Der jüdische Gelehrte Lassar Brückheimer aus Marktbreit ist am 25. Juli nach langer Krankheit mit 92 Jahren in Jerusalem gestorben. Dies teilt Pfarrer i.R. Hans Schlumberger (Welbhausen), ein Freund der Familie, mit. Die Nachricht hat er vom Sohn Lassar Brückheimers erhalten, dem Medizinprofessor Elchanan Brückheimer in Petach Tikwa.
Lassar Brückheimer wurde 1926 in der Lehrerwohnung des jüdischen Schulhauses neben der Marktbreiter Synagoge geboren. Er wurde von seinem Vater Simon Brückheimer, dem Lehrer der Israelitischen Volksschule Marktbreit unterrichtet. Als zwölfjähriger Bub erlebte Lassar die Schrecken der Marktbreiter Pogromnacht am 10. November 1938.
Simon Brückheimer war, wie so oft, in Franken unterwegs. Im Auftrag des Landesverbandes der bayerischen Kultusgemeinden sicherte er in jenen Jahren das kostbare Inventar aufgelöster Kultusgemeinden wie Torarollen, Toraschmuck und Memorbücher. Um der Verhaftung und dem Abtransport in ein Konzentrationslager zu entgehen suchte er die Anonymität der Großstadt und floh nach Frankfurt. Ohne jedes Lebenszeichen rechnete er damit, dass seine Frau und die Buben es ihm gleichtun würden, und hielt am Hauptbahnhof tagelang unter den Augen der Gestapospitzel nach ihnen Ausschau. Tatsächlich erhaschte er einen kurzen Blick auf seine Familie, nahm aber sicherheitshalber keinen Kontakt auf. Sekunden später verhaftete die Gestapo Simon Brückheimer und brachte ihn ins Konzentrationslager Buchenwald, aus dem er nach sechs Wochen entlassen wurde. Im April 1939 flüchtete die Familie nach England.
Dort unterstützte der junge Lassar seinen Vater bei der fieberhaften und sehr genauen Dokumentation des Schicksals der fränkischen Gemeinden und ihrer Schulhäuser und Synagogen. Als Bub im zerbombten London fertigte Lassar Brückheimer mit einer Federzeichnung und mit Wasserfarben ein getreues Abbild des schönen und festlichen Inneren der Marktbreiter Synagoge – das einzige, das es noch gibt. Sein Vater, der nicht nur Lehrer war, sondern auch ausgebildeter Rabbiner, half in Kultusgemeinden im Großraum London mit.
In einer winzigen Wohnung und tiefer Armut überstand die Familie den Krieg. Für ein Studium fehlte das Geld – Lassar lernte und arbeitete als Dentist. Bald nach dem Krieg starb sein Vater bei einem Verkehrsunfall.
Mit seiner Frau Dina, einige Zeit noch mit der Mutter Selma und in der Nähe des Bruders und der Söhne, verbrachte Lassar Brückheimer ruhige Jahre am Ort seiner Sehnsucht. Tora- und Talmudstudien, seine Briefmarkensammlung und historische Forschungen bestimmten den Alltag des frommen Mannes. Trotz allem, was er erlebt hatte, freute er sich an aufgefrischten und neuen Kontakten nach Franken. Seine Krebserkrankung nahm er sehr gelassen, weiter strahlte der bescheidene Mann eine starke Zufriedenheit aus. Am Mittwoch der vergangenen Woche ist er ruhig eingeschlafen. Er wurde in Jerusalem bestattet.