In der Küche der Berufsschule Kitzingen laufen am Mittwochnachmittag letzte Vorbereitungen. In einer massiven Bratpfanne brutzelt Oberschale vom Reh, in einer weiteren Zwiebeln und Speck. Bei den Köchen ist die Stimmung hektisch. Sie rufen sich gegenseitig Anweisungen zu. Sechs Hauptgerichte sollen die Köche, die allesamt im letzten Lehrjahr sind, zubereiten. Auch wenig weiter herrscht volle Konzertation und Millimeterarbeit: In kleinen, weißen Porzellanlöffeln richten die Schüler ihre ersten Speisen an.
Es geht für die Azubis nicht um Schulnoten. Die Veranstaltung "Der Wilde Löffel" ist ein Gemeinschaftsprojekt der Abschlussklassen im Bereich Gastronomie und Nahrung der Kitzinger Berufsschule. Es ist zugleich eine Premiere und ein Praxistest für die Azubis. In sechs Teams arbeiten Köche, Konditoren, Bäcker sowie Restaurant- und Hotelfachleute zusammen. Alle stehen sie kurz vor ihrer Gesellenprüfung. An diesem Tag können sie wertvolle Praxiserfahrung sammeln. Ein Publikum von Gästen aus der Politik, dem Handwerk und der Gastronomie wird jede ihrer Speisen und den Service bewerten.
Schüler dürfen komplett eigene Rezepte entwerfen
Die Aufgabe der Schüler: Sie müssen vom Aperitif über die Hauptgerichte und das Brot zwischen den Gängen bis hin zu den Nachspeisen ein Menü zaubern – komplett in Eigenregie. Die einzigen Einschränkungen: Alles soll sich um ein Reh drehen. Dieses hat Schulleiter Frank Delißen zuvor geschossen. Und: Alle Speisen müssen aus regionalen Zutaten zubereitet sein.
Eine Etage unter der Küche, in den Backstuben, ist die Stimmung entspannter. Die Konditoren und Bäcker sind mit ihren Aufgaben bereits durch. Gerade zieht Lehrling Max Wimmer sein Baguette aus dem Ofen. "Man hat nicht jeden Tag die Möglichkeit, sein eigenes Rezept zu machen", sagt er. Der angehende Bäcker hat sich eine Cashew-Kruste und Cranberry-Füllung für sein Brot überlegt.
Einflüsse aus den verschiedensten Kulturen
Nebenan testen die Konditoren ihre Nachspeisen. Gerade stehen sie um Elif Olays Dessert. Sie hat Künefe zubereitet. "Das ist ein arabischer Nachtisch", sagt sie. Die warme Quarkspeise ergänzte sie mit Vanillecreme und Granatapfel. Wie viele der Schüler, hat sie Einflüsse aus ihrer Heimat in ihr Rezept einfließen lassen.
Wieder oben, im Restaurant der Schule, testen sich die Gäste durch 18 Gänge. Bedient werden sie von den angehenden Restaurant- und Hotelfachleuten. Die mussten auch passende Weine zum Wild auswählen und sich um die Dekoration kümmern. Auf den Tischen liegen Tannenzweige, Zapfen und Nüsse. Die Servietten haben sie zu Ahornblättern gefaltet. Alltag für die Schüler, wie Restaurantfachmann-Azubi André Kretzer erklärt. "Organisation gehört zu dem Beruf dazu", sagt er.
Gerade servieren sie die Schulter des Rehs. Die hat Kochlehrling Khairullah Rostamkhel zubereitet. Er kommt aus Afghanistan. "Ich hab Gulasch gemacht, mit speziellen Gewürzen aus meiner Heimat", sagt er. Dazu gibt es Bulgur, Pilze und Gemüse – alles serviert auf einem kleinen Porzellanlöffel.
Überzeugende Ergebnisse
Durch die kleinen Löffelchen schauen die Gäste scheinbar genauer hin. Sie bewundern, wie filigran die Speisen angerichtet sind, heben die Löffel hoch und riechen. Mit einem Bissen sind alle Zutaten gleichzeitig im Mund. "Wenn ich eines kritisieren kann, dann dass nur ein halbes Dutzend Teams da waren", sagt Kitzingens Hauptamtleiter Ralph Hartner. Nach jedem Gang bewerten die Gäste die Speisen mit Schulnoten.
Nach 18 Löffeln sind die Ergebnisse der Bewertungen ausgewertet. "Die haben für sich gesprochen", sagt Fachoberlehrer Marcus Hilpert. Jedes der sechs Teams wurde mit einer Durchschnittsnote im Einserbereich bewertet. Hilpert sagt stolz: "Mit dem, was ihr die letzten Wochen geliefert habt, seid ihr alle Gewinner." Für seine 28 Schüler beginnt nun der entspannte Teil des Projekts: In der Küche sind sie jetzt mit dem Essen dran.