„Fußballer! Oder
Basketballer. Vielleicht auch Astronaut oder Polizist. Und
Feuerwehrmann! ...
Und Maler auch!“
Noah Jai auf die Frage, was er mal
werden will
Er ist quicklebendig. Immer in Bewegung, meist strahlend. Der vierjährige Noah Jai Feininger ist fröhlich und neugierig – ein ganz normales Kind eben. Und doch nicht. Er malt und gestaltet stundenlang. Seine Mama Diane Feininger freut sich an seiner Leidenschaft, besorgt ihm Farben und Leinwände. Sie ist froh, dass ihr Sohn jetzt ein unbehindertes Leben führen kann.
Bis er eineinhalb Jahr alt war, hat Noah Jai keine anderen Kinder gesehen. Kein Wunder: Mehrere Monate verbrachte der kleine Bub im Krankenhaus. „Er kam mit einem hochgradigen Reflux aus der Blase auf die Welt. Das gefährdete die Nieren“, erzählt seine Mutter. Drei große Operationen, verbunden mit wochenlangen Krankenhausaufenthalten, waren nötig.
„In der Klinik war uns manchmal auch ganz schön langweilig“, denkt Diane Feininger zurück. Sie weiß noch genau, wie sie und ihr Freund Zak ihren Sohn an seinem ersten Geburtstag auf ein großes, weißes Plakat setzten, ihm Fingerfarben in die Hand drückten und sagten: „Komm, Noah, wir matschen und malen!“
Noah ließ sich das nicht zweimal sagen. Mit Begeisterung legt er los, mischte Farben, schmierte sie sich auf die Finger, zog damit Kreise, Tropfen und Streifen aufs Papier. „Das hat ihm so großen Spaß gemacht, dass wir das immer mal wiederholt haben.“ Als Noah größer wurde – und endlich gesund war –, bekam er seine erste Leinwand und Pinsel. „Auch das hat ihn total fasziniert. Er hat sich stundenlang damit beschäftigt.“
Zwischen Sandkasten und Hüpfburg haben seine Eltern ihrem Sohn auf einem Freisitz an ihrem Haus in Mainstockheim eine „Kreativecke“ eingerichtet, mit Maltisch und Staffelei. „Dort kann er sich austoben, wann immer er will“, sagt Diane Feininger, die als Grafikdesignerin selbst sehr kreativ ist. „Vielleicht haben Noah und ich das von meinem Papa geerbt. Der baut Lampen, gestaltet Holzfiguren und denkt sich Einrichtungsgegenstände aus“, erzählt die 41-Jährige. Ob die Familie auch mit dem bekannten Bauhaus-Künstler Lyonel Feininger verwandt ist? Diane sagt: „Um fünf Ecken, laut meinem Urgroßvater.“
Mittlerweile ist Noah Jai viereinhalb Jahre alt und hat bereits viele Dutzend Leinwände gestaltet. Ganz unterschiedlich sehen sie aus: Auf seinem quietschbunten Bild, das seine Mama „Lollipop“ nennt, hat er Federn und Glitzer verarbeitet, auf einem anderen Werk scheint ein gelborange-farbener Bach – „meine Lieblingsfarbe!“, sagt Noah – über einen dunklen Hintergrund zu fließen. In einem weiteren Bild meint man, einen gelben Comic-Vogel zu erkennen. „Wir Erwachsenen interpretieren immer irgendwas rein“, sagt Diane Feininger lachend. „Wenn wir Noah dann fragen, was er da gemalt hat, erzählt er uns manchmal etwas ganz anderes.“
Allerdings habe er, dessen Bilder sonst nur abstrakt waren, mittlerweile auch schon Figuren gezeichnet. Neulich habe er ein Taschentuch bemalt und auf eines seiner Bilder geklebt. Als die Eltern wissen wollten, weshalb, habe er ihnen erklärt, das sei doch eine Blume. „Ein Kind sieht Dinge anders als wir“, sagt Diane und zuckt lächelnd mit den Schultern. Sie findet: „Kunst ist immer subjektiv.“ Sie will keinen kleinen Picasso oder van Gogh aus ihrem Sohn machen, sondern lässt ihn einfach gewähren. „So lange er Spaß dran hat, unterstütze ich ihn und kaufe ihm Farben und Materialien.“ Einige von Noahs Bildern fand Diane allerdings selbst so schön, dass sie sie reproduzieren ließ – auf Lampenschirme, Taschen und T-Shirts zum Beispiel. Zwei Leuchten stehen in ihrem Wohnzimmer und verbreiten eine einzigartige, fröhliche Atmosphäre.
Während seine Mutter erzählt, ist Noah schon wieder am Werkeln. „Schau mal“, sagt der Blondschopf, „jetzt nehme ich einen Farbroller“. Noah taucht die kleine Malerrolle in einen Klecks königsblauer Farbe und umrahmt damit ein Heer gelb-pinkfarbene Punkte. Die Punkte hatte er am Tag zuvor mit einem Pinsel auf die Oberfläche geschleudert. „Das ist wie ein Abenteuer“, sagt er. Auf die Frage, wie er das meint, grinst der „Kleine Feininger“ nur.
Dafür sprudelt es nur so aus ihm heraus, wenn man sich nach seinem Wunschberuf erkundigt. „Fußballer! Oder Basketballer. Vielleicht auch Astronaut oder Polizist. Und Feuerwehrmann!“ Aber nicht Maler? Noah legt den Kopf schief, zwickt seine lustigen, meerfarbenen Augen zusammen und brummt dann: „Hm, doch. Maler auch!“
Info: „Der kleine Feininger“ sollte in diesen Tagen eigentlich erstmals in einer Ausstellung zu erleben sein – in Wörners Schloss, Prichsenstadt-Neuses. Wegen Corona wird die Schau allerdings auf 2021 verschoben. Besuchen kann man Noah Jai trotzdem: auf seinem Blog: noahs-logblog.com