Die Situation ist nicht neu: Die Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe an der Klinik Kitzinger Land ist defizitär, und weil das Minus nicht mehr über andere Abteilungen ausgeglichen werden kann, springt der Landkreis Kitzingen ein. Auch in diesem Frühjahr wurde ein Betrag in den Haushalt 2023 eingestellt, um das Defizit von 2022 auszugleichen. Weil das aber höher ausfiel als erwartet – 1,12 Millionen Euro statt 750.000 Euro –, wurden Kreisausschuss und Kreistag diese Woche über die überplanmäßige Ausgabe informiert.
Das bedeutet allerdings nicht, dass der Landkreis den gesamten Betrag selbst schultern muss. Für den Defizitausgleich kann eine Förderung in Höhe von bis zu 85 Prozent der ausgeglichenen Summe beantragt werden. Wird die vom Freistaat Bayern gewährt, bleiben dem Landkreis knapp 170.000 Euro Eigenanteil. Erst einmal aber muss der gesamte Betrag vorfinanziert werden.
Fallpauschalen decken nicht alle Kosten der Geburtshilfe ab
Ein Grund des Defizits: Die Fallkostenpauschalen, die das Krankenhaus erhält, decken die Betriebskosten nicht ab. So wird nicht eingerechnet, dass immer ein Oberarzt und eine Hebamme anwesend sein müssen, auch wenn gerade kein Kind geboren wird, erläuterte Klinik-Vorstand Thilo Penzhorn in den Sitzungen, und das zu jeder Tages- und Nachtzeit. Dass die "Vorhaltefinanzierung" fehlt, bezeichneten er und Landrätin Tamara Bischof als "Webfehler". Zum Glück übernehme der Freistaat den Löwenanteil der Verluste.
Eine der Voraussetzungen dafür ist allerdings, dass 50 Prozent aller Geburten im Landkreis Kitzingen in der Klinik Kitzinger Land erfolgen. 2022 habe man das nicht erreicht, gab Penzhorn zu, aber es gebe eine gewisse Karenzzeit. "Wenn wir es nochmal nicht schaffen, müssen wir als Kommunalunternehmen das Defizit alleine tragen", sagte Landrätin Bischof. Was bedeutet: Ohne die Förderung steigt das Defizit der gesamten Klinik, das 2022 laut Penzhorn bei 1,9 Millionen Euro lag, noch einmal um besagte 1,1 Millionen der Geburtshilfe.
Landrätin ruft zur Werbung bei den werdenden Müttern auf
Den Bürgerinnen und Bürgern im Landkreis Kitzingen weiterhin die wohnortnahe Geburtshilfe anzubieten, ist den Kreisräten wichtig. "Das sollten wir auf keinen Fall infrage stellen", sagte Kreisrätin Margit Hofmann. Funktionieren kann das aber nur, wenn die Familien das Angebot auch tatsächlich annehmen und die Landkreis-Kinder nicht in anderen Kliniken zur Welt kommen. Bischof rief die Ausschuss-Mitglieder dazu auf, Werbung bei den werdenden Müttern zu machen, damit die Zahl der Geburten in der Klinik steige.
Gäbe es die Abteilung in Kitzingen mit ihren rund 400 Geburten nicht, würden die Geburtenzahlen in Würzburg steigen. Dann würde es dort eng, sagte Penzhorn. Man könne die Geburtshilfe und die Gynäkologie an der Kitzinger Klinik deshalb als "systemrelevant" bezeichnen. "Im Lauterbachschen System" aber, das machte die Landrätin deutlich, "sind so kleine Geburtshilfen wie bei uns nicht vorgesehen."
Es gibt zahlreiche Studien, die auf die Vorteile von Perinatalzentren gegenüber kleinen Häusern eingehen.
Beeindruckendes Beispiel ist Portugal: dort hat man es durch die Schließung kleiner Geburtsstationen und Zentralisierung der Versorgung geschafft, von einer der höchsten Totgeburtenraten in Europa auf eine niedrigere Rate an Totgeburten als wir sie hier in Deutschland haben, zu kommen (https://www.spiegel.de/gesundheit/totgeburten-warum-die-zahl-in-deutschland-steigt-interview-mit-arzt-ulrich-pecks-a-adbcf5ba-5b2a-4a40-95d9-9fdddf3951a9).
Das Defizit, das der LK bisher jedes Jahr aufs Neue übernehmen musste, lag bei um die 140T € - mit diesem Geld könnte einiges für Familien im LK verbessert werden. Die Räume in der KKL könnten z. B. für Kurzzeitpflegeplätze oder eine Palliativstation genutzt werden - hierdurch wäre weit mehr Menschen geholfen als durch eine völlig defizitäre Geburtshilfe.
Auch frage ich mich was mit "... weil das Minus nicht mehr über andere Abteilungen ausgeglichen werden kann" gemeint ist. Hat man auf anderen Abteilungen an Geld in Form von Personal gespart, um das Defizit einigermaßen klein zu halten?
Kaum vorstellbar.
Wird schon einen Grund haben warum mehr als 50 % der Kitzinger Geburten anderswo stattfinden.
Daher gehen viele direkt auf Nummer sicher und wählen eine Geburtsklinik mit angegliederter Kinderklinik