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Kitzingen
Kein Lohn mehr am ersten Krankheitstag? "Für Otto Normalbürger geht es da um jeden Pfennig!"
Hitzige Debatte um den Vorschlag des Allianz-Chefs, einen Karenztag für die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall einzuführen. Das zeigt auch unsere Straßenumfrage.
Zur Debatte um den Karenztag, die Allianz-Chef Bäte losgetreten hat, haben die Kitzinger und Kitzingerinnen eine klare Meinung (von links): Cornelius Klick, Ines Santos-Back, Corinna Betz, Metin Hasanoglu, Elke Arndt und Marianne Orth.
Foto: Sarah Gräf | Zur Debatte um den Karenztag, die Allianz-Chef Bäte losgetreten hat, haben die Kitzinger und Kitzingerinnen eine klare Meinung (von links): Cornelius Klick, Ines Santos-Back, Corinna Betz, Metin Hasanoglu, Elke Arndt ...
Sarah Gräf
 |  aktualisiert: 18.01.2025 02:37 Uhr

Jüngst trat Allianz-Chef Oliver Bäte eine Debatte los. Sein Vorschlag: bei der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall wieder einen Karenztag einzuführen. Konkret bedeutet das: Fällt ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin krankheitsbedingt aus, so soll es am ersten Krankheitstag keine Lohnfortzahlung mehr geben. Unternehmen könnten so finanziell entlastet werden, meint er.

Bätes Vorstoß stößt in der Öffentlichkeit auf Kritik und auf Zustimmung. Auch bei unserer Straßenumfrage in Kitzingen gehen die Meinungen auseinander:

1. Cornelius Klick (38), Postbote

Cornelius Klick findet, ein Karenztag wäre besonders für die unteren Lohngruppen extrem schwierig. 
Foto: Sarah Gräf | Cornelius Klick findet, ein Karenztag wäre besonders für die unteren Lohngruppen extrem schwierig. 

Cornelius Klick: "Der Vorschlag ist zum Teil nachvollziehbar. Aber für uns Arbeitnehmer finde ich das nicht gut. Aktuell hat schon jeder weniger in der Tasche und wenn das jetzt noch dazu kommt, ist es für die unteren Lohngruppen extrem schwierig. Man schleppt sich auch sonst oft mit Erkältung auf die Arbeit, obwohl man zu Hause bleiben müsste. Solange ich noch nicht auf den Knien krieche, gehe ich noch auf die Arbeit. Ich schätze, das machen die meisten so. Für diese Menschen wäre das eine doppelte Bestrafung."

2. Ines Santos-Back (56), Arzthelferin

Ines Santos-Back meint: 'Wenn man wirklich krank ist, kann man nichts dafür!'
Foto: Sarah Gräf | Ines Santos-Back meint: "Wenn man wirklich krank ist, kann man nichts dafür!"

Ines Santos-Back: "Als Arbeitnehmerin finde ich es nicht toll. Wenn man krank ist, kann man nichts dafür! Man sucht sich das nicht aus. Ich bin noch dazu berentet, ich bekomme nicht so viel Geld – und dann noch einen Tag abgezogen bekommen, wäre fatal. Aber ich kann es auch seitens der Arbeitgeber verstehen. Ich arbeite beim Arzt und weiß, dass sich sehr viele krankschreiben lassen, die eigentlich nicht wirklich krank sind. Das ist mehr geworden. Für die, die 'blaumachen', wäre das ein Warnschuss."

3. Corinna Betz (39), Kurierfahrerin

Corinna Betz findet: 'Das geht gar nicht!'
Foto: Sarah Gräf | Corinna Betz findet: "Das geht gar nicht!"

Corinna Betz: "Ich finde den Vorschlag total bescheuert und auch nicht nachvollziehbar. Wenn ich wirklich krank bin, dann kann ich nichts daran ändern. Und dass einem der Lohn dann verwehrt werden soll, finde ich unfair. Ich gehe vielleicht einmal im Jahr zum Arzt, wenn es wirklich gar nicht mehr geht. Aber ansonsten beiße ich die Zähne zusammen. Und wenn man immer auf die Arbeit geht, wird einem so also gedankt – das geht gar nicht!"

4. Metin Hasanoglu (48), betreibt das Kitzinger Petit Café

Auch als Arbeitgeber findet Metin Hasanoglu, dass die Last nicht auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelegt werden sollte. 
Foto: Sarah Gräf | Auch als Arbeitgeber findet Metin Hasanoglu, dass die Last nicht auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelegt werden sollte. 

Metin Hasanoglu: "Auch für mich als Chef ist das nicht nachvollziehbar. Wenn ein Arbeitnehmer arbeitet, soll er auch sein Geld verdienen. Die Arbeitgeber ziehen ja auch ihren Gewinn aus deren Arbeitskraft. Und wenn jemand krank ist, ist er krank. Auch der erste Tag sollte da bezahlt werden. Die Last sollten nicht die Arbeiter tragen. Außerdem: Wenn ein Unternehmen keinen Gewinn mehr macht, dann macht es doch auch so nicht weiter. Dieser eine Tag spielt da keine Rolle."

5. Elke Arndt (51), arbeitet bei der Agentur für Arbeit

Elke Arndt hält Bätes Vorschlag für keinen guten Ansatz.
Foto: Sarah Gräf | Elke Arndt hält Bätes Vorschlag für keinen guten Ansatz.

Elke Arndt: "Es gibt in Deutschland deutlich mehr Krankheitsfälle. Dass nach Maßnahmen gesucht wird, ist nachvollziehbar. Aber diese halte ich nicht für geeignet. An einem Tag wird man ja auch nicht wieder gesund. Dann sind die Leute nicht nur einen Tag krankgeschrieben, sondern zwei oder drei. Dass der erste Tag ohne Bezahlung sein soll, kann ich nicht nachvollziehen. Letzten Endes habe ich die Befürchtung, dass es sich dadurch verschlechtert."

6. Marianne Orth (22), Designstudentin im Praktikum

Marianne Orth versteht denn Sinn und Zweck hinter Bätes Vorschlag nicht.
Foto: Sarah Gräf | Marianne Orth versteht denn Sinn und Zweck hinter Bätes Vorschlag nicht.

Marianne Orth: "Der Vorschlag klingt nachvollziehbar, angesichts der wirtschaftlichen Lage. Aber als arbeitende Person stehe ich natürlich auf der anderen Seite. Wenn man einmal krank ist – das direkt nicht ausbezahlt bekommen? Man kann nichts dafür, wenn man krank ist. Dann fände ich das unfair, wenn der eine Tag nicht bezahlt wird. Ich glaube auch nicht, dass es Leute davon abhält, 'blauzumachen'."

7. Christian Voigt (45), Kranfahrer

Christian Voigt: "Ich finde das überhaupt nicht richtig! Für jemanden, der sieben Millionen im Jahr verdient, ist das einfach gesagt. Aber für den Otto Normalbürger, der Netto vielleicht 2000 Euro verdient, geht es da um jeden Pfennig! Da kann ich nicht sagen: Ich verzichte jetzt auf dieses Geld. Und ich sehe auch nicht, wo das die Wirtschaft entlasten soll, wenn man den Leuten ans Geld geht. Krank auf die Arbeit gehen und andere anstecken: Das würde die Wirtschaft eher schwächen."

8. Eine Frau (62), die anonym bleiben möchte, Friseurin

Friseurin: "Ich finde es nachvollziehbar. Denn ich glaube auch, dass es der Menschheit einfach zu leicht gemacht wird, mit Husten, Schnupfen oder Zwicken im Bauch daheim zu bleiben. Ich bin selbst Arbeitnehmerin und handhabe das so: Wenn ich krank bin, gehe ich erstmal zur Arbeit – immer. Wenn es dann nicht mehr geht, gehe ich auch wieder heim. Das ist für mich aber der richtige Weg."

 
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  • Ulrich Klüpfel
    Auch wenn solche Gedanken in Deutschland reichen um als Verschwörungstheoretiker geächtet zu werden, ich denke hier ist Corona nicht ganz unschuldig. Hier wurde man unter Androhung von Strafe gezwungen daheim zu bleiben, auch wenn man selber völlig gesund war. Es gibt sicherlich einige die gelernt haben dass das vielleicht doch gar nicht das schlechteste war und der Betrieb trotzdem weitergelaufen ist. Zudem war es absolut undenkbar auch nur mit einer kleinen Erkältung auf Arbeit zu kommen. Es gibt sicherlich genug die das jetzt auch weiterhin so handhaben, schließlich ermahnt uns unser Gesundheitsminister darauf zu achten sich und andere nicht anzustecken. Nur ist das plötzlich auch wieder falsch. Homeoffice ist nicht für jeden eine Option.
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  • Alfred Neumann
    "weil die Krankenkassen dem nicht mehr nachgehen seit ca 4 Jahren!!!!"
    Da kenne ich andere Fälle. Gerade jetzt, wo das Geld bei den Krankenkassen knapp ist, wird jeder Sachbearbeiter angehalten genau zu schauen.
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  • Christa Bullmann
    Tag 1 unbezahlt?

    Deutschland schafft das Sozialsystem ab wie es mir scheint. Als Politiker oder Krankenkassenchef mit 5 Stelligem Monatsgehalt kann ich solche inkompetenten Ideen schnell vom Stapel lassen.

    Bananerepublik Deutshcland.

    Mit freundlichen Grüßen

    Johannes Bullmann, MPA
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  • Hiltrud Erhard
    Wenn jemand krank ist, dann ist er erst mal krank!
    Allerdings nutzen viel Arbeitnehmer das seit Corona gnadenlos aus und "buchen" so eiskalt Tage zu. Wer das bestreitet sagt die Unwahrheit!
    Wegen Nichtigkeiten und Scheinheiligkeit und Gejammere bleibt man liegen!

    Die machen das System kaputt!
    Ich kenne einige, die das auch offen sagen!

    Die Hemmschwelle ist derart gesunken und das macht unsere Arbeit und die Produkte und das ganze Leben so teuer.
    Das hat es bei uns früher nie gegeben! Und wenn jemand krank war, dann war er Krone und ist nicht wegen jeden Gogolores daheim geblieben!

    Leider darf man das nicht offen sagen sonst wird man in eine Ecke gestellt und mit Arbeitgeberfreund oder arbeitnehmerfeindlich abgestempelt.
    Alle gefragten haben recht wenn sie wirklich krank sind! Aber wieviele nutzen das in JEDEM Betrieb aus?
    Das ist Fakt!
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  • Dietmar Eberth
    Das fängt doch nicht erst beim "krankfeiern" an. Jeder wird Kollegen kennen die sich auch auf der Arbeit kein Bein ausreisen, was sowohl Tempo und Qualität angehen oder Pünktlichkeit.
    Einzig der Arbeitgeber ist hier - und auch beim krankfeiern - gefordert, das zu erkennen und geeignete Maßnahmen dagegen zu unternehmen, zb. auch bei Bezahlung oder Beförderung und Kontrolle. Alles andere ist eine kollektive Bestrafung von Kranken.
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  • Franz Geißendörfer
    Und wieso sagen Sie das offen, wenn man doch angeblich "Leider darf man das nicht offen sagen sonst wird man in eine Ecke gestellt" wird?
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  • Marc Stürmer
    Jede Wette, wenn diese Änderung eingeführt wird, haben wir am Ende sogar noch mehr Krankenstand als vorher.

    Warum? Ganz einfach: weil sehr viele Arbeitnehmer sich dann schon aus Prinzip, wenn sie den ersten Tag bezahlen müssen, länger krank schreiben lassen werden als aktuell.
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  • Dietmar Eberth
    Genau das wird passieren. Die "Schlawiner" feiern dann halt 2-3 Tage mehr krank und die ehrlichen Kranken werden bestraft wenn sie nach einem Tag wieder zur Arbeit gehen.

    Gute Nacht Deutschland
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  • Harald Raiger
    Schwieriges Thema , Fakt ist aber auch das wir uns in unserer Firma zwei Tage lang telefonisch krank melden können und erst am dritten Tag braucht man eine Krankmeldung. Kurioserweise sind bei mir in der Firma immer drei Männer und zwei Frauen das ganze Jahr alle 2-3 Wochen immer jeweils maximal zwei Tage krank, entweder am Donnerstag und Freitag, oder Montag / Dienstag, es ist zum verrückt werden!!! Dieses System wird total ausgenutzt da gehört ein Riegel vorgeschoben, und meine Firma müsste es rückgängig machen! Die Leute, die wirklich krank sind, oder denen es wirklich sehr schlecht geht, sind dann aber wiederum die dummen … ich weiß, es geht etwas an dem besagten Thema vorbei, aber ähnelt ein bisschen…
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  • Alfred Neumann
    Es geht aber hier um den unbezahlten 1. Tag, nicht um Krankmeldungen an sich. Wenn in Ihrer Firma die aktuelle Regelung ausgenutzt wird, kann auch aktuell die Firmenleitung ein ärztliches Attest ab dem ersten Tag verlangen. Falls bei den betreffenden Kandidaten immer noch so viele Krankmeldungen kommen, hilft ein Telefonat mit der Krankenkasse mit dem Hinweis auf Leistungsmißbrauch. Die Krankenkasse hat schließlich auch ein Interesse die Lohnfortzahlung nicht für UrlaubsJunkies zu zahlen.

    Den Gedanken die Lohnfortzahlung erst ab dem 2. Tag zu leisten ist schon deshalb Quatsch, weil 1. bei vielen Niedriglohn-Empfängern schon ein unbezahlter Tag finanziell in Schieflage bringt. Und 2. wie soll bei Alleinerziehenden mit der grandiosen Kinderbetreuung in Deutschland der unbezahlte 1. Tag funktionieren? Derzeit können Eltern kurze Zeit bei den kranken Kindern bleiben. Alles, während die Arztpraxen immer weniger werden und man stundenlang beim Hausarzt für eine Krankschreibung wartet.
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  • Hiltrud Erhard
    Und ihr Hinweis mit der Krankenkasse bzw. dem Telefonat mit der Krankenkasse mit dem Hinweis auf Leistungsmißbrauch ist in der Realität Käse und naiv!
    weil die Krankenkassen dem nicht mehr nachgehen seit ca 4 Jahren!!!!

    Der Schlamassel ist verlogen und verfahren. Und wer bezahlt den Missbrauch? Der Arbeitgeber

    Wer ist der Leidtragende? Der redliche Arbeitnehmer, der wirklich krank ist!
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  • Hans-Joachim Krämer
    Da erzählen mir meine Ärzte aber was anderes. Die bekommen regelmäßig Anrufe der Krankenkasse und müssen eine Krankmeldung begründen.
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  • Ulrike Schneider
    Herr Neumann, es war noch nie so einfach eine Krankmeldung zu bekommen. Anruf genügt!

    Was eine eigene Fehlzeit bzw Erkrankung mit der von Ihnen erwähnten fehlenden Kinderbetreuung gemeinsam hat erschliesst sich mir nicht.
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  • Alfred Neumann
    "Was eine eigene Fehlzeit bzw Erkrankung mit der von Ihnen erwähnten fehlenden Kinderbetreuung gemeinsam hat erschliesst sich mir nicht."
    Ganz einfach: Für bis zu 30 Tage im Jahr können Alleinerziehende Kinderkrankengeld beantragen. Das sind 90% vom Lohn und zahlt die Krankenkasse. Diese Krankschreibung ist auch telefonisch möglich.
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