Für dieses Jahr wird jeder seine eigene Bezeichnung finden. Von aufregend über aufreibend bis hin zu schrecklich dürfte die Palette der Adjektive reichen. Für den Leiter der Polizeiinspektion in Kitzingen Markus Hack ist das Jahr 2020 im Rückblick vor allem eines: außergewöhnlich.
Sind Sie froh, dass dieses Jahr bald vorbei ist?
Hack: Es war sicher ein außergewöhnliches Jahr. Eine Fortsetzung brauche ich nicht. Auch wenn es ganz spannend begonnen hat.
Warum?
Hack: Daran erinnert sich fast keiner mehr, aber die Schlappmaulorden-Verleihung hatte mit Ministerpräsident Söder und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger die zwei hochrangigsten bayerischen Politiker nach Kitzingen gebracht. Da waren wir als Polizei natürlich auch gefordert.
Wenig später kam der erste Lockdown.
Hack: Genau, mit leeren Straßen und Plätzen, auch das war sehr ungewöhnlich.
War das dennoch eine arbeitsintensive Zeit für Sie und Ihre Mitarbeiter?
Hack: Wir haben immer wieder kontrolliert, konnten aber feststellen, dass sich die große Mehrheit der Bevölkerung an die Regeln gehalten hat. Zum Glück geht es hier im Landkreis Kitzingen anders zu als in großen Städten wie Berlin oder Stuttgart.
Gab es überhaupt Verstöße gegen die Auflagen des Infektionsschutzgesetzes?
Hack: Es gab und gibt immer wieder mal kleinere Partys und Versammlungen. Die Kollegen fahren hin und lösen sie auf.
Ohne Probleme?
Hack: Fast immer. Das Verständnis der Bevölkerung ist da. Und die Kollegen sind erfahren, gehen mit viel Fingerspitzengefühl auf die Bürger zu.
Hat sich die Einstellung der Bürger zur Polizei geändert?
Hack: Der Wunsch nach Regeln und einem Organ, dass diese Regeln durchsetzt, ist bei der Masse nach wie vor vorhandnen. Aber die einzelnen Meinungen werden radikaler und lauter. Das sehen wir ja gerade bei den so genannten Querdenkern.
Was waren die schwierigsten Fälle in diesem Jahr?
Hack: Die Einsätze am völlig überlaufenden Altmain und am Bleichwasen in Kitzingen. Wir hatten heuer ganz allgemein mehr mit Sachbeschädigungen aber auch mit Ruhestörungen zu tun. Die Massen, die sich am Bleichwasen in manchen Sommernächten trafen, bedeuteten schon eine Herausforderung.
Wie haben Sie das Problem gelöst?
Hack: Mit Diplomatie und Kommunikation. Ich bin Oberbürgermeister Stefan Güntner und seiner Stellvertreterin Astrid Glos sehr dankbar, dass sie bei den Streifen mit vor Ort waren und auf die jungen Besucher eingewirkt haben. Die Zusammenarbeit mit den Behörden läuft im Landkreis Kitzingen ganz allgemein hervorragend.
Haben Sie Verständnis für die jungen Leute?
Hack: Ein Stück weit schon. In normalen Jahren hätten sie auf Weinfesten oder später auf Kirchweihen feiern können – und niemand hätte sich beschwert. So sind sie auf andere Flächen ausgewichen und haben Menschen gestört, die in normalen Zeiten ihre Ruhe haben.
Und sich deshalb an die Polizei gewandt haben.
Hack: Ich hatte das Gefühl, dass manche Menschen heuer ein bisschen dünnhäutiger waren, weil sie selbst nicht ihren normalen Lebensrhythmus leben konnten.
Wurden die Kollegen besonders geschult auf die Einsätze im Zusammenhang mit Corona?
Hack: Konfliktbewältigung und Deeskalation sind seit Jahren gefragt und ein fester Bestandteil in der Ausbildung. Als Polizist muss man heutzutage auch sprachlich sehr gewandt sein.
Haben Sie genug Beamte in der Kitzinger Inspektion?
Hack: Genug kann man nie haben (lacht). Wir kommen zurecht, aber wenn ich ein paar Kollegen zusätzlich hätte, würde ich noch weitere Fußstreifen bilden oder mehr Augenmerk auf die Geschwindigkeitsüberwachung legen. Corona kam ja zusätzlich zu dem, was wir eh leisten müssen.
Gab es, außer Corona, irgendwelche Auffälligkeiten?
Hack: Sachbeschädigungen im öffentlichen Raum haben zugenommen. Eingeworfene Scheiben, verkratzte Autos. Solche Dinge. Dabei sind wir immer auf die Hilfe der Bevölkerung angewiesen. Jede mitgeteilte Beobachtung hilft uns.
Wie hoch ist der Altersdurchschnitt in der Kitzinger Inspektion?
Hack: Er liegt bei etwa 39 Jahren. Wir hatten vor ein paar Jahren tatsächlich Nachwuchssorgen – deutschlandweit. Mittlerweile gibt es wieder viele junge Menschen, die sich zum Polizisten ausbilden lassen. Diese Durchmischung ist natürlich auch gut für unsere Inspektion.
Wie viele Ihrer Mitarbeiter sind positiv auf Corona getestet worden?
Hack: Kein einziger. Obwohl wir das ganze Jahr über ganz normal auf unsere Einsätze gefahren sind.
Keine Vorsichtsmaßnahmen?
Hack: Doch natürlich. Im Gebäude haben wir Plexiglasscheiben angebracht, wir achten auf Abstände und desinfizieren unsere Hände regelmäßig. Aber draußen, bei den Leuten, kann man nicht immer so einfach Abstand halten. Ich erinnere mich an einen Kollegen, der sich nach einem Einsatz verabschieden wollte. Und da eröffneten ihm die Menschen vor Ort, dass sie Corona-positiv waren.
Und dann?
Hack: Musste im Nachhinein ein Test vorgenommen werden.
Seit Mitte Dezember gibt es den harten Lockdown mit Ausgangsbeschränkung ab 21 Uhr. Wie scharf sind die Kontrollen?
Hack: Wir fahren Streifen, halten auch Autos an und fragen, warum die Fahrer noch unterwegs sind. Und wir schauen gerade dort nach, wo sich die Menschen normalerweise aufhalten. Im Moment kommt uns der Winter mit den kalten Temperaturen da natürlich entgegen. Richtig Hot-Spots gibt es nicht.
Sie haben noch einen Wunsch für das nächste Jahr frei.
Hack: (lacht) Dann wünsche ich mir, dass 2021 nicht mehr außergewöhnlich wird.
Rückblicke: Am Ende dieses ungewöhnlichen Jahres hat sich diese Zeitung mit Menschen aus verschiedenen Branchen über das fordernde Jahr 2020 unterhalten. Morgen: Wiesentheids Ex-Bürgermeister Werner Knaier.