
Else Böhm feierte in ihrem Geburtshaus am Rosenberg am Montag einen besonders hohen Geburtstag: sie wurde 101 Jahre alt. Der Besuch zur Berichterstattung verlief so völlig anders als gewohnt, denn die Jubilarin machte überhaupt nicht den Eindruck eines dreistelligen Geburtstages. Im Gegenteil. Die viertälteste Einwohnerin der Stadt wartete mit unglaublich detaillierten Einzelheiten aus der Stadt auf, die sie ja mehr als 100 Jahre miterlebt hat.
Die Jubilarin wurde am 1. Juli 1923 in Kitzingen geboren und wuchs auf dem elterlichen Bauernhof am Rosenberg auf. Bauernhof am Rosenberg? Dort, gleich neben der späteren Metzgerei Drenkard, betrieben die Eltern Kaspar und Margarethe Denninger einen Bauernhof mit Viehhaltung. Von fünf Kindern war sie "die mittlere", erzählt sie und wirkt etwas nachdenklich, denn zwei ihrer Brüder sind im Krieg gefallen.
Mit dem Kitzinger Original Sepp Denninger verwandt
Else Denninger besuchte die Volksschule in Kitzingen und erzählt aus ihrer Schulzeit, als ob es gestern gewesen wäre. Dabei fallen Namen von Schulkameradinnen, die auch dem Verfasser dieser Zeilen nicht unbekannt sind, war doch auch seine Mutter darunter. Die Namen ihrer Kameradinnen nennt sie so, wie es in den 20-er Jahren des vorigen Jahrhunderts üblich war: die Venuser Herta, die Thiels Thea, die Weichselfelders Frieda und viele mehr. Dabei stellt sich heraus, dass das Kitzinger Original Sepp Denninger in ihre Verwandtschaft gehört.
Neben der Tierhaltung gehörte Weinbau und Landwirtschaft zum elterlichen Gehöft. Die Mutter verstarb bereits mit 36 Jahren und Else Böhm ist noch in Erinnerung, wie sie sich mit ihren Geschwistern von der Mutter verabschieden musste. Mit ein Grund, weshalb sich die Jubilarin, die auf dem Hof mitarbeitete, der Landjugendgruppe anschloss und diese schließlich führte. Sich sozial zu engagieren lag ihr besonders am Herzen, so dass sie sowohl im evangelischen wie im katholischen Frauenbund mitmachte. Da Else Denninger in der Stadt Kitzingen die Milchkontrolle übernommen hatte, weiß sie noch genau, dass es damals in Kitzingen noch 39 richtige Bauernhöfe gab, deren Namen sie wie selbstverständlich parat hat.
Die "Hochzeitsreise" führte in den Weinberg
Wann genau sie ihren späteren Ehemann, den aus Schlesien heimatvertriebenen Landwirt Josef Böhm (1921-2009) kennenlernte, konnte sich nicht genau sagen, aber dass er ihr in der Landjugend aufgefallen war. 1951 wurde dann Hochzeit gefeiert, daheim, am Rosenberg, dort wurde auch gekocht.
Und eine Hochzeitsreise? In der damaligen Nachkriegszeit immer eine spannende Frage. So auch bei den frisch getrauten Böhms. Die gingen nämlich nach dem Hochzeitsessen in ihren in der Buchbrunner Straße gelegenen Weinberg und arbeiteten, erzählt die Jubilarin lachend. Inzwischen hat sie einige Bilder aus längst vergangenen Zeiten herausgesucht, auf denen sie alle kennt. Besser: gekannt hat, denn die Jubilarin beklagt, dass inzwischen alle gestorben sind.
Ein wenig Schwermut kommt dabei auf, denn sie trauert der Landjugend ebenso nach wie den alten Zeiten insgesamt. "Wie es weiter geht", sie verfolgt beim täglichen Zeitung lesen die aktuelle Entwicklung. Die Tageszeitung, deren Rätsel lösen und Puzzle setzen, das sind ihre täglichen Abläufe mit weitgehender Selbstversorgung, wobei ihr die Kinder zur Hand gehen. Nicht zu vergessen, die Gottesdienste im Fernsehen, wobei sie mit einigen Verantwortungsträgern alles andere als gleicher Ansicht ist.
Die Feier des hohen Geburtstages fand im kleinen Familienkreis am Rosenberg statt. Es gratulierten drei Kinder, fünf Enkel und ebenso viele Urenkel.