seit dem Beginn der Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen auf telefonische Kontakte begrenzt". Bislang traf sich die Kitzinger Osteoporose-Gruppe, die Ettinger leitet, einmal wöchentlich zum gemeinsamen Training. Wobei der Begriff "Training" ein wenig irreführend ist, denn es handelt sich, so Ettinger, um eine regelrechte Reha-Maßnahme, und für die ist die sogenannte "Verordnung 56" notwendig.

Gerade ältere Menschen drohen zu vereinsamen

Diese wird für Menschen vom Arzt verschrieben und kann auch, so Ettinger weiter, "nur in Selbsthilfegruppen eingelöst werden". Weil nun das wöchentliche Training ausfällt, das für das Halten des Gleichgewichts notwendig ist, "müssen die Betroffenen so gut es geht daheim üben", sagt sie. Ansonsten bleiben sowohl ihr als Gruppenleiterin als auch den Gruppenmitgliedern nur das Telefon oder, falls ein Internetanschluss vorhanden ist, Videotelefonie über Skype oder WhatsApp. Eines der größeren Probleme sei nämlich, dass gerade ältere Menschen zu vereinsamen drohen. "Da schauen wir, dass wir Kontakt halten so gut es geht", sagt Ettinger.

"Erstbesuche bei mir daheim von fremden Menschen lehne ich ab."
Armin Reuther, Leiter der Kitzinger Kreuzbund-Gruppe

Nicht viel anders ergeht es gerade Armin Reuther, Leiter der Kitzinger Gruppe des Kreuzbundes für Menschen mit Alkohol- und Medikamentensucht. "Das ist eine Situation, mit der wir alle zurechtkommen müssen", sagt er. Das habe niemand üben können, "und einen Plan B haben auch wir natürlich nicht in der Tasche". Alle Orte, an denen sich die Gruppen treffen könnten, sind geschlossen, so dass Gruppenstunden auch in diesem Fall schlichtweg ausfallen. "Wir kommunizieren über Telefon und, wenn möglich, über Skype, mehr geht auch bei uns nicht."

Das Telefon ist momentan auch die einzige Gelegenheit, die Reuther für ein Erstgespräch anbietet, also für Menschen, die aktiv gegen ihre Alkohol- oder Medikamentensucht vorgehen wollen. "Erstbesuche bei mir daheim von fremden Menschen lehne ich ab", sagt er. Somit berät er potenzielle Neulinge zunächst am Telefon und bietet an, per Post Infomaterial zuzusenden. "Das betrifft dann auch, aber nicht nur drohende Rückfälle", sagt Reuther. Wer ihm eine E-Mail schickt, darf sicher sein, auch auf diesem Weg Hilfe von ihm zu bekommen.

Die Schließung von Seniorenheimen hat Folgen

Eine möglichst frühzeitige Lockerung der Ausgangs- und Kontakteinschränkung wäre auch für Menschen mit Depressionen sehr wichtig. Eine Anlaufstelle für sie ist der Verein "Dieser Weg – Zurück ins Leben" in Volkach, und er wendet sich an Angehörige und Betroffene von Depression, Posttraumatischer Belastungsstörung und Dissoziativer Störung. Ein weites Feld, das der Vorsitzende Alexander Bothe zu beackern hat, zumal seine Gruppe die schnelle Schließung von Seniorenheimen am eigenen Leib zu spüren bekam. "Wir treffen uns normalerweise im Bürgerspital in Volkach, aber da ist uns relativ schnell ein Besuchsverbot erteilt worden", sagt er.

Dieses Verbot sei natürlich nachvollziehbar, fügt er hinzu, und somit bleibt auch ihm nur der telefonische oder virtuelle Kontakt mit den Gruppenmitgliedern. Weiterhin verweist Bothe auf die Internetseite des Vereins (www.dieser-weg-zurueck.de). Schon auf der Startseite finden sich dort Verweise auf die sehr erfolgreichen Facebook-Auftritte des Vereins, unter anderem mit einer ganzen Reihe von Publikationen. Für akute Fälle ist der Verein unter der Telefonnummer, die auf der Webseite angegeben ist, immer erreichbar.

 
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