
Als Ingrid Reifenscheid-Eckert zum ersten Mal durch Willanzheim schlenderte, fiel ihr eines sofort auf: die Offenheit der Menschen. Alle werkelten irgendwie in ihren Gärten, Grüßen war selbstverständlich. Spätestens in diesem Moment war klar: Hier lässt es sich gut aushalten. Als junge Frau war sie aus dem Coburger Land zunächst zu ihrem Mann nach Kitzingen gezogen, ehe es sie "als Landmensch" wieder aus der Stadt hinaus drängte. Die Familie ließ sich – bald nach der Heirat 1985 – vor rund 30 Jahren in Willanzheim nieder.
Die neue Heimat begeisterte die Zuzüglerin weiterhin. Es gab viel Schönes zu entdecken. Das Geschichtliche wartete ebenso darauf, erkundet zu werden. Die Begeisterung für das Kitzinger Land wuchs und wuchs. Und mündete in einer neuen Aufgabe: Als es die Zeit für die vierfache Mutter zuließ, wurde sie 1996 Tourismusbeauftragte. Sie war in viele Entscheidungen eingebunden, bekam die Dorferneuerung von Anfang an mit. Zehn Jahre war sie mit Leib und Seele dabei. Als 2007 klar war, dass Bürgermeister Wilhelm Sturm nicht mehr antreten würde, bewarb sie sich um das Amt – und setzte sich prompt gegen zwei Gegenkandidaten durch.
Gerechtigkeit an erster Stelle
Die gelobte Offenheit – da war sie wieder. Als Zugezogener und als Frau, das wären woanders womöglich Ausschlusskriterien gewesen. Und noch etwas erwies sich als Glücksfall: Mit den Ortsteilen Hüttenheim und Herrnsheim gibt es gleich drei Orte, die alle gerecht behandelt werden wollen. Ob Kirchen- und Rathaussanierung oder Schulen, alles muss mehrfach bedacht werden, niemand darf zu kurz kommen. Aber auch hier trug das Gefühl, das Ingrid Reifenscheid-Eckert bei ihrem ersten Besuch hatte: Es geht nicht gegeneinander – sondern miteinander.
Jedenfalls machten es das vorhandene – konstruktive – Klima der Neueinsteigerin leicht, sich einzufinden. Eine "lebendige und engagierte Bürgerschaft" spornte die neue Bürgermeisterin an. 2009 brachte das Konjunkturprogramm Geld für Sanierungen in die Orte. Neu- und Umbau blieb auch nach der Wiederwahl 2014, diesmal mit nur noch einem Gegenkandidaten, ein großes Thema: Wo ist welcher Kindergarten wichtig? Wo welche Schule? "Keiner wird vergessen", das sei wichtig. Als sichtbares Zeichen dieses Nichtvergessenwerdens tagt der Gemeinderat denn auch reihum immer wieder an drei unterschiedlichen Orten.
Perfekte Vorbereitung
Auch wenn inzwischen viel geschafft wurde – am Ende ihrer Mission sieht sich die Bürgermeisterin noch lange nicht. Sie bewirbt sich zur Kommunalwahl am 15. März um eine dritte Amtszeit, auch wenn das weiter 50 bis 60 Wochenstunden mit sich bringt. Und, man kann es durchaus als Zeichen deuten: Einen Gegenkandidaten gibt es dieses Mal, im Gegensatz zu den beiden vorangegangenen Wahlen, nicht.
Bei einer Wiederwahl wäre sie die erste Frau im Landkreis, die drei Bürgermeister-Amtszeiten vorweisen könnte. Ein bisschen stolz würde das sicher machen, auch wenn die 56-Jährige nicht in diesen Kategorien denkt. Für sie zählen andere Werte: Perfekt vorbereitet zu sein ist für sie das A und O, auch wenn das mal wieder ein nächtliches Aktenstudium bedingt. Zum Ausgleich geht sie wandern, was zwischen drei Stunden und drei Wochen dauern kann. "Ich kann da unheimlich schnell abschalten", begründet sie ihre Leidenschaft.
Auf der Agenda für die kommenden Jahre stehen vor allem die Leerstände in den Orten. Während Neubaugebiete heiß begehrt sind, nimmt innerorts nicht selten der Verfall zu. Hier gegenzusteuern, ist eine Herzensangelegenheit der Bürgermeisterin. So wie es ihr ein Anliegen ist, ihre Ursprünge nicht zu vergessen: Weiterhin als Weinerlebnis-Gästeführerin aktiv zu sein – und das seit über 20 Jahren –, wird sie sich auf gar keinen Fall nehmen lassen.
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