Die Stücht ist legendär in Iphofen und kann vieles: unterhalten, Stimmungsraketen zünden, Genüsse bieten – und gar Tote wieder auferstehen lassen. Denn den Machern des 22. Jubiläums-Stüchtballs war Thomas Gottschalk nicht prominent genug. Vielmehr ließen sie am Samstagabend den einstigen Queen-Sänger Freddy Mercury wieder aufleben – in Person des Stücht-Vorsitzenden Christian Müller. Der närrische Abend stand in diesem Jahr unter dem Motto "The show must go on".
Die Moderatoren Julius Staub und Philip Straub holten ihren kongenialen Partner Stefan Dörr, der Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach mimte, auf die Bühne. Per Videobotschaft war mit der Fußballtrainer-Legende Giovanni Trapattoni ein weiterer VIP-Gast in der Karl-Knauf-Halle zugeschaltet.
Als Gondoliere von Stadtsee stand ein weiterer Giovanni aus dem Land der Tifosi im Rampenlicht: der Schwiegersohn des "Mender-Seppl", Giovanni Lucia. Er beklagte wegen seiner zähen Einbürgerung die deutsche Beamtenmentalität und lieferte rasch den Einbürgerungsbeweis, lästerte er doch, dass Lombardei ebenso in der Provinz verortet sei wie Willanzheim. Eingeblendet wurde auch das Konterfei von Ex-Landesvater Edmund Stoiber, der als bekannter Flughafen-Stotterer parodiert wurde.
Beim Stüchtball ist Lokalkolorit Trumpf. Das zeigte sich nicht nur, als Philip Straub und Stefan Dörr als Isartaler eine spitze Zunge führten und aus dem Iphöfer Nähkästchen plauderten. Schon vorher hatten die Gastgeber ihrem Hausherrn, Bürgermeister Dieter "Dagobert" Lenzer als Dagobert von Iphofen die Aufwartung gemacht.
Als einziger Nicht-Iphöfer im proppevollen Abendprogramm durfte Sandro Hönnl von den Seinsheimer Galgenvögeln mitmischen. "Versteh einer die Alten, die solln einfach die Klappe halten", schimpfte er als in den Corona-Lockdowns daheim eingesperrter Schüler. "Eltern sind kleinlich und peinlich", klagte der 14-jährige Nachwuchs-Büttenredner. "Tut nicht immer mecker, dann gehen wir euch nicht auf den Wecker", schrieb Hönnl seinen Eltern ins Stammbuch.
Die Tanzensembles liefern so manchen Augenschmaus
Von pubertierenden Jugendlichen handelte auch der Comedy-Auftritt "Das Pubertier". Martina Bernhardt und Martina Müller artikulierten darin die Sorgen der Mütter und sangen: "In der Pubertät wird der Mensch unendlich blöd." Derweil hielt es das jugendliche Pubertier gechillt mit Bob Marley und dessen Evergreen "Don't worry, be happy".
Manchen Augenschmaus lieferten die Tanzensembles der Stücht: von den kleinsten Tanzmäusen über die Kröpferli und den Mambo-Schautanz bis zum finalen Auftritt des Männerballetts. Sehenswert auch der Schautanz des "Wilden Haufens" von Trainerin Annette Weiß. Die Damen der Riege tanzten um den Puppenspieler von Mexiko und den Pinocchio (alias Dieter Servatius).
Den stärksten Applaus des närrischen Abends ernteten Julius Straub und Philip Straub mit ihrer Hommage an Altbürgermeister Josef Mend. "Ich wollte nie ein Rentner sein", dichtete das Duo dem "Mender Seppl" an, skandierten zu Peter Maffays Tabaluga-Melodie und animierten das Publikum in einem Meer leuchtender Handys zum kollektiven Refrain: "Irgendwo tief in mir bin ich ein Bürgermeister geblieben."
Der eine spielte jahrelang Theater, die andere machte bloß Theater
Originell war auch der Auftritt des Quartetts ehemaliger Bühnen-Akteure, bestehend aus Agnes Roth, Gabi Klein, Martina Bernhardt und Jürgen Popp. Popp verriet, dass er wie auch Martina Bernhardt an einem Rosenmontag geboren sei. Er sei eine Frühgeburt gewesen und deshalb in der Mönchshof-Klinik aufgepäppelt worden. Martina Bernhardt hielt ihm vor: "Wenn ich beide Augen zudrücke, wirst du auch nicht schöner davon." Popp konterte mit der Feststellung, dass er jahrzehntelang Theater gespielt habe, "du hast aber nur Jahrzehnte Theater gemacht". Derweil schwelgte Gabi Klein in der Vergangenheit, und Agnes Roth betonte, dass sie in vielen Ländern zu Gast gewesen sei, so wie in "Amerika und Wellnsa".
Ein emotionaler Moment war es für Christian Müller, in Barbara Weigand, eine ehemalige Stücht-Koryphäe zu ehren. Sie habe sich still und leise vom Acker gemacht, und ihr gebühre der Dank für lange Jahre Bühnenpräsenz.
Für leibliche Genüsse sorgte das Team des Iphöfer Genusshauses um Lisa Berger als Caterer und für die Stimmung die Party-Band Let`s Dance. Das Stücht-Team bot seinen 250 Gästen im ausverkauften Karl-Knauf-Saal einen tollen Abend, den es am Rosenmontag in zweiter Auflage gibt. Doch wer erst jetzt auf den Geschmack gekommen ist, hat Pech: Für beide Abende gibt es schon seit Wochen keine Karten mehr.