Christian Georgi ist seit 2018 Chef der Polizeiinspektion Kitzingen. Der Polizeirat spricht im Interview über Erfahrungen in München, den USA und über Herausforderungen im Landkreis.
Frage: Herr Georgi, Sie kommen aus dem Raum Ansbach, haben in München gearbeitet, sind jetzt in Kitzingen. Welche Unterschiede zwischen den Regionen haben Sie festgestellt?
Christian Georgi: Der Franke ist eher skeptisch und kritisch. In Oberbayern sind die Leute optimistischer. Dafür verstehe ich den Dialekt hier besser. Ich fühle mich in Kitzingen wahnsinnig wohl und komme mit den Leuten gut zurecht. Damit fällt mir der Einstieg leicht.
Welche besonderen Erlebnisse verbinden Sie mit Ihrer Einsatzzeit in der Münchner Allianz-Arena?
Georgi: Ich war dort fast drei Jahre im Führungsstab tätig und oft an den Brennpunkten unterwegs. Wenn man dann sieht, wie die Busse kommen und sogenannte Ultra-Gruppierungen direkt gegen die Polizei schreien, merkt man, wie viel Adrenalin dort unterwegs ist. Das muss die Polizei entsprechend betreuen, um die Problem-Fanlager getrennt zu halten. Bei solchen Großveranstaltungen habe ich sehr viel lernen können.
Haben Sie den Eindruck, dass Gewalt gegen Polizisten zunimmt?
Georgi: In Bayern vertreten wir die Haltung, den Ultra-Fangruppierungen frühzeitig auf den Füßen zu stehen. Aber das größere Problem sind eher die alltäglichen Fälle von Gewalt gegen Beamte. Dass der normale Streifenpolizist bei Kontrollen oder Streitigkeiten massiv angegangen wird, ist eine Tendenz, die in den vergangenen zehn Jahren deutschlandweit zugenommen hat. Das bereitet mir Sorgen. Zum Vergleich: 1968 gab es im Raum Kitzingen einen Fall von Widerstand gegen Polizisten. Letztes Jahr waren es knapp 30. Das kann die Polizei nicht allein beseitigen, sondern die Gesellschaft, indem sie in der Familie, in Vereinen Werte vorlebt.
Sie haben den Secret Service und das FBI in den USA besucht. Welche Erfahrungen haben Sie dort gemacht?
Georgi: Ich befand mich dort im Rahmen meines Studiums. Die Quintessenz: Wir haben in Deutschland eine sehr gute Polizei-Ausbildung. In den USA dauert sie lediglich acht Wochen. Nach weiteren acht Wochen mit einem Kollegen im Polizeifahrzeug fährt man solo Streife. In Deutschland dauert die Ausbildung Jahre; damit sind wir weltweit führend und international sehr angesehen. Außerdem wird in den USA schneller geschossen, auch weil die Gefahr für Polizisten weitaus größer ist. Ein weiterer Punkt: Die Mann-Ausstattung in den USA beinhaltet Handy und Laptop. Damit können Sie schon auf dem Weg zum Einsatz Daten abrufen. Zudem gibt es Kennzeichen-Lesegeräte an den Fahrzeugen, die sofort Fahndungsdaten vergleichen. Beides wäre aufgrund des Datenschutzes in Deutschland nicht möglich.
Auch interessant: Amerikanische Polizisten können nach 20 Jahren im Dienst in Pension gehen. Dann haben sie Anspruch auf 50 Prozent der Bezüge. Viele arbeiten weiter und bekommen folglich 150 Prozent Gehalt. Aber ich möchte dort nicht Polizist sein, weil es zu gefährlich ist. In jeder Dienststelle, die wir besucht haben, gibt es Bilder-Collagen von getöteten Polizisten. Immerhin hat die Polizei in der Bevölkerung und in der Politik einen sehr hohen Stellenwert.
Welche Probleme wollen Sie in Kitzingen anpacken?
Georgi: Erstens: Trotz rückläufiger Zahlen wollen wir weiter ein Augenmerk auf die Wohnungseinbrüche haben. Denn hier ist die psychische Belastung für die Opfer sehr hoch.
Zweitens haben wir inzwischen mehr Rauschgiftdelikte im Straßenverkehr als Alkoholmissbrauch. Im vergangenen Jahr hatten wir über 100 Anzeigen. Einer der tödlichen Unfälle war auf Drogeneinfluss zurückzuführen.
Drittens werden wir weiter die Geschwindigkeit und das Anlegen von Gurten kontrollieren. Des Weiteren ist mir das Thema „Ablenkung im Straßenverkehr“, zum Beispiel durch Handynutzung, ein persönliches Anliegen. Das ist wie Blindflug auf der Straße.
Außerdem gibt es zurzeit eine Serie von Auto-Sachbeschädigungen zwischen Kaiserstraße und Nordtangente in Kitzingen. Seit Dezember wurden mehr als ein Dutzend Autos beschädigt. Das wollen wir in den Griff kriegen. Dazu würden wir uns über Hinweise aus der Bevölkerung freuen.
Was sind weitere Schwerpunkte?
Georgi: Zum Beispiel die Betreuung von Großveranstaltungen. Wir haben im Landkreis viele Weinfeste. Allein beim Volkacher kommen 20 000 Menschen. Im August haben wir die BR-Radltour inklusive Abend-Konzert. Und nachdem die Gemeinde Dettelbach die „Bürgermeisterschaften“ gewinnen konnte, findet im Mai dort ein Konzert mit erwarteten 10 000 Besuchern statt. All das wollen wir mit anderen Behörden und Verbänden angehen.
Mir ist auch der Kontakt zur Bevölkerung wichtig. Ich möchte um Verständnis für Maßnahmen der Polizei werben und betonen, dass wir ohne Hinweise der Bevölkerung nur halb so gut arbeiten können. Mein Ziel ist, dass die Menschen hier sicher und gut leben – und zwar ohne Angst. Kitzingen ist ein sehr sicherer Landkreis, sicherer als Unterfranken, sicherer als Bayern insgesamt und viel sicherer als andere Bundesländer.
Wollen Sie die Fußstreifen in der Stadt Kitzingen verstärken?
Georgi: Prinzipiell wird es weiterhin Fußstreifen geben, sofern es der Tages-Dienstbetrieb zulässt.
Bearbeiten Sie in Kitzingen auch Internet-Kriminalität?
Georgi: Ja. In diesem Deliktfeld kommt es zu einer nicht unerheblichen Anzahl von Strafanzeigen. Mit der Digitalisierung muss sich auch die Polizei ständig weiterentwickeln, aber wir haben hier Kollegen, die in diesem Thema sehr erfolgreich arbeiten.
Wie ist die personelle Ausstattung der Dienststelle?
Georgi: Wir haben aktuell fünf neue Kollegen bekommen. Damit können wir momentan gut agieren. Aber die Inspektion ist nicht vom demografischen Wandel ausgenommen. Deshalb hoffe ich weiterhin auf Zuteilungen. Und wir müssen schauen, dass das Fachwissen erhalten bleibt, wenn die alten Kollegen in den Ruhestand gehen.
Wie weit ist die Planung des Neubaus der PI?
Georgi: Das Finanzministerium hat die Immobilienverwaltung Bayern mit der Umsetzung beauftragt. Derzeit laufen Grundstücksverhandlungen zum Gelände an den Marshal Heights.
Warum brauchen Sie ein neues Gebäude?
Georgi: Wir könnten auch hier noch weiterarbeiten, aber das Gebäude ist sanierungsbedürftig. Und diese Sanierung wäre so teuer, dass sie sich einfach nicht lohnen würde.
Was würden Sie sich wünschen?
Georgi: Dass alle Kolleginnen und Kollegen immer gesund und unverletzt von ihren Einsätzen zurückkommen. Außerdem wünsche ich mir, dass Cannabis nicht legalisiert wird, weil die Auswirkungen im Straßenverkehr gravierend sind.
Was liegt Ihnen für die Bevölkerung am Herzen?
Georgi: Dass die Menschen nicht auf die aktuelle Betrugsmasche des „falschen Polizeibeamten“ hereinfallen. Die Polizei würde zum Beispiel niemals Geldforderungen stellen. Wenn so etwas vorkommt, sollte man sofort die Polizei verständigen.
Wobei entspannen Sie privat?
Georgi: Bei einem spannenden Buch. Und das muss ein Krimi oder Thriller sein. Dafür schaue ich keinen „Tatort“, weil das so unrealistisch ist. Jeder zweite Polizist dort ist Alkoholiker und hat ein Beziehungsproblem. Und außerdem sind die dargestellten Methoden weit weg von jeder Realität. Das kann ich mir nicht ansehen.
Christian Georgi und die PI Kitzingen
Der Polizeirat Christian Georgi, geb. Kötzel, leitet seit 2018 die Polizeiinspektion Kitzingen. Er ist in Ansbach (Mittelfranken) aufgewachsen, seit kurzem verheiratet und 35 Jahre alt. Während seiner Ausbildung verschlug es ihn zur Polizei nach Oberbayern: Sulzbach-Rosenberg, München und Bad Wörishofen waren seine Dienstorte, an denen er Erfahrung in verschiedenen Arbeitsbereichen und Führungsebenen der Schutz- und Kriminalpolizei sammelte. Herausragende Einsatzgebiete waren die regelmäßige Betreuung der Allianz-Arena, die Mitarbeit bei Pegida-Demonstrationen in München und beim G7-Gipfel in Garmisch-Partenkirchen. Anschließend studierte der Polizeibeamte zwei Jahre an der Polizei-Hochschule.
Die Polizeiinspektion Kitzingen ist neben Dachau die einzige in Bayern, deren Einsatzgebiet sich mit den Landkreis-Grenzen deckt. Zurzeit arbeiten einschließlich der Tarifbeschäftigten knapp 100 Mitarbeiter in der hiesigen Polizeidienststelle. abra