zurück
Landkreis Kitzingen
Kampf gegen das "Lauterbachsche System": Warum Babys in der Kitzinger Klinik zur Welt kommen sollten
Der Landkreis Kitzingen gleicht erneut das Defizit der Abteilung Geburtshilfe und Gynäkologie an der Klinik Kitzinger Land aus. Es ließe sich deutlich verringern, wenn mehr Kinder im Krankenhaus zur Welt kommen würden.
Mindestens 50 Prozent der Geburten im Landkreis Kitzingen müssten in der Klinik Kitzinger Land stattfinden. Das ist eine der Voraussetzungen, damit der Freistaat den Löwenanteil des Defizits der Geburtshilfe-Abteilung übernimmt.
Foto: Arne Dedert/dpa | Mindestens 50 Prozent der Geburten im Landkreis Kitzingen müssten in der Klinik Kitzinger Land stattfinden. Das ist eine der Voraussetzungen, damit der Freistaat den Löwenanteil des Defizits der ...
Daniela Röllinger
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:39 Uhr

Die Situation ist nicht neu: Die Abteilung Gynäkologie und Geburtshilfe an der Klinik Kitzinger Land ist defizitär, und weil das Minus nicht mehr über andere Abteilungen ausgeglichen werden kann, springt der Landkreis Kitzingen ein. Auch in diesem Frühjahr wurde ein Betrag in den Haushalt 2023 eingestellt, um das Defizit von 2022 auszugleichen. Weil das aber höher ausfiel als erwartet – 1,12 Millionen Euro statt 750.000 Euro –, wurden Kreisausschuss und Kreistag diese Woche über die überplanmäßige Ausgabe informiert.

Das bedeutet allerdings nicht, dass der Landkreis den gesamten Betrag selbst schultern muss. Für den Defizitausgleich kann eine Förderung in Höhe von bis zu 85 Prozent der ausgeglichenen Summe beantragt werden. Wird die vom Freistaat Bayern gewährt, bleiben dem Landkreis knapp 170.000 Euro Eigenanteil. Erst einmal aber muss der gesamte Betrag vorfinanziert werden.

Fallpauschalen decken nicht alle Kosten der Geburtshilfe ab

Die Anzahl der Geburten im Kreiskrankenhaus hat maßgeblichen Anteil an der Höhe des Defizits (Symbolbild).
Foto: Stefan Puchner/dpa | Die Anzahl der Geburten im Kreiskrankenhaus hat maßgeblichen Anteil an der Höhe des Defizits (Symbolbild).

Ein Grund des Defizits: Die Fallkostenpauschalen, die das Krankenhaus erhält, decken die Betriebskosten nicht ab. So wird nicht eingerechnet, dass immer ein Oberarzt und eine Hebamme anwesend sein müssen, auch wenn gerade kein Kind geboren wird, erläuterte Klinik-Vorstand Thilo Penzhorn in den Sitzungen, und das zu jeder Tages- und Nachtzeit. Dass die "Vorhaltefinanzierung" fehlt, bezeichneten er und Landrätin Tamara Bischof als "Webfehler". Zum Glück übernehme der Freistaat den Löwenanteil der Verluste.

Eine der Voraussetzungen dafür ist allerdings, dass 50 Prozent aller Geburten im Landkreis Kitzingen in der Klinik Kitzinger Land erfolgen. 2022 habe man das nicht erreicht, gab Penzhorn zu, aber es gebe eine gewisse Karenzzeit. "Wenn wir es nochmal nicht schaffen, müssen wir als Kommunalunternehmen das Defizit alleine tragen", sagte Landrätin Bischof. Was bedeutet: Ohne die Förderung steigt das Defizit der gesamten Klinik, das 2022 laut Penzhorn bei 1,9 Millionen Euro lag, noch einmal um besagte 1,1 Millionen der Geburtshilfe.

Landrätin ruft zur Werbung bei den werdenden Müttern auf

Den Bürgerinnen und Bürgern im Landkreis Kitzingen weiterhin die wohnortnahe Geburtshilfe anzubieten, ist den Kreisräten wichtig. "Das sollten wir auf keinen Fall infrage stellen", sagte Kreisrätin Margit Hofmann. Funktionieren kann das aber nur, wenn die Familien das Angebot auch tatsächlich annehmen und die Landkreis-Kinder nicht in anderen Kliniken zur Welt kommen. Bischof rief die Ausschuss-Mitglieder dazu auf, Werbung bei den werdenden Müttern zu machen, damit die Zahl der Geburten in der Klinik steige.

Gäbe es die Abteilung in Kitzingen mit ihren rund 400 Geburten nicht, würden die Geburtenzahlen in Würzburg steigen. Dann würde es dort eng, sagte Penzhorn. Man könne die Geburtshilfe und die Gynäkologie an der Kitzinger Klinik deshalb als "systemrelevant" bezeichnen. "Im Lauterbachschen System" aber, das machte die Landrätin deutlich, "sind so kleine Geburtshilfen wie bei uns nicht vorgesehen."

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Kitzingen
Daniela Röllinger
Geburtenrate
Geburtshilfe
Hebammen
Klinik Kitzinger Land
Kommunalunternehmen Würzburg
Margit Hofmann
Tamara Bischof
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Susanne Orf
    Geburten sollten generell nur noch in Perinatalzentren stattfinden. Bei jeder zehnten Geburt, der eine unauffällige Schwangerschaft vorausging, kommt es zu Komplikationen (https://klinikum-darmstadt.de/aktuelles-news/11-prozent-aller-kinder-kommen-nicht-in-der-adaequaten-geburtsklinik-zur-welt). Frau und Kind sind in so einem Fall in einem solchen Zentrum besser aufgehoben.

    Es gibt zahlreiche Studien, die auf die Vorteile von Perinatalzentren gegenüber kleinen Häusern eingehen.

    Beeindruckendes Beispiel ist Portugal: dort hat man es durch die Schließung kleiner Geburtsstationen und Zentralisierung der Versorgung geschafft, von einer der höchsten Totgeburtenraten in Europa auf eine niedrigere Rate an Totgeburten als wir sie hier in Deutschland haben, zu kommen (https://www.spiegel.de/gesundheit/totgeburten-warum-die-zahl-in-deutschland-steigt-interview-mit-arzt-ulrich-pecks-a-adbcf5ba-5b2a-4a40-95d9-9fdddf3951a9).
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Susanne Orf
    Ich wünschte, der Landkreis würde sich freiwillig von der Geburtshilfe verabschieden statt darauf zu warten, dass man sie abwickeln muss, weil sie finanziell einfach nicht mehr tragbar ist. So wäre ein geordneter Übergang möglich und die ca. 400 Geburten könnten durch Würzburg und Schweinfurt aufgefangen werden.

    Das Defizit, das der LK bisher jedes Jahr aufs Neue übernehmen musste, lag bei um die 140T € - mit diesem Geld könnte einiges für Familien im LK verbessert werden. Die Räume in der KKL könnten z. B. für Kurzzeitpflegeplätze oder eine Palliativstation genutzt werden - hierdurch wäre weit mehr Menschen geholfen als durch eine völlig defizitäre Geburtshilfe.

    Auch frage ich mich was mit "... weil das Minus nicht mehr über andere Abteilungen ausgeglichen werden kann" gemeint ist. Hat man auf anderen Abteilungen an Geld in Form von Personal gespart, um das Defizit einigermaßen klein zu halten?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Susanne Orf
    Sehr geehrte Frau Orf, vielen Dank für Ihren konstruktiven Kommentar. Könnten Sie diesen bitte noch mit Quellen für Ihre Aussagen hinterlegen, damit die anderen Leserinnen und Leser nachvollziehen können, woher Sie Ihre Informationen haben. Vielen Dank und einen schönen Abend wünscht das Digital-Team der Main-Post
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Walter Seubert
    Eine einzige Abteilung macht Defizit?
    Kaum vorstellbar.
    Wird schon einen Grund haben warum mehr als 50 % der Kitzinger Geburten anderswo stattfinden.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Tanja Müller
    Der Grund ist einfach: Sobald man eine Risikoschwangerschaft oder Frühgeburt hat, nimmt Kitzingen einen nicht auf. Zudem gibt es keine Kinderärztliche Station. Sollte mit dem Baby etwas sein, so würde es nach Würzburg in die Uni oder Missio gebracht werden.
    Daher gehen viele direkt auf Nummer sicher und wählen eine Geburtsklinik mit angegliederter Kinderklinik
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten