
Der Wunsch nach einem besseren Nahverkehr mit Bus und Bahn bestimmte die Infoveranstaltung des Verkehrsclub Deutschland "Unser Nahverkehr – mit Bus & Bahn – heute & morgen" im Wiesentheider Pfarrheim. Das geht aus einer Pressemitteilung hervor. Bruder Julian Glienke aus der Benediktiner-Abtei Münsterschwarzach betonte die Notwendigkeit eines Umdenkens; Alternativen zum Auto seien auch im Raum Wiesentheid mehr als nötig, so vor allem ein öffentlicher Nahverkehr in einem Takt, auf den man sich verlassen könne. Die derzeitige Situation im Landkreis, der weithin einer "ÖPNV-Wüste" gleiche, führe dazu, dass die Freiheit zum Autofahren zu einem Zwang geworden sei.
Andreas Witte setzte sich mit den Möglichkeiten einer Reaktivierung der Steigerwaldbahn auseinander und entkräftete dabei Bedenken, auf die Gemeinden kämen hohe Kosten zu. Er zeigte laut Pressemitteilung die Fördermöglichkeiten und wirtschaftlichen Chancen eines Bahnanschlusses, damit der ländliche Raum nicht abgehängt wird.
Gemeinderat Frank Hufnagel betonte die soziale Notwendigkeit eines ÖPNV-Anschlusses auch in den einzelnen Ortsteilen. Wenn es keine Verbindung zu den Arbeits-, Ausbildungs- und Studienplätzen gebe, führe das zu Abwanderung, Überalterung und dem Aussterben von Infrastruktur. Mitfahrbänke und ein Bürgerbus deckten wegen fehlender Verlässlichkeit nicht den Bedarf.
Rufsystem für den Übergang
Ein bedarfsorientiertes Rufsystem hingegen, also per Anruf eine Fahrt bis vor die Hautüre, könne für die Region als Übergangsmodell bis zur Reaktivierung der Bahnlinie dienen. Den angeblich zu hohen Kosten einer Bahn stellte er die weitaus höheren Ausgaben für den Straßenbau entgegen. Dass zudem mehr Straßen zu mehr Verkehr führten, sei bekannt und im Hinblick auf eine Verkehrswende nicht tragbar.
Angela Hufnagel, Kreisrätin aus Kitzingen, schloss die Vortragsrunde mit einer kurzen Zusammenfassung der derzeitigen Vorhaben des Landkreises Kitzingen als Aufgabenträger des ÖPNV. Demnach würden ein Rufbus sowie das 365 Euro-Ticket für Schüler und Auszubildende im Jahr 2021 im Landkreis Kitzingen eingeführt.
In der Diskussion wurde von vielen Seiten betont, wie unbefriedigend die derzeitige Situation ist. Busanschlüsse klappten nicht und selbst Gerolzhofen sei am Wochenende per Bus von Wiesentheid aus nur mit viel Zeitaufwand zu erreichen. Auch die fehlenden Verbindungen über die Landkreisgrenzen hinweg wurden bemängelt.
Unterfranken braucht klimafreundliche Bahn
Der Kitzinger Alt-OB Bernd Moser hielt laut Pressemitteilung ein Plädoyer für die Reaktivierung der Steigerwaldbahn. Unterfranken sei vom Klimawandel besonders betroffen, deshalb sei es notwendig, gerade hier die klimafreundliche Bahn zu stärken.
Aus dem Publikum wurde die Frage gestellt, ob ein Busverkehr alleine nicht ausreiche. Dem wurde von vielen Seiten, vor allem auch aus dem Publikum, Beispiele entgegengehalten, wo Busverkehr gerade in Verbindung mit Bahnreaktivierungen zu einer erheblichen Steigerung der Fahrgastzahl im ÖPNV geführt hätten.
Allgemeiner Konsens der Veranstaltung war laut Pressemitteilung: Ein Umdenken muss stattfinden. Und dass die Bahnlinie so lange brach lag, fasste ein Lehrer des Wiesentheider Steigerwald-Landschulheimes, Harald Godron, in seinem Abschlussplädoyer zusammen, sei ein "Desaster" für die Region, die zukunftsweisende Infrastruktur sei die Schiene.
Ich war angetan von den sachlichen Ausführungen der Redner Br. Julian und Andreas Witte. Zwar war ein Knurren während des Vortrags von Br. Julian aus den Reihen der Zuhörer vernehmbar. Der Betreffende wurde darauf hingewiesen, dass er sich bei der Diskussion nach den Vorträgen äußern könne. So lange ich anwesend war: bei der Diskussionsrunde herrschte Schweigen. Ich gehe davon aus, dass der/die Betreffenden mit ihren denkbaren Argumenten gegen eine Reaktivierung nicht ihre gewünschte Aufmerksamkeit erzielt hätten, denn: die Ausführungen der beiden Redner, aber auch die befürwortenden Argumente aus den Reihen der Zuhörer fanden mehr oder weniger deutlichen Applaus.
Es bleibt also zu hoffen, dass die Gegner etwas dazugelernt haben, zumal der Kitzinger Kreistag in seiner Sitzung am 9. Dezember durch deutlich mehrheitlichen Beschluss die BEG tätig werden kann.
Fehlender ÖPNV führt mit Sicherheit auf dem flachen Land nicht zu Abwanderungen - die Befürwort sollten doch mal erklären, wie ein Reupelsdorfer nach Kitzingen kommt, dort im Krankenhaus einen Besuch macht, bei Aldi oder Edeka einkauft, ein FAchgeschäft in der Innenstdt besucht und schwerbepackt eine Verbindung nach Hause sucht - selbst wenn ein Zug von Wiesentheid nach Kitzingen fahren würde.
Fazit: viel Lärm um nichts